Erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko durch Zuckerersatz? |
Laura Rudolph |
08.03.2023 16:00 Uhr |
Erythrit ist ein kalorienarmer Zuckeraustauschstoff, der sich optisch und in der Konsistenz nur wenig von herkömmlichem Zucker unterscheidet. / Foto: Adobe Stock/zakiroff
Erythrit, auch Erythritol oder E 968 genannt, ist ein beliebter Zuckeraustauschstoff. Er ist nicht ganz so süß wie Haushaltszucker; seine Süßkraft entspricht etwa 50 bis 70 Prozent der von Saccharose. Das Süßungsmittel ist in der Regel verträglicher als andere und ruft nur selten oder bei übermäßigem Verzehr Darmbeschwerden hervor. Erythrit war in einer Studie jedoch mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko assoziiert, wie ein Forschungsteam um Marco Witkowski von der von der Cleveland Clinic im US-Bundesstaat Ohio nun im Fachjournal »Nature Medicine« berichtet.
Die Forschenden untersuchten zunächst in einer ungerichteten Metabolit-Analyse Blutproben einer Kohorte von 1157 Personen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko. Dabei fiel auf, dass die Studienteilnehmer erhöhte Erythrit-Plasmaspiegel aufwiesen.
Um diesen Zusammenhang weiter zu untersuchen, analysierten die Forschenden zwei Validierungskohorten mit weiteren Personen, die ebenfalls häufig Herz-Kreislauf-Erkrankungen beziehungsweise Risikofaktoren wie Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit aufwiesen. Eine Kohorte mit 2149 Probanden stammte aus den USA, eine mit 833 Personen aus Deutschland. Auch hier zeigte sich eine Korrelation erhöhter Erythrit-Spiegel mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko.
In vitro konnten die Forschenden zeigen, dass die Zugabe von Erythrit zu Blut zu einer beschleunigten Blutgerinnung führte. Abschließend führten die Forschenden eine prospektive Pilotstudie mit acht gesunden Personen durch. Nachdem die Probanden ein mit 30 Gramm Erythrit gesüßtes Getränk zu sich genommen hatten, wiesen sie noch zwei Tage lang erhöhte Erythrit-Spiegel auf. Diese lagen über dem Schwellenwert, für den in vitro die gesteigerte Blutgerinnung gezeigt werden konnte. Aufgrund des Studiendesigns kann allerdings kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden.
Dr. Stefan Kabisch von der Berliner Charité relativiert das Risiko mit Blick auf die gemessenen Erythrit-Spiegel: »In allen drei Kohorten zeigt nur das oberste Quartil ein signifikant erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Drei Viertel der untersuchten Probanden hatten ein vergleichbar normales Risiko.«
Die experimentelle Erythrit-Dosis, die mit starken Effekten einherging, liege mit 45 bis 290 Mikromol im Extrembereich, so Kabisch. Die meisten Menschen würden diese Plasmaspiegel mit den heute üblichen Ernährungsmustern nicht erreichen. Ebenso lassen sich keine langfristigen Wirkungen einer niedrigeren Dosis mit den Experimenten beurteilen. Für eine Warnung vor dem Zuckeraustauschstoff sei es zu früh, meint der Experte.