Esketamin-Nasenspray direkt an die Arztpraxis abgeben |
Juliane Brüggen |
24.06.2021 14:00 Uhr |
Nasensprays werden nicht nur angewendet, um eine lokale Wirkung an der Nasenschleimhaut zu erzielen. Manchmal dient das Nasenspray zur Applikation eines systemisch wirksamen Arzneistoffs, zum Beispiel bei Fentanyl oder Esketamin. / Foto: Adobe Stock/Anton
Das Esketamin-Nasenspray (Spravato® 28 mg Nasenspray von Janssen-Cilag) ist schweren Fällen der Depression vorbehalten. Es wird angewendet bei Erwachsenen mit therapieresistenter Major Depression, die in einer aktuellen mittelgradigen bis schweren depressiven Episode auf mindestens zwei antidepressive Therapien nicht angesprochen haben. Hierbei wird es immer mit einem anderen Antidepressivum kombiniert – entweder mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder mit einem Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI).
Zudem kommt das Nasenspray in psychiatrischen Notfallsituationen zum Einsatz, um depressive Symptome schnell zu lindern. Voraussetzung ist, dass der Patient bereits eine orale antidepressive Therapie erhält.
Der Patient benutzt das Nasenspray zwar selbst, aber nur unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal in einer Arztpraxis oder Klinik. Das dient der Sicherheit, da direkt nach der Applikation bestimmte Symptome auftreten können – insbesondere:
Die Nachbeobachtung endet, wenn der Patient klinisch stabil ist. Laut einer Studie ist dies häufig innerhalb von 90 Minuten nach der Anwendung der Fall.
PTA und Apotheker geben das Esketamin-Nasenspray direkt an die Arztpraxis oder die Klinik ab, in der der verschreibende Arzt arbeitet, nicht an den Patienten. Der Arzt ist verpflichtet, dies auf dem Rezept zu vermerken. Fehlt ein solcher Hinweis, kann ein Apotheker das Rezept laut § 2 Absatz 3a der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) entsprechend ergänzen, wenn für ihn erkennbar ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit dem Arzt nicht möglich ist.
Die Vorsichtsmaßnahmen sind zum einen wichtig, um die Nachbeobachtung der Patienten sicherzustellen, und zum anderen, um das Risiko des Arzneimittelmissbrauchs zu reduzieren.
In Deutschland wird Spravato aktuell aber nur im stationären und nicht im ambulanten Bereich eingesetzt.
Aus klinischen Studien ist nicht bekannt, dass Patienten unter Esketamin-Nasenspray süchtiges Verhalten zeigen. Da Ketamin, ein racemisches Gemisch aus Arketamin und Esketamin, aber als missbräuchlich verwendete Freizeitdroge bekannt ist, wird das Risiko des Arzneimittelmissbrauchs ernst genommen.
Folgende Anzeichen weisen darauf hin, dass Esketamin-Nasenspray missbräuchlich verwendet wird oder eine Abhängigkeit besteht:
Foto: Adobe Stock/contrastwerkstatt
Schulungsmaterial zum Esketamin-Nasenspray Spravato bietet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für Ärzte und Patienten an.
Sehr häufige Nebenwirkungen des Esketamin-Nasensprays sind Schwindel, Übelkeit, Dissoziation, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Dysgeusie (Schmeckstörung), Hypoästhesie (herabgesetzte Berührungsempfindung) und Erbrechen. „Sehr häufig“ heißt, dass die Nebenwirkung bei mehr als einem von zehn Behandelten auftritt. Der Arzneistoff kann zudem vorübergehend den Blutdruck erhöhen. Spitzenwerte werden etwa 40 Minuten nach der Anwendung erreicht. Des Weiteren sind die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen deutlich gemindert.
Patienten, bei denen ein erhöhter Blutdruck oder ein erhöhter intrakranieller Druck ein schwerwiegendes Risiko darstellt, dürfen Esketamin nicht erhalten. Das ist bei Gefäßaneurysmen, intrazerebraler Blutung in der Anamnese oder kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt in den letzten sechs Wochen der Fall. Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der anderen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel ebenfalls kontraindiziert.
Die Nasenpray-Applikatoren sind zur einmaligen Anwendung vorgesehen. Jeder Applikator enthält 28 mg Esketamin und gibt genau zwei Sprühstöße ab – einen Sprühstoß pro Nasenloch. Die Dosis kann von einem Sprühstoß bis zu drei Sprühstößen pro Nasenloch variieren.
Sowohl die Akut- als auch die Dauertherapie beginnt in den ersten vier Wochen mit einer zweimal wöchentlichen Applikation. Bei einer langfristigen Behandlung schließt sich eine Erhaltungsphase an, in der das Nasenspray zunächst für weitere vier Wochen einmal wöchentlich verwendet wird. Haben sich die Symptome gebessert, sollte die Therapie mindestens sechs Monate fortgesetzt werden – entweder mit einer Applikation pro Woche oder alle zwei Wochen.