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Kein Stein wie der andere

Ernährung bei Harnsteinen

Schon Hildegard von Bingen erkannte einen Zusammenhang zwischen üppigen Mahlzeiten, Wein und Harnsteinbildung. Hierzulande hat sich die Inzidenz in den vergangenen Jahrzehnten wohlstandsbedingt verdreifacht. Trinkgewohnheiten, kalorienreiches Essen und zu wenig körperliche Aktivität begünstigen das Auftreten. Gezielte Veränderungen im Ernährungs- und Lebensstil halbieren das Risiko allerdings nahezu.
AutorKontaktCornelia Höhn
Datum 26.10.2023  13:00 Uhr

Natürlicherweise enthält der Urin gelöste Abfallstoffe wie Harnstoff aus dem Proteinabbau oder Harnsäure aus dem Purinstoffwechsel. Kristallisieren die Substanzen aus, kommt es im Nierenhohlsystem zur Nierensteinbildung (Nephrolithiasis). Ihre Größe reicht von Mikrometern bis zu mehreren Zentimetern. Über das Nierenbecken wandern die Steine in den Harnleiter, man spricht dann von Harnleitersteinen. Verklemmen sie sich dort, versucht der Körper sie weiterzubewegen, was zu heftigen, kolikartigen Schmerzen im unteren Rücken oder im Unterbauch führt, oft begleitet von Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Blut im Urin. Harnstau, Infekte und Blutvergiftung können folgen. Für Nieren-, Harnleiter- und Blasensteine wird auch der Überbegriff Harnsteine (Urolithiasis) verwendet.

Es finden sich sowohl regionale als auch alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede für die Bildung von Nierensteinen. Allgemein wegbereitend können dabei folgende Faktoren sein:

  • schlechte Flüssigkeitsbilanz: zu geringe Trinkmenge und zu konzentrierter Urin
  • Engstellen im harnableitenden System
  • hohe Zufuhr an tierischem Fett, Eiweiß, Purinen und kurzkettigen Kohlenhydraten
  • häufiger Konsum von Salz und Zucker, auch versteckt in Fertigprodukten
  • Nikotin- und Alkoholabusus
  • Übergewicht, zu wenig Bewegung und chronischer Stress
  • Ungleichgewicht zwischen steinbildenden und -hemmenden Substanzen im Urin
  • Urin-pH, Harnwegsinfekte, Stoffwechselstörungen und genetische Veranlagung.

Um einem wiederholten Auftreten, das in über 50 Prozent der Fälle vorkommt, gezielt vorbeugen zu können, sollte jeder Stein geborgen und auf seine Zusammensetzung analysiert werden. Weitere Laboruntersuchungen geben zusätzliche Hinweise auf die Ursache. Kreatinin, Parathormon, Calcium-, Magnesium- und Harnsäurekonzentration im Blut sowie die Bestimmung des Urin-pH-Wertes und die Anfertigung einer Urinkultur zum Keimnachweis zählen dazu. Bisweilen wird auch die Analyse des über 24 Stunden gesammelten Urins vorgenommen. Nierensteine entpuppen sich dabei nicht selten als Symptom einer zugrunde liegenden Stoffwechselstörung.

Steinart (Häufigkeit) Ursache
Calciumoxalat (75 %) übermäßige Ausscheidung von Calcium und Oxalat über den Urin
Harnsäure (10 %) häufiger Verzehr von tierischem Eiweiß und Purinen, erhöhter Alkoholkonsum, Fastenkuren
Apatit, Brushit: Calciumphoshat (5 %) Harnwegsinfekte, Stoffwechselstörungen
Struvit: Magnesium-Ammonium-Phosphat (5 %) Harnwegsinfekte, Stoffwechselstörungen
Cystin (1 %) Gendefekt
Harnsteinarten und ihre Ursachen

Gezielt vorbeugen

Egal welcher Stein: Bei allen Arten ist gleichmäßig über den Tag verteiltes Trinken, auch vor dem Zubettgehen, unabdingbar. Insgesamt sollten es 2,5 bis 3 l sein, damit steinbildende Salze in Lösung bleiben. Empfehlenswert sind harnneutrale Getränke wie mineralstoffarme Mineralwässer, Kräuter- und Früchtetees. Weitgehend verzichten sollten Betroffene auf Süßgetränke, Alkohol, Kaffee, Grün- und Schwarztee sowie auf Softdrinks mit und ohne Koffein.

Ein guter Richtwert ist die Ausscheidung von täglich 2 bis 2,5 l hellgelbem bis fast farblosem Urin. Betroffene können ermuntert werden, die Menge ab und zu tatsächlich nachzumessen. Da die Kristallbildung der verschiedenen Salze durch ein bestimmtes pH-Optimum unterbunden wird, sollte auch der Urin-pH mit Teststreifen aus der Apotheke überprüft werden. Eine pH-Wert-Erhöhung wird mit Citraten und Bicarbonaten erreicht und durch eine pflanzenbasierte, ballaststoffreiche Kost unterstützt. Ist eine pH-Erniedrigung nötig, hilft Preiselbeersaft.

Untersuchungen ergaben, dass konsequente Änderungen der Ess- und Lebensgewohnheiten die Rezidivrate um 40 Prozent senken können. Unabhängig von der Steinzusammensetzung wird eine salzarme Ernährung empfohlen. 5 g Kochsalz pro Tag ist dabei die Obergrenze, Betroffene sollten lieber auf frische Kräuter und Gewürze setzen. Fertigwaren und Zucker sollten sie stark einschränken.

Milchprodukte werden hingegen nicht gemieden, die Calciumzufuhr sollte aber die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von 1000 mg pro Tag nicht überschreiten. Vorteilhaft ist, wenn Erkrankte ihre sportliche Aktivität steigern und vorhandenes Übergewicht abbauen. Abhängig von der Steinzusammensetzung gibt die Deutschen Gesellschaft für Urologie darüber hinaus spezifische Empfehlungen.

Oxalatarm essen

Die mit weitem Abstand häufigsten Vertreter der Harnsteine bestehen überwiegend aus Calciumoxalat. Ursache kann sowohl eine erhöhte Calciumausscheidung mit dem Urin beispielsweise bei einer Überfunktion der Nebenschilddrüsen (Hyperparathyreoidismus) als auch eine gesteigerte Oxalatausscheidung sein. Diese kommt nicht nur bei vermehrter Oxalataufnahme mit dem Essen, sondern beispielweise auch bei Erkrankungen des Dünndarms wie Morbus Crohn vor. Weil Darmabschnitte chronisch entzündet sind oder operativ entfernt werden mussten, können Nährstoffe mitunter nicht gut resorbiert werden. Im Fall von Calcium resultiert daraus nicht nur ein Mangel, auch Oxalsäure kann im Darm nicht mehr gebunden werden, gelangt ins Blut und von dort in die Niere. Das metabolische Syndrom mit Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und erhöhtem Harnsäurespiegel zeichnet ebenfalls für diese Steinart verantwortlich.

Alle Betroffenen tun gut daran, den Verzehr oxalatreicher Lebensmittel einzuschränken. Das sind vor allem: Rote Bete, Spinat, Mangold, Spargel, Petersilie, grüne Bohnen, Rhabarber, Nüsse, Kakao, Schokolade, Grün-, Schwarz-, Pfefferminztee. In früheren Zeiten empfahl man, die Calciumzufuhr ebenfalls zu reduzieren. Inzwischen zeigen Untersuchungen aber, dass Nahrungscalcium notwendig ist, um Oxalsäure im Darm abzubinden. Mit 50 g Käse und 250 ml Milch- oder Milchprodukten jedoch ist der Tagesbedarf von 1 g gedeckt.

Förderlich für die Steinbildung kann auch ein dauerhaftes Zuviel an Vitamin D wirken. Das führt zu einem überhöhten Blutcalciumspiegel, der dann das Entstehen von Nierensteinen begünstigt. Das Bundesamt für Risikobewertung empfiehlt eine maximale Tagesdosis von 800 internationalen Einheiten (I.E.). Höhere Dosierungen sollten unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Bezüglich der Auswirkung von Vitamin C auf die Bildung von Nierensteinen liegen uneinheitliche Ergebnisse vor. Vor einer täglichen Einnahme von mehr als 500 mg sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.

Eiweiße, insbesondere tierischen Ursprungs, führen zu einer höheren Calciumkonzentration im Harn und senken den Urin-pH ab. Beides begünstigt das Auskristallisieren von Calciumoxalat und damit die Steinbildung. Fleisch, Wurst, Eier, Käse und Fisch sollten daher mit Bedacht gegessen werden, die allgemein von der DGE für Erwachsene empfohlene Proteinmenge von 0,8 g/kg Körpergewicht sollte eingehalten werden. Gesunde Gegenspieler sind Gemüse, Salat und Obst, sie wirken alkalisierend auf den Urin.

Purine vermeiden

Wer an Harnsäuresteinen erkrankt ist, muss besonders gut über den Puringehalt verschiedener Lebensmittel informiert sein, denn Harnsäure ist das physiologische Endprodukt des Purinstoffwechsels. Purinbasen fallen aus dem Abbau körpereigener DNA an beziehungsweise gelangen über den Verzehr zellkernhaltiger Nahrung in den Stoffwechsel. Harnsäure wird über die Niere ausgeschieden, wobei ihre Löslichkeit stark pH-abhängig ist: Die Kristallisation erfolgt im sauren Harn ab Werten < 6,0. Der saure Urin wiederum wird durch Verzehr purin- und proteinreicher Lebensmittel begünstigt.

Aufgrund ihres hohen Puringehaltes sind zu vermeiden: Innereien, Sardinen, Sardellen, Heringe, Makrelen, Meeresfrüchte, Fisch- und Geflügelhaut, einige Hülsenfrüchte. Mit Fleisch, Geflügel und Wurstwaren sollte sparsam umgegangen werden, zwei fleischlose Tage pro Woche werden von Fachgesellschaften empfohlen.

Wer nun statt auf tierisches auf pflanzliches Eiweiß setzt, muss wissen, dass unter den Hülsenfrüchten Linsen, Erbsen, Kichererbsen und Soja ebenfalls purinreich sind. Maximal ein Gläschen Wein am Tag darf genossen werden, denn auch der fördert die Harnsäurebildung im Körper. Gänzlich gemieden werden sollte Bier, mit und ohne Alkohol. Insbesondere mit Weißbier landen aufgrund des hohen Hefeanteils viel Purine im Glas. Auch mit Fructose-Glucose-Sirup gesüßte Getränke oder Süßigkeiten sind ein Problem. Untersuchungen konnten zeigen, dass bereits kurz nach deren Konsum der Harnsäurespiegel in Blut und Urin ansteigt, weil die Verstoffwechselung der Fructose die körpereigene Purinsynthese steigert und gleichzeitig die Harnsäureausscheidung über die Niere hemmt.

Während strenge Fastenkuren zur Gewichtsreduktion ebenfalls zu erhöhten Harnsäurespiegeln beitragen, erweist sich eine konsequente Ernährungsumstellung hin zu ovo-lacto-vegetabiler Kost als vorteilhaft. Milchprodukte, Eier sowie pflanzliche Lebensmittel sind eher purinarm, Gemüse verhilft zum gewünschten Urin-pH. Mit dieser Nahrungsmittelauswahl werden auch den Harnsäuresteinen zugrunde liegende Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Gicht an der Wurzel gepackt. Letztere wird nicht selten durch das Auftreten von Nierensteinen entdeckt.

E-Nummern kennen

Zu den Phosphatsteinen gehören neben den Apatit- und Brushitsteinen auch die als Infektsteine bekannten Struvitsteine. Diese sind typische Begleiter von Harnwegsinfektionen, insbesondere wenn der Erreger eine Proteus-Art ist. Diese Bakterien verursachen durch Stoffwechselprozesse eine Alkalisierung des Harns, wodurch das Ausfallen von Magnesium-Ammonium-Phosphat (Struvit) begünstigt wird. Harnwegsinfekte müssen konsequent mit Antibiotika behandelt und der Urin angesäuert werden.

Ursächlich für Apatitsteine kann wie bei Calciumoxalatsteinen eine erhöhte Calciumausscheidung mit dem Urin, beispielweise bei einer Überfunktion der Nebenschilddrüse, sein. Auch wenn über den Harn zu viel Phosphat und zu wenig Magnesium den Organismus verlässt, kann das die Bildung von Phosphatkristallen begünstigen. Eigentlich ist klar, dass bei allen Steinen dieser Art Phosphat, das vor allem in eiweißreichen Lebensmitteln steckt, eingeschränkt werden sollte. Proteine und Purine sind daher auch hier nur in Maßen zuträglich.

Während Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte in den empfohlenen Mengen in Ordnung gehen, beinhalten folgende Lebensmittel viel Phosphat: Innereien, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Kakao, Nüsse, Leber und Hartkäse. Hilfreich ist auch, sich über E-Nummern zu informieren, hinter denen sich Phosphatzusätze verstecken, etwa in Wurst, Schmelzkäse oder Cola-Getränken.

Seltene Steine

Von Cystinsteinen Betroffene leiden erblich bedingt an einem Transporterdefekt. So gelangt mehr der schwerlöslichen Aminosäure Cystin in den Urin, reichert sich dort an und kristallisiert zu Steinen aus. Eine Flüssigkeitsmenge von 4 bis 5 l, die tags und nachts getrunken wird, wird hier empfohlen. Entsprechend sollen mindestens 3 l Urin in 24 Stunden ausgeschieden werden.

Bicarbonatreiches Mineralwasser sowie eine gemüsebetonte Kost helfen, den Urin alkalisch zu halten, denn dann nimmt die Löslichkeit von Cystin deutlich zu. So kann das Risiko wiederkehrender Cystinsteine gesenkt werden. Fleisch, Linsen und Soja sind cystinreich und werden höchstens selten in kleinen Portionen serviert. Bei Eiern sollten es nicht mehr als drei Stück pro Woche sein. Die Ernährung sollte insgesamt nicht zu eiweißreich sein: 0,8 g/kg Normalgewicht verteilt auf drei Mahlzeiten am Tag mit einer ausgewogenen Mischung aus mageren Milchprodukten, Fisch, gelegentlich Geflügel und pflanzlichen Proteinen.

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