Es zählt der Mensch mit seiner Geschichte |
Hand in Hand den Demenz-Herausforderungen begegnen / © Adobe Stock/Ocskay Bence
Demenz betrifft viele in unserer Gesellschaft in unterschiedlicher Weise: Erkrankte, Angehörige, Ausübende der Gesundheitsberufe. Laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft lebten 2023 rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland, davon etwa 445.000 Neuerkrankte über 65 Jahre. 2050 könnten bereits bis zu 2,7 Millionen Menschen aus dieser Altersgruppe erkrankt sein, sofern kein Durchbruch in Prävention oder Therapie gelingt.
Demenz bezeichnet den Abbau und Verlust kognitiver Fähigkeiten, die mit der Zeit voranschreiten und die Alltagsaktivitäten der Erkrankten beeinträchtigen. Aufmerksamkeit, Lernen, Gedächtnis, Orientierung, Urteilsvermögen und planendes Handeln – auch als exekutive Funktionen bezeichnet – sowie Sprache, Motorik und Fähigkeiten zum sozialen Austausch mit anderen – soziale Kognition – können betroffen sein.
Erkrankte verlernen also auch, mit anderen Menschen »umzugehen«. Das ist wichtig für Angehörige und Pflegende zu wissen, um Verständnis für den Erkrankten zu entwickeln und etwa ein Nichtgrüßen beim Besuchsantritt nicht als Kränkung zu verstehen.
Es gibt verschiedene Demenzformen. Am häufigsten ist die tödlich verlaufende Alzheimer-Demenz, gefolgt von der vaskulären Demenz, der Lewy-Körper-Demenz und der Frontotemporalen Demenz. Eine Demenz kann in jedem Alter auftreten, das Risiko steigt aber mit höherem Alter stark an. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Aus dem Welt-Alzheimer-Bericht 2024 geht hervor, dass die Stigmatisierung der Krankheit in der Öffentlichkeit und bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe steigt: Von 40.000 befragten Personen aus 166 Ländern halten 80 Prozent der Öffentlichkeit und 65 Prozent der Fachkräfte im Gesundheits- und Pflegebereich Demenz für einen normalen Teil des Alterns, nicht für eine Erkrankung. 2019 glaubten dies 66 Prozent beziehungsweise 62 Prozent. Gleichzeitig meiden 31 Prozent der Menschen mit Demenz soziale Situationen, weil sie sich Sorgen über die Reaktionen anderer machen. Und 47 Prozent der pflegenden Angehörigen nehmen keine Einladungen mehr an, Familie und Freunde zu besuchen.
Viele Menschen mit Demenz und oft ihre Angehörigen sind demnach sozial isoliert. Der Kommunikationsabbruch findet auch binnen der Familie statt, zwischen Angehörigen und dem Erkrankten. »Dabei brauchen Menschen mit Demenz Mitmenschen, die mit ihnen in Beziehung treten, die ihnen ein Stück weit ihre Unsicherheiten und Ängste nehmen, ihren Tagesablauf koordinieren und ihnen das Gefühl geben, als gleichwertige Person gehört, verstanden und angenommen zu sein«, sagt Dr. Joachim Heil, Autor des Ratgebers »Menschen mit Alzheimer & anderen Demenzen fördern und beschäftigen«, gegenüber PTA-Forum.
Beschäftigung, so Heil, zählt zu den wichtigsten Bedürfnissen von Menschen mit Demenz. So können sie sich im Alltag als gleichwertige Person mit einer einzigartigen Persönlichkeit erfahren, ihre verbleibenden Fähigkeiten und Fertigkeiten und somit ihre Selbstachtung erhalten.
Heil leitet die Servicestelle für Patienten mit kognitiven Einschränkungen oder Demenz der Universitätsmedizin Mainz, ist zudem examinierter Krankenpfleger. Er arbeitet direkt mit Patienten, berät Angehörige und Pflegende in der Versorgung von Menschen mit Demenz und unterrichtet in der Ausbildung der Gesundheitsfachberufe. Aus seiner Sicht gelingt ein Miteinander am besten über den sogenannten personenzentrierten Ansatz, umgesetzt mit einer liebevoll zugewandten Haltung.