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Geburtsbegleitend

Entspannt entbinden mit Hypnobirthing

Eine Geburt auf die sanfte Art, ganz ohne Angst und Schmerzen, dank einer Art von Hypnose – was ist dran an der geburtsbegleitenden Methode Hypnobirthing?
Barbara Döring
27.07.2023  12:00 Uhr

Völlig entspannt auf natürlichem Weg ein Kind auf die Welt bringen, ohne dabei starke Wehenschmerzen zu erleben, sodass ein positives Geburtserlebnis bleibt. Welche werdende Mutter wünscht sich das nicht? Hypnobirthing soll es möglich machen. Der Kunstbegriff setzt sich aus den Wortteilen »Hypno« für Hypnose und englisch »birthing« für Gebären zusammen. »Den Zustand, der damit erreicht werden soll, kann man als Trance bezeichnen, aber auch als starke Fokussierung oder mentale Beeinflussung«, sagt Dr. Ansgar Römer, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe aus Ludwigshafen im Gespräch mit PTA-Forum. Ganz neu ist die Methode nicht. Schon in den 1980er-Jahren erregte das Buch der Amerikanerin Marie F. Mongan mit dem gleichnamigen Titel Aufsehen. Basierend auf der Theorie des englischen Geburtshelfers Dr. Grantly Dick-Read, nach der die Angst vor der Geburt zu Verspannungen führt, die wiederum die Schmerzen verstärken, entwickelte die Autorin Entspannungstechniken für eine sanfte Entbindung.

Hypnobirthing-Kurse werden inzwischen in ganz Deutschland angeboten. Bei der Methode werden verschiedene Techniken wie mentale Konzentrationsübungen, Visualisierung von Bildern oder bestimmte Atemtechniken angewendet, um sich zu fokussieren und einen tranceähnlichen Zustand zu erreichen, in dem sich die Schmerzwahrnehmung verändert. Das gleiche Prinzip nutzen zum Beispiel auch Zahnärzte. »Wir wissen aus der Schmerzforschung, dass es grundsätzlich gelingen kann, die Schmerzwahrnehmung zu beeinflussen, da Schmerz viel mit Angst und Stress zu tun hat«, erläutert Römer. Wer etwa Zahnschmerzen hat und einen unliebsamen Termin wahrnehmen muss, nimmt den Schmerz viel stärker wahr, als wenn er sich auf den Termin freuen würde. »So versucht auch Hypnobirthing einen Zustand herzustellen, bei dem die Schmerzwahrnehmung nicht weniger, aber bewusst anders ist«, erklärt Römer.

Im Prinzip nichts Neues

Kann es tatsächlich funktionieren, unter einer Art Trance aktiv bei der Geburt mitzuwirken? Laut Römer ist Hypnobirthing im Prinzip nichts anderes als eine Verstärkung von dem, was Frauen auch in Kursen zur Geburtsvorbereitung lernen. Letztlich geht es darum, sich auf das Atmen zu konzentrieren und sich zu fokussieren, um in den richtigen Geburtsrhythmus zu kommen. Den Schmerz dabei zu unterbinden sei jedoch nicht möglich und auch nicht sinnvoll. »Eine Geburt ohne Schmerzen gibt es nicht«, weiß der Gynäkologe. »Rein physiologisch ist der Geburtsschmerz sogar wichtig, da er einerseits die Ausschüttung des wehenauslösenden Hormons Oxytocin fördert, ohne dass es zum Geburtsstillstand kommen würde. Andererseits fördert der Wehenschmerz als eine Art Rückkopplung wiederum die Produktion schmerzhemmender Substanzen.

Geburtsschmerz soll also prinzipiell nicht unterdrückt, sondern reduziert und adaptiert werden, was der Körper im Prinzip selbst regulieren kann. Denn der Geburtsschmerz ist nicht dauerhaft, sondern verläuft in Zyklen. »Geburtsschmerzen sind extreme Schmerzen, aber vom Wesen ganz anders als etwa Bauch- oder Zahnschmerzen«, sagt Römer. Geburtsschmerzen seien auch nicht mit Menstruationsbeschwerden zu vergleichen. Denn Wehenschmerz kommt wie eine Welle, ist eine Minute lang überwältigend stark, dann aber auch für einige Minuten wieder verschwunden. Gelingt es, in dieser schmerzfreien Zeit zu entspannen, wird die Frau automatisch synchron mit den Wellen aus Schmerz und Entspannung und kommt in ihren eigenen Takt hinein. »Besteht jedoch die Angst vor der nächsten Wehe, entsteht ein Teufelskreis aus Verspannung und Schmerz und das Schmerzempfinden verstärkt sich noch«, sagt Römer.

In den Rhythmus kommen

Wie andere Methoden auch kann Hypnobirthing helfen, sich zu fokussieren, zum richtigen Zeitpunkt zu entspannen und in den richtigen Rhythmus zu kommen. Doch wie wirksam die Methode ist, dazu gibt es keine aussagekräftigen Untersuchungen. Auf der anderen Seite existieren auch keine Standards, wie Hypnobirthing anzuwenden ist. Jeder kann es im Prinzip anbieten und das geschieht oft zu erheblichen Kosten. Viele Hebammen sehen Hypnobirthing deshalb kritisch, aber auch, weil Frauen durch solche Methoden oft nicht mehr unvoreingenommen in die Geburt gehen. »Sie denken, sie müssten sich genau an einen vorgegebenen Plan halten und scheitern dann oft an sich selbst«, sagt Römer aus eigener Erfahrung.

Gerade weil sich der Schmerz während der Geburt verändert, kann zu wenig Flexibilität zum Problem werden: »Alle engen Vorgaben sind bei einer Geburt kontraproduktiv, weil sie nicht statisch ist und sich der Schmerz verändert«, betont Römer. Viele Hebammen hätten die Erfahrung gemacht, dass es sogar eher zum Kaiserschnitt kommt, wenn Frauen enge Vorgaben im Kopf haben und die Offenheit für die aktuelle Geburtssituation und die Erfahrung der begleitenden Hebamme verlieren.

»Frauen kommen heute oft mit konkreten Vorstellungen in den Kreißsaal und möchten weder PDA noch ein Wehenmittel, aber unbedingt in die Wasserwanne«, stellt Römer fest. Wenn sie dann nicht die Flexibilität hätten, vom gewünschten Plan abzuweichen, wäre das schwierig. »Eine Geburt findet nicht im Kopf statt«, betont Römer. Oft seien jene Geburten die einfachsten, die ohne große Vorbereitung im Zug oder Auto passieren. Eine Frau, die sich vorher wenig Gedanken macht und die Geburt auf sich zukommen lässt, sei in der Regel auch offener, auf verschiedene Situationen einzugehen und könnte besser damit umgehen, als wenn sie einen festen Fahrplan hat, so Römer.

Vorbereitung keine Pflicht

Einen Nutzen will Römer Hypnobirthing aber nicht völlig absprechen. Der Erfolg von Kursen zur Geburtsvorbereitung oder einer Methode wie Hypnobirthing hänge entscheidend davon ab, wie Frauen die Informationen für sich umsetzen. Manche wünschten sich viele Informationen, andere könnten damit wenig anfangen. »Hypnobirthing kann für bestimmte Frauen ein Mittel sein, anders mit Geburtsschmerzen und der Geburtssituation umzugehen«, formuliert es Römer. Aber es sei keine Garantie. Der Umgang mit Schmerz sein von Frau zu Frau sehr unterschiedlich, sodass sich keine prognostischen Aussagen machen ließen, wie sich Hypnobirthing bei einer bestimmten Frau auf den Schmerz auswirkt.

Hypnobirthing kann also funktionieren, wenn es einer Frau durch die Fokussierung gelingt, in ihren Rhythmus zu kommen. So sind auch Kliniken inzwischen darauf eingestellt, dass Frauen die Methode umsetzen möchten und ihre konkreten Vorstellungen mitbringen. Wichtig ist laut Römer jedoch immer das Vertrauen zur Hebamme. Sie sei die Fachfrau, die genau einschätzen kann, was eine Gebärende in einer bestimmten Situation braucht und was ihr guttut. Starre Vorstellungen seien da fehl am Platz. Manche empfinden das warme Wasserbad als lindernd, andere fühlen sich in der Wanne eingeengt. Manche Frauen müssen sich bewegen, andere möchten sich lieber hinlegen.

Hypnobirthing könnte eine Erwartungshaltung schaffen, die vielleicht nicht erfüllt wird. Statt dem positiven Geburtserlebnis, das heute oft erwartet wird, bliebe dann ein fahler Beigeschmack. Das liege jedoch oft nicht an der Hebamme oder der Klinik, sondern an starren Bildern im Kopf und der Vorstellung, Hypnobirthing müsse in jedem Fall funktionieren. Ob eine Frau Hypnobirthing nutzen möchte oder nicht – wichtig ist in jedem Fall, offen zu bleiben für andere Empfehlungen und von starren Vorstellungen abweichen zu können, wenn es die Situation erfordert, so Römer. Denn Geburten sind nicht planbar und jedes Mal anders.

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