Einschlafhilfe Melatonin kann für Kinder gefährlich werden |
07.12.2023 13:00 Uhr |
Wenn Kinder unter ernstzunehmenden Schlafstörungen litten, sollten Eltern sich nicht auf frei käufliche Mittelchen verlassen, meint Paditz. »Eltern gehen damit ein ziemliches Risiko ein, dass möglicherweise schwerwiegende Krankheiten übersehen werden.« Auch ein Hirntumor etwa könne Schlafstörungen verursachen. Der Kinderarzt rät daher: »Kinder gehören zum Kinderarzt.«
Für betroffene Kinder und Jugendliche kann Melatonin per Rezept verschrieben werden. Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland ein entsprechendes Medikament für Kinder ab zwei Jahren. »Ein zugelassenes Medikament, das über die Apotheke ausgereicht wird, bietet natürlich eine viel höhere Sicherheit«, sagt Paditz.
Von der Krankenkasse werden die Kosten für das Präparat nur in zwei bestimmten Fällen übernommen. Das trifft zum einen auf Kinder mit einer Autismus-Spektrums-Störung zu, bei denen laut Paditz zwischen 20 bis 40 Prozent unter Schlafstörungen leiden. Zum anderen werden die Kosten bei Minderjährigen mit dem Smith-Magenis-Syndrom, einer seltenen Erkrankung, bei der der Tag-Nacht-Rhythmus gestört ist, übernommen.
Paditz zufolge sollte die Dosis generell so gering wie möglich sein. Je nach Alter empfiehlt er, vor dem Zubettgehen zwischen 0,25 und 0,5 Milligramm des Melatonin-Medikaments einzunehmen. Am Jahreskongress der DGSM, die zwischen dem 7. und 9. Dezember in Berlin stattfindet, wollen er und seine Kolleginnen und Kollegen eine medizinische Leitlinie zum Einsatz von Melatonin bei Kindern und Jugendlichen mit Schlafstörungen vorstellen. Die Gummibärchen mit Melatonin enthalten den Angaben der Hersteller zufolge zum Teil zwischen 0,5 und 1 Milligramm Melatonin pro Fruchtgummi.
Das Medikament kommt in der Praxis nur selten zum Einsatz, sagt Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzten. «Behandlungsbedürftige Schlafstörungen kommen vor allem bei schwer chronisch kranken Kindern mit geistiger Behinderung vor, die in einem jungen jugendlichen Alter Einschlafschwierigkeiten haben», sagt der Kinderarzt. Er warne davor, Melatonin unkritisch einzusetzen.
Vielmehr sei wichtig, bei einem Arztbesuch herauszufinden, welche Ursache die Schlafstörung haben könne. »Wir sehen immer wieder, dass Kinder und Jugendliche Einschlafprobleme haben, weil sie eine exzessive Handynutzung haben oder Filme vor dem Einschlafen schauen«, sagt Maske. »Meistens erledigen sich die Probleme, wenn die Eltern sich an die Tipps für die Einführung einer Schlafhygiene halten.« Dazu gehört laut Paditz, Routinen zu entwickeln und vor dem Schlafen zur Ruhe zu kommen. Schließlich spielten auch Stress, Sorgen und Ängste eine Rolle beim Einschlafen. Eltern könnten Kindern am Bett beruhigend über den Kopf streicheln, ihnen ein Buch vorlesen oder ein Schlaflied singen.