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Mangelernährung vorbeugen

Ernährung bei Krebs – genussvoll essen, Gewicht erhalten

Mangelernährung ist eine häufige Komplikation bei Krebserkrankungen. Doch ein abgemagerter Körper hat den belastenden Therapien weniger entgegenzusetzen und spricht oft schlechter darauf an. Hier lesen Sie viele Tipps dagegen.
Inka Stonjek
20.10.2020  12:30 Uhr

Etwa die Hälfte aller Krebspatienten ereilt im Laufe der Erkrankung das gleiche Schicksal: Sie verlieren in relativ kurzer Zeit stark an Gewicht. »Oft sehe ich dies bei Patienten mit Tumoren des Verdauungstraktes«, sagt Ingeborg Rötzer. Die Ernährungswissenschaftlerin leitet die Ernährungstherapien im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen, NCT, Heidelberg, und im Universitären Centrum für Tumorerkrankungen, UCT, Krankenhaus Nordwest Frankfurt. In Heidelberg arbeitet sie ausschließlich mit Krebspatienten. Ihre Patienten in Frankfurt sind mangelernährt, was durch Krebs, aber auch durch andere Erkrankungen wie etwa die chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ausgelöst worden sein kann. Besonders betroffen sind mehrfach erkrankte und ältere Patienten.

Als mangelernährt gelten Menschen, wenn sie innerhalb von sechs Monaten stark abgenommen haben und neben Fett auch Muskelmasse schwindet. Nicht selten hat dieser Prozess schon Monate vor der Diagnose begonnen und dem behandelnden Arzt einen ersten Anhaltspunkt auf eine Krebserkrankung geliefert. »Krebs ist eine konsumierende Erkrankung«, erklärt Rötzer. Das bedeutet, dass sie den Patienten regelrecht auszehrt. Bei Krebszellen sind das Wachstum, die Teilung, die Spezialisierung und die Apoptose gestört, weshalb sie nicht von selbst absterben und sich schnell vermehren können. Zudem verändern sie den gesamten Stoffwechsel des Patienten. Die genauen biochemischen Mechanismen dahinter sind noch nicht bis ins letzte Detail erforscht. »Wir wissen aber, dass sie Glucose als Energiesubstrat bevorzugen. Zusätzlich setzt der Körper Zytokine frei, wodurch Muskulatur und Fettgewebe abgebaut werden, gleichzeitig aber der Hunger ausgeschaltet wird«, so Rötzer.

Mangel prognoserelevant

Zusätzlich wird eine Mangelernährung durch Nebenwirkungen der eigentlichen Behandlung gefördert. So wird eine Chemotherapie sehr oft von Übelkeit und einer veränderten Geschmackswahrnehmung begleitet. Nach einer Bestrahlung machen gereizte Schleimhäute der Speiseröhre womöglich das Schlucken zur Qual. Sind große Teile des Magens oder Darms entfernt worden, kann die Resorption bestimmter Nährstoffe beeinträchtigt sein. Das ist nicht nur mit einer eingeschränkten Lebensqualität verbunden. Mangelernährte Menschen haben ein schwächeres Immunsystem, sind anfälliger für Infekte und heilen langsamer. »Mit ein paar Pfunden mehr ist der Körper widerstandsfähiger«, weiß Rötzer. Das verbessert nicht nur das Wohlbefinden, sondern verbessert auch die Heilungschancen. Mangelernährung ist die zweithäufigste Todesursache bei Krebs.

Das wichtigste ist deshalb, dass der Patient sein Gewicht hält. Vielleicht nimmt er sogar wieder zu. Für jeden Patienten definieren Expertin Rötzer und ihr Team deshalb ein individuelles Ziel. »Das kann beispielsweise sein, eine ausreichende Versorgung sicherzustellen.« Dazu schöpfen sie das volle ernährungsmedizinische Spektrum aus. Im Mittelpunkt steht ein Speiseplan, der an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin ausgerichtet ist, aber flexibel an die jeweilige Situation angepasst wird.

»Wir achten besonders auf die Eiweißzufuhr, die mindestens bei den empfohlenen 1,2 Gramm pro kg Körpergewicht liegen sollte. Auch die Fettzufuhr darf höher liegen als empfohlen.« Mit kleinen Tricks lässt sich schon viel erreichen. Viele kleine Snacks über den Tag verteilt anstelle von drei Hauptmahlzeiten sind leichter verdaulich und lassen die Portionen kleiner wirken. In anderen Fällen reicht es, das Essen kalorisch aufzuwerten, etwa mit Quark.

Individueller Speiseplan

Abhängig von der Krebsart und der Therapie treten unterschiedliche Nebenwirkungen auf. Darauf gilt es bei der Ernährung einzugehen. Wer beispielsweise unter Mundtrockenheit, Kau- und Schluckbeschwerden leidet, der sollte wasserhaltige Nahrungsmittel und Speisen wie Suppen, Milchbreie und püriertes Obst bevorzugen. Kleinere Schlucke an Flüssigkeit befeuchten den Mund. Milch kann durch Sauermilchprodukte ersetzt werden, weil diese im Mund nicht so »schleimig« wirken. Krümelige und trockene Nahrungsmittel wie Knäckebrot oder Zwieback sind zu meiden, ihre scharfen Kanten können unangenehm sein. Stattdessen besser Toast- und Weißbrot bevorzugen. Auf kohlensäurehaltige Getränke und stark gewürzte und gesalzene Speisen ist besser zu verzichten. Und: Auf eine angenehme Temperatur der Speisen achten!

Wer unter Übelkeit und Erbrechen leidet, sollte viel lüften und starke Gerüche beim Kochen und Essen vermeiden. Geruchsarme Nahrungsmittel sind zu bevorzugen. Beim Essen sollte man sich Zeit nehmen und gründlich kauen. Auch hier gilt, am besten mehrere kleinere Mahlzeiten pro Tag zu essen, am besten noch vor dem Aufstehen und vielleicht sogar nachts. Leicht verdauliche Lebensmittel wie Kartoffelpüree, Apfelmus, Bananen, Eis, Quark oder Pudding sind ideal. Eine ausreichende Trinkmenge gleicht die Flüssigkeitsverluste aus. Versuchen Sie, 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit pro Tag in Form von stillen Mineralwässern, Kräuter- und Früchtetees zu erreichen. Pfefferminztee nach dem Essen vertreibt den unangenehmen Geschmack im Mund.

Bei Verdauungsproblemen ist dagegen eine Trinkmenge von 2,5 bis 3 Liter Flüssigkeit pro Tag anzustreben. Geeignet sind stille Mineralwässer, Kräuter- oder Früchtetees und Saftschorlen. Ballaststoffreiche Lebensmittel regulieren die Stuhlkonsistenz und -frequenz und sind daher bei Verstopfung und Durchfall gleichermaßen sinnvoll. Brot und Getreideprodukte aus Vollkornmehl sind ideal. Versuchen Sie zum Beispiel einmal Vollkornnudeln oder ungeschälten Reis. Als Zwischenmahlzeit bietet sich getrocknetes Obst wie Pflaumen, Feigen oder Aprikosen an. Früchte und Gemüse in gekochter Form sind besser verträglich als Rohkost. Bei Durchfall sind schwer verdauliche und blähende Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Kohlgemüse zu meiden, genauso wie kohlensäurereiche Getränke. Die Mahlzeiten sind auf fünf bis acht kleine Portionen pro Tag zu verteilen, leicht verdauliche Kost wie Hafer-, Reisschleimsuppen, Cremesuppen mit Toast- und Weißbrot sind zu bevorzugen. Joghurt mit Milchsäurebakterien helfen, die Darmflora wieder aufzubauen.

Wer unter einer Laktoseunverträglichkeit leidet, greift im Supermarkt zu laktosefreien Milchprodukten. Lange gereifte Hartkäse wie der Parmesan sind von Natur aus laktosefrei. Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt und Kefir sind besser verträglich. Beim Einkauf auf den Verpackungen auf die Zusatzstoffliste der Lebensmittel achten. Besonders Fleisch- und Wurstwaren, aber auch andere Fertigwaren können Laktose enthalten.

Ein großes Problem sind Fettstühle. Handelsübliche Fette und Öle bestehen größtenteils aus langkettigen Fettsäuren. Diese sind durch Fette aus mittelkettigen Fettsäuren zu ersetzen. Solche MCT-Fette werden ohne speziellen Transporter aus dem Darm aufgenommen. Bei Fettstühlen können sich leicht Nierensteine entwickeln, weil die Oxalsäure im Darm nicht mehr gebunden werden kann und in die Blutbahn aufgenommen wird. Ab einer gewissen Menge kann die Niere die Oxalsäure nicht mehr ausschwemmen. Oxalsäurereiche Lebensmittel wie Spinat, Rhabarber, Rote Beete, Mangold und Kakaopulver sind daher zu meiden. Das gilt auch für schwarzen Tee; er ist reich an Oxalsäure. Tipp: Mit dem Arzt besprechen, ob es notwendig ist, fettlösliche Vitamine und Enzyme zu ergänzen.

Wenn die Ernährung allein nicht reicht

»Reichen diese Maßnahmen nicht aus, prüfen wir andere«, so Rötzer. Eine Ernährung über eine Magensonde, also der enterale Weg, oder über einen Venenkatheter direkt ins Blut, die parenterale Ernährung, ist eine Option, wenn alle anderen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg brachten. Vorher sind hochkalorische Trinknahrungen eine Unterstützung.

An diesem Punkt kommt die PTA ins Spiel. »Toll ist, wenn Patienten schon in der Apotheke über die Unterschiede der verschiedenen Präparate beraten werden. Es gibt beispielsweise Produkte mit und ohne Ballaststoffe oder mit mehr oder weniger Eiweiß«, regt Rötzer an. Und ergänzt: »Hilfreich sind auch Praxistipps, etwa, dass die Produkte kühl angenehmer sind und gerne langsam getrunken werden können.« Manchmal kann auch die Empfehlung sinnvoll sein, sich an eine professionelle Ernährungsberatung zu wenden.

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