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Chronische Entzündung

Endometriose gefährdet Frauenherzen

Chronisch entzündliche Prozesse wie Endometriose und Autoimmunerkrankungen gefährden die Herz-Kreislauf-Gesundheit von Frauen. Forschende empfehlen mehr Fokus auf diese Risiken.
Isabel Weinert
13.01.2025  08:30 Uhr

Frauen sind im Nachteil, wenn es um die Forschung zur weiblichen Herz-Kreislauf-Gesundheit und um die schnelle, lebensrettende Behandlung eines akuten Ereignisses wie Herzinfarkt und Schlaganfall geht. Zum Glück setzt langsam ein Umdenken ein. Und das bringt manches Studienergebnis hervor, das auch schon jungen Frauen helfen kann.

So ergab eine dänische umfassende landesweite Kohortenstudie, dass Frauen mit Endometriose ein erhöhtes Risiko tragen, an Herz und Kreislauf zu erkranken. Bei Endometriose wuchert Gewebe der Gebärmutter an den Eierstöcken, am Darm, im Becken- oder Bauchraum. Nicht jede der davon betroffenen Frauen leidet deshalb unter Symptomen, doch viele schon: Starke Schmerzen vor und/oder während jeder Regelblutung können ebenso darauf hinweisen wie Schmerzen im Unterleib auch außerhalb der Regel, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang und beim Wasserlassen.

Die sogenannten Endometriose-Herde entstehen erst, wenn Frauen die Geschlechtsreife erreichen, also ab der Pubertät. Eine nicht erkannte und nicht behandelte Endometriose kann Vernarbungen im Bauchraum ausbilden, die Eileiter verstopfen und damit in Unfruchtbarkeit münden. Vielfach wird die Erkrankung erst dann entdeckt, wenn eine Frau trotz Kinderwunschs einfach nicht schwanger wird. Weil das Immunsystem auf die an sich gutartigen Gewebswucherungen reagiert und entstehendes Narbengewebe hormonabhängig immer wieder aufbricht, herrscht im Körper betroffener Frauen eine chronische Entzündung.

Routine fürs Risiko

Weil chronische Entzündungsprozesse im Körper Arteriosklerose entstehen lassen und damit die Grundlage für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Ereignisse bilden, haben sich Wissenschaftler einem möglichen Zusammenspiel zwischen der chronischen Entzündung Endometriose und der vieler Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugrunde liegenden ebenfalls chronischen Entzündung gewidmet. Und sie wurden fündig.

Ausgewertet wurde dazu ein Register, in dem alle Frauen auftauchen, die zwischen 1977 und 2021 in Dänemark die Diagnose »Endometriose« erhielten. Die inkludierten 60.508 Frauen mit Endometriose wurden im Hinblick auf das Auftreten von Herzinfarkten und Schlaganfällen verglichen mit 242.032 Frauen ohne die Diagnose Endometriose. Die beiden Gruppen wurden durchschnittlich 16 Jahre lang nachverfolgt, das mittlere Alter betrug 37 Jahre.

Dabei zeigte sich den Wissenschaftlern, dass Frauen mit Endometriose innerhalb des beobachteten Zeitraums 15 Prozent häufiger einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten als die Frauen der Endometriose-freien Vergleichsgruppe. Im Einzelnen war das Risiko für einen Schlaganfall um 18 Prozent erhöht, dasjenige für einen Herzinfarkt um 35 Prozent. Frauen mit Endometriose entwickelten außerdem häufiger Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz. Die Studienleiterin, Dr. med. Eva Havers-Borgersen, Rigshospitalet, Dänemark, empfiehlt, dass bei Frauen mit Endometriose das Herz-Kreislauf-Risiko ganz speziell in Augenschein genommen werden sollte, und zwar routinemäßig.

Autoimmun entzündet

Autoimmunerkrankungen sind eine weitere Quelle für chronische Entzündungen. Sie entwickeln sich deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern und steigern das Herz-Kreislauf-Risiko erheblich. Gleich welche Autoimmunerkrankung, ob eine Rheumatoide Arthritis, ein Typ-1-Diabetes, Zöliakie, Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen (CED) – immer gibt es dabei ein chronisch-entzündliches Geschehen, das den gesamten Organismus betrifft. Davon gehen unter anderem Wissenschaftler um Dr. med. Nathalie Conrad, Universität Leuven, Belgien, aus. Ihre Analyse von Patientendaten mehrerer großer Datenbanken in Großbritannien, aus denen sie diejenigen ausfindig machten, die zwischen den Jahren 2000 und 2017 an einem autoimmunen Geschehen erkrankt waren, gibt deutliche Hinweise auf den Zusammenhang.

Diese 446.449 vorwiegend Frauen wurden über 6,2 Jahre verglichen mit 2.102.803 Menschen ohne Autoimmunerkrankung. Die Forscher schauten dabei auf folgende Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Aortenaneurysma, Vorhofflimmern, andere Herzrhythmusstörungen, nicht infektiöse Myo- und Perikarditis, Herzinsuffizienz, ischämische Herzkrankheit, venöse Thromboembolie sowie Schlaganfall. Menschen mit Autoimmunerkrankung hatten für jede der genannten Erkrankungen ein derart erhöhtes Risiko, das nochmals stieg, wenn ein Mensch zwei oder mehr Autoimmunerkrankungen hatte, dass es die Autoren mit dem Risiko von Typ-2-Diabetikern gleichsetzten.

Spezielle Blutwerte

Für eine Vorhersage für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Ereignisse nicht nur bei Frauen mit diagnostizierten chronisch-entzündlichen Prozessen könnten drei Blutwerte nützlich sein, die bei Frauen lange vor einem akuten Herz-Kreislauf-Ereignis ein erhöhtes Risiko anzeigen. Es handelt sich dabei um das hochsensitive CRP (hsCRP) sowie um LDL-Cholesterol und Lipoprotein (a). Alle drei, aber besonders hsCRP, eignen sich, das Herz-Kreislauf-Risiko für die nächsten drei Jahrzehnte vorherzusagen. Ein Ergebnis, zu dem Wissenschaftler des Brigham and Women´s Hospital, Boston, nach Auswertung der Daten von mehr als 27.000 Teilnehmerinnen der Women´s Health Study kamen.

Die Frauen wurden 30 Jahre lang beobachtet. Zu Beginn bestimmten Ärzte die drei genannten Blutwerte bei allen Frauen. Innerhalb der 30 folgenden Jahre erlitten 3662 Frauen einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder verstarben infolge eines Herz-Kreislauf-Ereignisses. Betrachtete man die genannten Biomarker bei den betroffenen Frauen im Vergleich zu denjenigen ohne Herz-Kreislauf-Ereignis, so hatten diejenigen mit einem anfangs erhöhten hsCRP im obersten Fünftel der Werteskala ein 70 Prozent höheres Risiko als diejenigen, deren Wert im untersten Fünftel lag.

LDL-Cholesterol und Lipoprotein-(a)-Wert wogen nicht ganz so schwer, aber auch hier lag das Risiko um 36 beziehungsweise um 33 Prozent erhöht bei denjenigen Teilnehmerinnen mit einem Ausgangswert im obersten Fünftel. Bei hohen Werten in allen drei Markern hatten die Frauen ein 2,6-fach höheres Risiko für ein schwerwiegendes Herz-Kreislauf-Ereignis in den kommenden 30 Jahren.

Essen als Hebel

Um die Herz-Kreislauf-Gefahr zu senken, eignen sich gerade auch bei Frauen mit Erkrankungen, die mit einer chronischen systemischen Entzündung einhergehen, Maßnahmen, die das eigene Essverhalten betreffen. So raten die Ernährungs-Docs zu einer antientzündlichen Ernährung mit guten Fetten und sekundären Pflanzenstoffen. Das bedeutet auch, den Fleischkonsum, vor allem von rotem Fleisch und von Wurst, deutlich zu senken.

Auch Zucker in jeglicher Form darf mal ausnahmsweise ein Schmankerl sein, aber auch nicht mehr als das. Hingegen eigneten sich besonders Kreuzblütler wie Brokkoli, Blumen- und Rosenkohl, um Entzündungsprozesse einzudämmen. Als gute Fette kämen vor allem solche aus fettreichem Fisch, aus Raps-, Walnuss- und Hanföl infrage. Frauen mit Endometriose empfehlen die Mediziner, mithilfe eines Ernährungstagebuchs über einen Zeitraum von vier Wochen gezielt histaminhaltige Nahrungsmittel auszulassen und zu beobachten, ob sich diese Maßnahme innerhalb eines Zyklus günstig auswirke.

Besonders hilfreich könne das eine Woche vor der Periode und während der Monatsblutung sein. Histamin steckt reichlich in Schokolade, Rotwein, Tomaten, Spinat, Avocado, in stark gereiftem Käse und in Wurst. Entzündungsprozesse lassen sich auch beeinflussen, wenn es Menschen mit Adipositas gelingt, Gewicht abzunehmen. Mit schmelzendem (Bauch-)Fettgewebe lässt sich auch der Östrogenspiegel senken, was wiederum Endometriose womöglich eindämmen kann.

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