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Nahrungsergänzungsmittel für Kinder

Empfohlene Höchstmengen oft überschritten

Stiftung Warentest hat 18 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder untersucht und dabei festgestellt, dass diese häufig die empfohlenen Höchstmengen überschritten. In einigen waren außerdem problematische Stoffe wie Vitamin A.
PZ
27.03.2025  11:00 Uhr

Bessere Konzentration, mehr Leistungsfähigkeit, weniger Infekte: Das versprechen sich Eltern davon, wenn sie ihrem Nachwuchs Nahrungsergänzungsmittel geben. Die Stiftung Warentest hat dazu eine klare Auffassung: Nahrungsergänzungsmittel sind kein Beitrag zur gesunden Ernährung von Kindern. Sie seien bestenfalls überflüssig.

Zum einen sei der ungezielte Einsatz dieser Produkte bei Kindern ohne Rücksprache mit dem Kinderarzt unnötig. Eine Reihe von Studien in Deutschland belege, dass es keine allgemeine Unterversorgung in diesen Altersgruppen gebe. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bekommen jedoch 5,3 Prozent der 6- bis 11-Jährigen in Deutschland Nahrungsergänzungsmittel von ihren Eltern.

Zum anderen gebe es keine Studie, die positive Effekte belege. Eher bestehe die Gefahr von Nebenwirkungen, wenn Produkte die empfohlenen Höchstmengen für die tägliche Aufnahme über die Nahrung und/oder die empfohlenen Höchstmengen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sogar überschreiten.

Das war tatsächlich bei 15 von 18 getesteten Produkten aus Drogerien, Supermärkten, Apotheken und dem Internet der Fall. »Fünf dieser 15 Produkte rissen sogar den Richtwert für problematische Stoffe wie Vitamin A und Kupfer – von diesen raten wir explizit ab«, sagte Dr. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei Stiftung Warentest, in einer begleitenden Pressekonferenz. Die Testergebnisse erscheinen diese Woche in der April-Ausgabe von »test« und sind online verfügbar.

In vier Mitteln war deutlich zu viel Vitamin A; in den Produkten »Doppelherz System Omega-3 flüssig Family« und »Easy Fishoil Multi« von Easyvit mit 400 µg sogar doppelt so viel wie die für Erwachsene empfohlene Menge. »Kinder sollten gar kein zusätzliches Vitamin A erhalten«, betonte Brackemann. Es könne zu Kopfschmerzen und langfristig zu Haut-, Knochen- und Leberproblemen kommen.

Unnötiges Kupfer: Testverlierer ist Orthomol

Explizit kritisiert wird auch »Orthomol Junior C plus«. Es enthält Kupfer. »Das hat in Kinderprodukten gar nichts zu suchen«, so der Untersuchungsleiter ganz klar. Es könne zu Bauchschmerzen und Erbrechen führen, langfristig auch zu Leberschäden. Zudem komme dieses Produkt in Form von Miniautos mit Waldfruchtgeschmack daher. Da sei die Gefahr einer Verwechslung mit Süßigkeiten und damit einer noch höheren Überdosierung groß. Die Hälfte der Produkte im Test war übrigens wie Süßigkeiten aufgemacht.

Der Umsatz der Hersteller sei von 2018 bis Anfang 2024 um 35 Prozent  auf zuletzt 3,21 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. »Es ist ein Geschäft mit der Sorge der Eltern«, so Brackemann. Das teuerste Produkt (Orthomol junior C plus) kostet in der Tagesdosis 1,60 Euro, was sich auf fast 600 Euro im Jahr summiert.

Die Stiftung Warentest schließt sich einer Forderung der Verbraucherzentralen an, endlich EU-weit verbindliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln festzulegen und diese einem Zulassungsverfahren zu unterwerfen. Bislang gelten NEM als Lebensmittel und es besteht lediglich eine Anzeigepflicht für den Hersteller, wenn er ein Produkt auf den Markt bringt.

Wie bekomme ich mein Kind dazu, sich gesünder zu ernähren?

Bei vielen Eltern bleibt jedoch die Sorge, ihr Kind könnte ungenügend mit Vitaminen und anderen Nährstoffen versorgt sein, wenn sie mäklige Esser sind. »Bleiben Sie entspannt und geduldig«, riet dazu Nicole Merbach, Ressortleiterin Ernährung & Gesundheit der Stiftung Warentest. Sie hatte gleich mehrere Tipps aus Ernährungswissenschaft und Psychologie parat:

  1. Kinder nicht belehren: »Lassen Sie belehrende Phrasen. Studien zeigen: Je vehementer Eltern auf einer gesunden Ernährung bestehen und zum Beispiel Süßigkeiten verbieten, desto mäkliger werden die Kinder«, so Merbach. Auch mit sachlichen Argumenten komme man nicht weiter. Der Hinweis, etwas Gesundes zu essen, werde von Kindern oft als Zwang oder Bevormundung verstanden. Begriffe wie Pausenbrot oder Vollkorn seien negativ belegt. Lieber positiv formulieren.
  2. Immer wieder anbieten und kreativ werden: Es erfordere Geduld und Hartnäckigkeit. Speisen sollten immer wieder angeboten werden. »Setzen Sie dabei auf Vielfalt – es gibt so viele Obst- und Gemüsesorten, da greifen irgendwann erfahrungsgemäß auch die mäkeligsten Kinder zu.« Zudem könne es helfen, Obst- und Gemüseschnitzen nebenbei und wie selbstverständlich anzubieten; Brokkoli lasse sich püriert untermischen; Nudeln aus Zucchini punkten mit Nährstoffen und einem coolen Namen »Zoodles«. Abwechslung brauche es auch in der Brotbox. Wenn wir immer nur das Gleiche essen, verlieren wir irgendwann die Lust daran.
  3. Kinder stärker einbinden: »Wenn Kinder ihr Essen selbst zubereiten, wird es enorm aufgewertet«, berichtete Merbach.

Was empfehlen Kinderärzte?

Bei einer normalen Entwicklung müsse man sich keine Sorgen machen. Das wird regelmäßig während der Vorsorgeuntersuchungen überprüft. Falls Eltern trotzdem beunruhigt sind oder Anzeichen eines Mangels wie anhaltende Müdigkeit, geringe Belastbarkeit und Gewichtsabnahme auftreten, sollten sie sich an ihren Kinderarzt wenden. Dieser veranlasst gegebenenfalls eine Blutuntersuchung (dann übernimmt die Krankenkasse laut Warentest die Kosten) und empfiehlt eine gezielte Ergänzung mit genauen Dosierangaben.

Nötig können Nahrungsergänzungsmittel bei vegan ernährten Kindern sein, wobei Ernährungswissenschaftler grundsätzlich davon abraten, Kinder vegan zu ernähren. Gerade auf Milchprodukte sollte man bei Kindern nicht verzichten. Eine vegetarische Ernährung sollte besonders vielfältig sein.

Auch eine Vitamin-D-Gabe während der Wintermonate hält die Stiftung Warentest auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung für unnötig. »Schicken Sie die Kinder lieber regelmäßig an die frische Luft, das ist ausreichend«, so Brackemann.

Nur für Kinder unter zwei Jahren empfehlen Kinderärzte eine Vitamin-D-Supplementierung, älteren Kindern dagegen allgemein nicht, sondern nur bei bestimmten chronischen Erkrankungen. Fluoridtabletten sollten Babys nur solange erhalten, bis mit einer altersgerechten fluoridhaltigen Zahnpasta geputzt wird.

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