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Essen gegen das Vergessen

Ernährung beeinflusst Entzündung

Die Alzheimer-Erkrankung ist bislang nicht heilbar. Das macht Prävention in diesem Bereich umso wichtiger. Forscher in aller Welt suchen dazu nach möglichen Ansätzen. Einer davon ist die Ernährung. Lässt sich das Erkrankungsrisiko durch bestimmte Lebensmittel verringern?
Annette Immel-Sehr
08.04.2019  11:00 Uhr

In den westlichen Ländern ist die Alzheimer-Krankheit die bedeutendste Demenzerkrankung; mindestens zwei Drittel der Krankheitsfälle beruhen darauf. Die zweithäufigste Form ist die vaskuläre Demenz – eine Erkrankung, bei der in Folge von Durchblutungsstörungen im Gehirn Nervenzellen absterben. Menschen im höheren Lebensalter leiden meist an Mischformen dieser neurodegenerativen und vaskulären Krankheitsprozesse. Demenz ist eine typische Erkrankung des Alters. Nicht einmal zwei Prozent der Erkrankten sind unter 65 Jahre alt. Somit bestünde eigentlich viel Zeit, um über Lebensstilfaktoren – wenn dies denn möglich ist – der Entwicklung einer Demenz vorzubeugen. Prävention durch Essen und Trinken erscheint verlockend. Was könnte einfacher sein? Wenn die empfohlene Kost dann auch noch schmeckte und nicht teuer wäre, dann wäre dies ein idealer Ansatz für die breite Bevölkerung. Kein Wunder also, dass die Frage einer Demenzprävention durch Ernährung intensiv beforscht wird.

Bekannt ist schon seit längerem, dass Hypertonie sowie erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte die Entwicklung einer Demenz begünstigen. Gemeinsam ist diesen Faktoren, dass sie die Gefäße schädigen. Somit lag es für die Forscher nahe, solche Ernährungsweisen näher anzuschauen, die einen positiven Effekt auf die Blutgefäße haben. Am besten untersucht ist bislang die mediterrane Ernährung. Schon seit den 1950er- und 1960er-Jahren ist bekannt, dass die traditionelle Kost der Mittelmeer-Bewohner die Herzgefäße schützt und der Koronaren Herzkrankheit vorbeugt. Mittlerweile konnten Studien nachweisen, dass diese Vorteile auch auf Blutgefäße im Gehirn und das Risiko für eine vaskuläre Demenz zutreffen. Andere Studien fanden, dass diese Ernährungsweise zudem das Alzheimer-Risiko senkt.

Mediterran an Salz sparen

Auch eine andere Kostform mit nachgewiesenem positiven Effekt auf die Blutgefäße kam in das Visier der Forscher: die sogenannte DASH-Diät. DASH steht für Dietary Approach to Stop Hypertension. Diese Ernährungsform wurde als eine kochsalzreduzierte Variation der mediterranen Ernährungsweise für Hypertoniker entwickelt und senkt nachweislich den Blutdruck und das Sterberisiko. Auch bei der DASH-Diät bildet pflanzliche Kost den Schwerpunkt. Eine Besonderheit ist die Betonung kaliumreicher Obst- und Gemüsesorten. Die sogenannte MIND-Diät kombiniert die mediterrane Kost mit der DASH-Diät. Der Name MIND leitet sich ab von Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay.

Ernährungsmediziner konzipierten sie gezielt unter dem Gesichtspunkt der Demenzprävention. MIND fokussiert auf zehn Lebensmittel, denen eine positive Wirkung auf das Gehirn nachgesagt wird. Dies sind insbesondere grüne Blattgemüse, aber auch andere Gemüsesorten, Nüsse, Beeren, Bohnen, Vollkorngetreide, Olivenöl, gelegentlich Fisch und Geflügel und in Maßen auch Rotwein. Die MIND-Diät verbietet nichts, schränkt aber den Verzehr von rotem Fleisch, Butter, fettem Käse, Süßwaren, Gebäck und Frittiertem ein. In einer Studie trat bei Personen, die sich gemäß dem MIND-Konzept ernährten, weniger häufig eine Alzheimer-Erkrankung auf beziehungsweise im Erkrankungsfall nahmen die geistigen Fähigkeiten langsamer ab als in der Vergleichsgruppe.

Einzelne Studien können nur Hinweise geben; erst die Zusammenschau vieler Studien zum gleichen Thema erlaubt eine Aussage. Wissenschaftler fassen eine solche Auswertung vieler Studien in systematischen Übersichtsarbeiten, sogenannten Reviews, zusammen. Aktuell hat eine australische Forschergruppe zahlreiche Studien zum Einfluss der Ernährung auf das Demenzrisiko ausgewertet und ihr Ergebnis im Journal of Alzheimer's Disease veröffentlicht. Demnach haben sowohl die mediterrane Ernährungsweise als auch die DASH- und die MIND-Diät eine positive Wirkung für die geistige Gesundheit im Alter. Lässt sich dies erklären? Die Antwort findet sich bei Betrachtung der mengenmäßig bedeutendsten Lebensmitteln dieser Kostformen: pflanzliche Lebensmittel einschließlich Olivenöl.

Weniger Entzündung

Wissenschaftler gehen davon aus, dass antioxidativ und antiinflammatorisch wirkende Pflanzeninhaltsstoffe für die positive Wirkung auf das Gedächtnis verantwortlich sind. So spielen Radikalfänger wie die Vitamine A, C und E eine wichtige Rolle, weil sie entzündungsfördernde Signalwege hemmen. Flavonoide, wie sie beispielsweise in großer Menge in Beeren und anderen Obstsorten vorkommen, zeigen positive Effekte auf die Blutgefäße. Polyphenole sind reichlich in farbintensiven Früchten wie Blaubeeren oder Trauben, aber beispielsweise auch in Kakao, Curcuma und grünem Tee vorhanden. Diese Pflanzeninhaltsstoffe haben eine antiinflammatorische und antioxidative Wirkung und können die Entzündung im Gehirn reduzieren, die neben der Amyloid-Anreicherung ein Charakteristikum der Alzheimer-Erkrankung ist.

Überhaupt ist Grüner Tee ein hochinteressantes Lebensmittel – auch wenn er nicht am Mittelmeer wächst. Untersuchungen haben ein erhebliches Potenzial in der Prävention und möglicherweise sogar in der Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen gezeigt. Die Wirkung wird auf die enthaltenen Epigallocatechingallate zurückgeführt. Sie mindern die Bildung freier Radikale und sollen die typische Plaquebildung im Gehirn von Alzheimer-Patienten hemmen. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften des Olivenöls beruhen zum Teil auf der enthaltenen Ölsäure, einer einfach ungesättigten Fettsäure. Auch viele Nüsse zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an Ölsäure aus. Omega-3-Fettsäuren, vor allem Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), wirken auf vielfältige Weise positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Sie sind zum Beispiel in fettem Fisch, wie Tunfisch und Makrele, aber auch in Walnüssen und Leinsamen enthalten.

Die Summe macht den Effekt

Nicht zu vergessen ist der indirekte Schutzeffekt der Folsäure. Ein guter Versorgungsstatus mit diesem Vitamin und den Vitaminen B6 und B12 senkt den Homocystein-Spiegel. Ein hoher Homocystein-Spiegel gilt als Alzheimer-Risiko. Zurück zur Ausgangfrage: Können bestimmte Lebensmittel vor einer Demenzerkrankung schützen? Die Antwort lautet ja und nein zugleich. Lebensmittel, die reich sind an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen, können sich positiv auf Hirnfunktionen und kognitive Fähigkeiten auswirken. Doch es gibt keine Demenzschutz-Beeren oder Super-Food-Linsen gegen Alzheimer. Erst das Zusammenwirken vieler dieser Lebensmittel bringt nach Meinung der Forscher den optimalen Effekt. Schließlich geht es um eine allgemeine Empfehlung an die Bevölkerung. Dabei kann der Versorgungsstatus einzelner Personen mit Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen ebenso wenig berücksichtigt werden wie das individuelle Enzymmuster. Der Präventionsansatz muss breit sein und darf sich nicht auf ein einziges Lebensmittel beschränken.

Die genannten Ernährungskonzepte haben gemeinsam, dass sie leicht umsetzbar und nicht teuer sind. Auch heimische Obst- und Gemüsesorten haben darin ihren Platz. Manch einem mag es vielleicht schwer fallen, seinen Fleischverzehr einzuschränken, doch das ist häufig nur eine Frage der Gewohnheit. Schließlich lassen sich mit pflanzlichen Lebensmitteln schmackhafte und abwechslungsreiche Mahlzeiten gestalten. Doch es wäre zu wenig, für die Demenz-Prävention nur auf die Ernährung zu setzen. Es gibt noch weitere Lebensstilfaktoren, die erwiesenermaßen eine wichtige Rolle spielen: körperliche und geistige Aktivität sowie soziale Kontakte. Wer also etwas tun möchte, um das Risiko für Demenz soweit beeinflussbar zu senken, sollte in all diesen Bereichen aktiv werden und bleiben.

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