Endometriose und unerfüllter Kinderwunsch |
Wenn es mit dem Schwanger werden einfach nicht klappen will, könnte es an einer Endometriose liegen. Es gibt dennoch Möglichkeiten, den Kinderwunsch zu erfüllen. / © Adobe Stock/New Africa
Wenn ein Paar sich ein Kind wünscht, es aber einfach nicht klappen mag, ist das quälend. Es gibt viele mögliche Ursachen dafür, eine kommt häufig vor: Endometriose. Schätzungen zufolge sind etwa 50 Prozent der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch von der Erkrankung betroffen.
Bei Endometriose handelt es sich um eine gutartige, chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst. Was macht das mit der Fruchtbarkeit? Und wie kann es doch klappen mit dem Kind? Ein Überblick.
Warum es mit Endometriose schwerer sein kann, schwanger zu werden, hat viele Gründe. Im Verlauf der Erkrankung können sich beispielsweise Endometrioseherde und später Zysten an den Eierstöcken bilden. Diese enthalten in der Regel altes Blut und werden daher »Schokoladenzysten« genannt.
»Endometriose kann ein Problem sein, wenn eine Frau diese Zysten an den Eierstöcken hat, denn dann kann die Eizellreifung gestört sein. Die Qualität der Eizellen ist oft schlechter«, erklärt Professorin Sylvia Mechsner, die das Endometriosezentrum an der Berliner Charité leitet.
Nun könnte man denken, dass eine Operation, bei der diese Zysten entfernt werden, das Problem beheben sollte. Dem ist leider nicht unbedingt so, wie Mechsner sagt: »Die Zysten sind sehr fest mit dem Gewebe verbunden und es kann sein, dass mit der Zyste auch gesundes Gewebe mit entfernt wird. Dadurch reduziert sich die Anzahl der Eizellen.« Das ist vor allem ein Problem bei Frauen ab 35 Jahren: Ab diesem Alter verschlechtert sich die Qualität der Eizellen und ihre Anzahl sinkt ohnehin – egal, ob eine Frau Endometriose hat oder nicht.
Darüber hinaus kann es auch Probleme am Eileiter geben: Normalerweise wird die Eizelle beim Eisprung aus dem Eierstock herausgelassen und vom Eileiter aufgefangen. »Bei schwerer Endometriose ist der Eileiter oft verklebt, sodass es mechanische Probleme beim Eisprung gibt«, sagt Sylvia Mechsner.
Ein weiterer Grund für Schwierigkeiten: Die Entzündungen, die die Endometrioseherde verursachen, schränken Spermien in ihrer Beweglichkeit ein. Ein anderes Problem hat ebenfalls mit den Spermien zu tun: Normalerweise unterstützt die Gebärmutter den Transport der Spermien zum richtigen Eileiter dadurch, dass sich bestimmte Muskeln zusammenziehen. Einige Frauen haben aber Endometrioseherde in der Muskelwand der Gebärmutter. Das nennt man Adenomyose. »Dadurch ist sozusagen das Feintuning in der Gebärmutter gestört. Der gerichtete Transport funktioniert dann oft nicht«, erklärt Sylvia Mechsner.
Auch wenn viele Faktoren die Erfüllung des Kinderwunsches erschweren: »Je früher eine Endometriose behandelt wird, desto besser sind die Aussichten, auf natürlichem Wege schwanger zu werden«, sagt Gynäkologin Cornelia Hösemann, Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Frauenärzte. Auch der Zeitpunkt der Familienplanung spielt eine Rolle: »Er sollte nicht zu weit nach hinten verschoben werden. Das Alter spielt bei Frauen mit Kinderwunsch immer eine Rolle und bei Endometriose im Besonderen.«
Sylvia Mechsner empfiehlt Frauen mit Endometriose, den Kinderwunsch vorzuziehen. Wenn das nicht möglich oder gewünscht ist, sei das sogenannte Medical Freezing eine Möglichkeit: Dabei werden eigene Eizellen eingefroren, wenn deren Qualität noch gut ist, und für später eingelagert. »In Einzelfällen übernehmen die Krankenkassen die Kosten dafür.«
Je ausgeprägter die Endometriose, desto schwieriger wird es, auf natürlichem Wege schwanger zu werden. Sylvia Mechsner rät Frauen mit Endometriose und Kinderwunsch, checken zu lassen, ob die Schilddrüsenfunktion optimal ist und sie mit allen Vitaminen und Nährstoffen gut versorgt sind. Außerdem sollten sie Folsäure einnehmen. So können weitere Faktoren, die einer Schwangerschaft im Wege stehen, ausgeschlossen werden.
Und natürlich sei es auch wichtig zu prüfen, ob der Partner wirklich zeugungsfähig ist. Auch bei Männern nimmt mit steigendem Alter die Qualität der Spermien ab.
Wenn es auf natürlichem Wege nicht klappt, haben Paare die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer festgelegten Anzahl an Versuchen die Kosten.
Sylvia Mechsner rät: »Damit nicht zu lange warten. Nach einem Jahr sollte man sich an ein Kinderwunschzentrum wenden, in Einzelfällen auch eher.« Hintergrund: Statistisch gesehen klappe es bei einem gesunden Paar mit einer Schwangerschaft in 90 Prozent der Fälle innerhalb eines Jahres, wenn das Paar zweimal pro Woche ungeschützten Sex habe.
Ob auf natürlichem Wege oder dank einer Kinderwunschbehandlung – endlich hat es geklappt. Jetzt ist Aufatmen angesagt, wobei bei Betroffenen eine gewisse Anspannung mit Blick auf die Endometriose stets bleiben dürfte. »Früher dachte man, dass während einer Schwangerschaft Ruhe ist, das stimmt leider nicht«, so Sylvia Mechsner.
»Für Endometriose ist bekannt, dass es in der Schwangerschaft und während der Geburt zu einer höheren Rate an Komplikationen kommen kann«, sagt Gynäkologin Cornelia Hösemann. Die Raten an Fehlgeburten, Eileiterschwangerschaften, Frühgeburten und Fehllagen der Plazenta (Plazenta previa) sind bei Frauen mit Endometriose höher.
»Betroffene Frauen haben auch oft eine verstärkte Blutung nach der Geburt oder nach dem Kaiserschnitt«, sagt Sylvia Mechsner. Sie findet deshalb: »Frauen mit Endometriose müssten eigentlich als Risikoschwangere eingestuft werden.« Immerhin: »Auswirkungen auf das Baby sind bislang nicht bekannt.«
Ob während der Kinderwunschzeit oder Schwangerschaft: Wichtig ist, dass betroffene Frauen gut betreut werden. Zum Beispiel durch einfühlsame Gynäkologen, die sich mit dem Thema gut auskennen. Zudem finden Frauen in Endometriosezentren kompetente Hilfe. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann eine wichtige Stütze sein. Die Endometriose Vereinigung Deutschland bietet zum Beispiel eine kostenlose Beratung und hat auf ihrer Webseite ein Verzeichnis spezialisierter Behandler.
Bei einer Endometriose wächst Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter – etwa an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, wie die Endometriose Vereinigung Deutschland im Netz erklärt. Symptome neben wiederkehrenden starken Schmerzen sind Unregelmäßigkeiten bei der Blutung, Schmerzen beim Sex, aber auch Verdauungsbeschwerden.
Wohin kann ich mich wenden?
Wer den Verdacht hat, an Endometriose zu leiden, findet gute Anlaufstellen in sogenannten Endometriose-Zentren. Diese sind oft an Kliniken angedockt oder es handelt sich um Spezialistinnen und Spezialisten, die niedergelassen in der Praxis arbeiten. >> zertifizierte Anlaufstellen im Überblick
Wie wird Endometriose diagnostiziert?
Der Weg zur Diagnose umfasst mehrere Schritte: Los geht es mit einem ausführlichen Anamnese-Gespräch, in dem Arzt oder Ärztin die Beschwerden abfragen. Es empfiehlt sich, vorab Schmerzen und Symptome in einem Tagebuch oder einer Zyklus-App festzuhalten. Daran schließen sich eine Tastuntersuchung sowie Ultraschalluntersuchungen an – vaginal und über die Bauchdecke. Je nach Symptomen kommen weitere Untersuchungen infrage, etwa eine Darmspiegelung oder bildgebende Verfahren wie ein MRT. Gängig ist zudem, dass die Diagnose mittels eines operativen Eingriffs, einer Bauchspiegelung, gestellt wird.