Erste S3-Leitlinie erschienen |
Sven Siebenand |
30.07.2025 08:00 Uhr |
Eher selten zeigen sich Tumoren der Schilddrüse in deutlich nach außen hin sichtbaren Schwellungen. / © Adobe Stock/Andriy Blokhin
Schilddrüsenkarzinome sind selten. Pro Jahr erkranken daran in Deutschland etwa 6000 Menschen. Die Prognose ist im Vergleich zu anderen Tumoren günstig. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt für Frauen bei 94 Prozent, für Männer bei 88 Prozent. Ein Grund dafür ist, dass die Karzinome oft in einem frühen Stadium diagnostiziert werden. Etwa zwei Drittel aller Schilddrüsenkarzinome zählen zu der papillären Form. Es gibt aber auch einige andere Typen des Karzinoms, etwa das follikuläre, das medulläre und das anaplastische Schilddrüsenkarzinom. Die wichtigste Behandlungsmethode des Schilddrüsenkarzinoms ist die Operation, mit der der Tumor möglichst vollständig entfernt wird. Häufig wird dabei die komplette Schilddrüse herausgenommen. Der Koordinator der Leitliniengruppe, Professor Dr. Andreas Bockisch, empfiehlt: »Gerade bei einer seltenen Tumorart wie dem Schilddrüsenkarzinom ist es sinnvoll, sich für die Behandlung in einem zertifizierten Zentrum zu entscheiden. Hier liegt umfassende Erfahrung vor und bezogen auf die Chirurgie bedeutet das, dass die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Tumorresektion höher und die Komplikationsrate niedriger ist.«
Da verschiedene Varianten des Karzinoms Iod anreichern, können diese mit der Radioiodtherapie behandelt werden. In der Leitlinie wird informiert, wann eine solche sinnvoll ist und wann nicht. Nicht möglich ist eine Radioiodtherapie bei medullären Schilddrüsenkarzinomen. Diese entstehen aus den C-Zellen der Schilddrüse, die das Hormon Calcitonin bilden, und speichern kein Iod. Sie können nur durch eine Operation geheilt werden, haben aber eine relativ gute Prognose. Medulläre Schilddrüsenkarzinome machen etwa 5 Prozent aller Schilddrüsenkarzinome aus.
Das Thema Nachsorge wird in der Leitlinie in einem eigenen Kapitel betrachtet. Fernmetastasen und Lokalrezidive bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen treten auch nach vielen Jahren noch auf, weshalb die Leitlinienautoren dazu raten, eine Nachsorge über mindestens zehn Jahre durchzuführen. Da Rezidive aber meist in den ersten fünf Jahren nach Ersterkrankung auftreten, sind die Nachsorgeuntersuchungen in diesem Zeitraum besonders wichtig und sollen alle sechs Monate erfolgen. Nach fünf Jahren sollen sie noch alle zwölf Monate erfolgen.
Die Halssonografie, eine risikofreie Methode, hat in der Nachsorge einen hohen Stellenwert. Dazu heißt es in der Leitlinie: »Die Halssonografie soll Bestandteil jeder Nachsorgeuntersuchung sein und soll die systematische Untersuchung des Schilddrüsenbettes sowie der zentralen und lateralen Lymphabflussgebiete der Schilddrüsenregion beinhalten.«
Für den Fall von Tumorpersistenz, eines Rezidivs oder Metastasen enthält die Leitlinie Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Ein Kapitel widmet sich dabei auch der Frage, wann die Indikation zur systemischen Therapie besteht und mit welchen Medikamenten diese durchgeführt werden soll. Je nach Karzinomform und Therapiesituation könnten dann Kinasehemmer wie Sorafenib, Lenvatinib und Cabozantinib zum Einsatz kommen.
In ihrer Pressemitteilung geht die Deutsche Krebsgesellschaft auch auf das seltene, hochaggressive anaplastische Schilddrüsenkarzinom ein. Typisch sei eine schnell fortschreitende, schmerzlose Schwellung, die bei der Erstvorstellung häufig bereits Schluckbeschwerden oder Heiserkeit auslöst. Aufgrund des raschen Voranschreitens des Tumors komme es auf schnelles Handeln an.