Essen und die Umwelt schonen |
Was wir essen, beeinflusst das Wohlergehen des blauen Planeten maßgeblich. / Foto: Adobe Stock / Khongtham
Selbst kochen oder schnell etwas beim Imbiss holen, Äpfel aus der Region oder die Ananas aus Südamerika kaufen, Fleisch zum Mittagessen oder lieber etwas vegetarisches – jeden Tag treffen Menschen viele kleine Entscheidungen, die mit dem Essen zu tun haben. Jede Wahl wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit aus. Die Produktion, Verarbeitung und der Konsum von Lebensmitteln ist maßgeblich am Anstieg der Treibhausgase und damit am weltweiten Klimawandel beteiligt. Das betrifft besonders die Konzentration der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CO4) und Lachgas (N2O). Gletscher schmelzen ab, Überschwemmungen, Stürme und Waldbrände häufen sich, der Meeresspiegel steigt an – Die Auswirkungen der globalen Erwärmung sind bereits sichtbar, und das Gleichgewicht des Ökosystems und die Ernährungsgrundlage der Weltbevölkerung gefährdet.
In Deutschland gehen etwa 20 Prozent aller Emissionen an Treibhausgasen auf das Konto der Ernährung. Ernährungsbedingte Emissionen entstehen vom Feld bis zum Teller. Etwa die Hälfte stammt aus der Landwirtschaft, meist aus der Produktion tierischer Nahrungsmittel. Auch Verbraucheraktivitäten im privaten Haushalt leisten einen wesentlichen Beitrag, zum Beispiel durch das Kühlen und Erhitzen von Lebensmitteln oder durch Einkaufsfahrten mit dem Auto. Bei stark verarbeiteten oder eingeflogenen Lebensmitteln können auch andere Bereiche der Produktkette große Emissionen verursachen, wie die Lebensmittelverarbeitung oder der Transport.
Gemäß der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sind 14,5 bis 18 Prozent der gesamten von Menschen gemachten Treibhausgase der Haltung von Tieren zuzuschreiben – mehr als dem gesamten Verkehrssektor zukommt. Eine zentrale Ursache für die starke Klimabelastung tierischer Nahrungsmittel ist der höhere Energieeinsatz meist aus fossilen Energieträgern wie Erdöl, Erdgas und Kohle, bei deren Verbrennung CO2 entsteht. Vor allem die Herstellung synthetischer Stickstoffdünger, die in der konventionellen Landwirtschaft für die Produktion von Futterpflanzen nötig sind, verbraucht sehr viel Energie. Zum anderen werden Wirtschaftsdünger wie Gülle, das heißt Exkremente von Nutztieren, auf die Felder ausgebracht. Gülle enthält Kalium, Phosphor und Stickstoff. In Deutschland ist eine übermäßige Düngung mit Stickstoff ein großes Problem. Denn zu viel Sticksoff im Boden kann zu Lachgas umgewandelt werden: ein Klimagas, das für die Atmosphäre 300-mal schädlicher ist als Kohlendioxid.
Zudem verwenden die Tiere die in der pflanzlichen Nahrung enthaltene Energie überwiegend für ihren eigenen Stoffwechsel und um »nicht fleisch-lieferndes« Gewebe aufzubauen. Durch diese sogenannten »Veredelungsverluste« geht ein Großteil des Energiegehaltes von pflanzlichen Nahrungsmitteln verloren, sodass ein Vielfaches an Futterpflanzen für die Erzeugung tierischer Produkte notwendig ist. Daher ist es viel effizienter, Pflanzen direkt als Nahrung für den Menschen zu nutzen, anstatt sie an Tiere zu verfüttern. Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst haben eine zehn- bis 30-mal bessere Klimabilanz als Fleisch.
Die industrielle Landwirtschaft setzt häufig importiertes Soja aus Südamerika ein, etwa 80 Prozent davon landet im Tierfutter. Nur ein Bruchteil der Ernte dient direkt der Ernährung des Menschen. Für den Anbau von Soja werden in Brasilien und Argentinien große Flächen Regenwald- und Savannenflächen zerstört. Das verursacht unter anderem riesige CO2-Emissionen, denn vor allem die Bäume sind neben den Meeren wichtige Kohlenstoffspeicher.
Zusätzlich setzen Wiederkäuer wie Rinder und Schafe Methan bei der Verdauung von Nahrung im Magen frei, was die schlechte Klimabilanz von Rinderprodukten im Vergleich zu Geflügel- oder Schweinefleisch erklärt (siehe Tabelle). Methan ist 20-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Auch weiterverarbeitete tierische Produkte wie Butter, Käse und Sahne schneiden schlecht ab. Denn um beispielsweise Butter herzustellen, benötigen Landwirte viel Milch, etwa fünf Liter für ein Päckchen (250 Gramm) Butter. Das bedeutet wiederum, dass viele Milchkühe gehalten werden müssen.
In den Medien ist häufig zu lesen, dass Rinder die »Klima-Killer« schlechthin seien. Für Rinder im Stall, die große Mengen Kraftfutter erhalten, das womöglich von weit her importiert wurde, trifft das auch zu. Demgegenüber bietet die Haltung auf dem Grünland Vorteile für die Natur. Zum Beispiel braucht Gras die Beweidung der Tiere, um zu wachsen. Durch Fotosynthese nehmen Gräser CO2 auf und lagern es langfristig im Boden ein. Es entsteht Humus, der die Bodenfruchtbarkeit verbessert. Diese Haltungsform ist daher bezüglich der Emissionen an Treibhausgasen günstiger einzuschätzen als industrielle Massenhaltungssysteme.
Biobetriebe benötigen im Vergleich zu konventionellen Betrieben deutlich weniger Energie pro Hektar. Das heißt, sie produzieren auch weniger Treibhausgase. Das liegt vor allem daran, dass die ökologische Landwirtschaft mineralische Stickstoffdünger. deren Herstellung sehr viel Energie kostet, in deutlich geringerem Maße einsetzt. Dadurch wird auch weniger Lachgas freigesetzt. Durch den Anbau von Kleegras und Leguminosen als Zwischenfrucht und Gründüngung haben Bioackerböden außerdem höhere Humusgehalte. Daher binden sie im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Böden deutlich größere Mengen an CO2 und entziehen es so der Atmosphäre. Biobetriebe erzielen aber geringere Erträge pro Fläche, die Vorteile für das Klima werden dann durchschnittlich geringer. Bezogen auf die gleiche Ertragsmenge schneidet Bioware daher nicht unbedingt besser ab als konventionelle Ware.
Es ist sehr komplex, bio- und konventionelle Lebensmittel zu vergleichen. Je nach Studie und Lebensmittel fallen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus. Die jeweilige Anbau-, Aufzucht- und Erzeugungsweise hat einen großen Einfluss auf die freigesetzten Treibhausgase. Daher ist eine pauschale Aussage, ob Bio für das Klima besser ist, kaum möglich. Trotzdem hat der ökologische Landbau sehr viele positive Wirkungen auf die Umwelt, zum Beispiel auf die Biodiversität, den Tierschutz sowie den Boden- und Grundwasserschutz.
Unabhängig ob Bio oder konventionell: Der Anteil tierischer Lebensmittel nimmt eine Schlüsselrolle im Hinblick auf den Klimaschutz ein. Durch eine verstärkt pflanzliche Kost könnten die Emissionen an Treibhausgasen um mehr als die Hälfte sinken.
Bananen aus Südamerika, Kiwis und Äpfel aus Neuseeland oder Erdbeeren im Winter. Das ganze Jahr über bietet der Handel Waren aus aller Welt an. Hierfür legen die Lebensmittel häufig weite Strecken zurück. Die weitaus größte Menge für den deutschen Markt wird mit dem LKW transportiert. Bahn-, Binnen- und Hochseeschiffe und das Flugzeug befördern dagegen nur geringe Mengen. LKWs stoßen dabei deutlich mehr Treibhausgase aus als die Bahn. Hochseeschiffe weisen den niedrigsten Umweltverbrauch pro Kilometer auf, wären da nicht die langen Wegstrecken. Extrem klimaschädlich sind Flugtransporte aus Übersee. Obwohl nur ein sehr geringer Teil der Güter aus Übersee kommt, machen die Wegstrecken im Vergleich zu allen anderen Lebensmitteln über zwei Drittel des Transportaufwandes aus. Will man klimafreundlich konsumieren, sollte man daher auf heimische Produkte zurückgreifen und darauf achten, woher die Ware kommt. Leider kann der Kunde nicht erkennen, auf welchem Weg das Lebensmittel in den Supermarkt gelangt, denn eine Kennzeichnung gibt es nicht. Fisch aus Afrika, Spargel aus Peru, Bohnen aus Kenia – Diese Lebensmittel werden vermutlich mit dem Flugzeug transportiert. Auch leicht verderbliche exotische Früchte wie Papayas, Mangos oder Ananas sind Luftfracht.
Insgesamt macht die Transportstrecke nur einen geringen Anteil an den Gesamtemissionen der Lebensmittelherstellung aus – mit Ausnahme von Waren, die per Flugzeug transportiert werden natürlich. Wenn beispielsweise verkürzte Strecken dazu führen, dass Gemüse und Obst in beheizten Treibhäusern angebaut werden, was beispielsweise in südlichen Regionen nicht sein müsste, könnten die eingesparten Transport-Emissionen durch den erhöhten Energieaufwand wieder aufgehoben werden. Daher ist immer der Blick auf das Gesamtsystem für eine Bewertung wichtig. Die meisten Transportemissionen werden übrigens frei, wenn Verbraucher mit dem Auto zum Einkaufsort fahren. Wer den Weg zum (Super-)Markt mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegt oder seine Einkäufe gut plant und mit anderen Wegen kombiniert, tut neben der Umwelt auch seiner Gesundheit etwas Gutes.
Allein der Grundsatz »regional« greift in Sachen Klimaschutz zu kurz. Beispielsweise sind Gurken im Winter zwar regional, kommen sie aber aus dem beheizten Treibhaus oder Folientunnel, kostet das sehr viel Energie. Im Treibhaus wird 34-mal mehr Primärenergie verbraucht als im Freiland, im Folientunnel sogar 200-mal mehr. Die CO2-Emissionen liegen entsprechend 18- beziehungsweise 100-mal höher. Daher sollte man zu Gemüse und Obst greifen, das hier in Deutschland wächst und zwar im Idealfall im Freiland oder zumindest im (unbeheizten) Gewächshaus. Und das Gute: Die Auswahl ist zu jeder Jahreszeit vielseitig. Bei der Orientierung, wann welche Gemüse- und Obstarten klassischerweise geerntet werden, also »Saison haben«, helfen Saisonkalender. Sie werden zum Beispiel von den Verbraucherzentralen oder dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) herausgegeben.
In Deutschland landen entlang der Wertschöpfungskette pro Jahr etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Schätzungen der FAO zufolge gelangen mehr als drei Gigatonnen Treibhausgase durch weggeworfenes Essen völlig unnötig in die Atmosphäre. Wäre die Verschwendung von Lebensmitteln ein Land, wäre es das Land mit den drittgrößten CO2-Emissionen nach China und den USA. Viele Lebensmittel werden schon bei der Herstellung, beim Transport oder der Lagerung verschwendet. Fast zwei Drittel aller Abfälle fallen jedoch in Privathaushalten an. Im Schnitt wirft jeder deutsche Bundesbürger pro Jahr etwa 81 Kilogramm Essen weg. Durch bedarfsgerechtes Einkaufen, Verwertung von Essensresten und die sachgerechte Lagerung von Lebensmitteln lassen sich viele Abfälle vermeiden.
Hoch verarbeitete Produkte schneiden in der CO2-Bilanz in der Regel schlechter ab. Beispiele sind Erhitzungsprozesse oder Trennvorgänge bei der Herstellung von isolierten Zuckern, Auszugsmehlen und Ölen. Besser bekommt es dem Klima, wenn man Lebensmittel auswählt, die möglichst wenige Verarbeitungsschritte durchlaufen haben wie Vollkornprodukte, Roh-Rohrzucker oder frisches Obst und Gemüse.
Einen großen Teil der Klimabilanz macht das Verbraucherverhalten im eigenen Haushalt aus, zum Beispiel der Umgang mit Küchengeräten. Mit Ökostrom betrieben, ist der Elektroherd klimafreundlicher. Bei Haushaltsgeräten, besonders bei Kühlgeräten, sollte auf eine energiesparende Klasse geachtet werden. Das Beste ist jedoch, möglichst viel Energie einzusparen. Mit kleinen Handgriffen kann man schon viel bewirken, beispielsweise Kochtöpfe mit Deckel nutzen, den Kühlschrank nur kurz öffnen und gekochte Lebensmittel vor dem Einfrieren gut auskühlen lassen.
Einen guten Anhaltspunkt für einen klimafreundlichen Speiseplan bietet die »Planetary Health Diet« der EAT-Lancet-Kommission. Die Wissenschaftler geben darin konkrete Empfehlungen, wie in Zukunft alle Menschen gesund ernährt werden können, ohne den Planeten zu zerstören. Die internationalen Experten wollen damit eine wissenschaftliche Basis für Veränderungen schaffen. Hauptbestandeile einer gesunden und klimaschonenden Ernährung sind demnach täglich Vollkornprodukte, Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte und ungesättigte Pflanzenfette. Ergänzt werden kann der Speiseplan durch kleine Mengen Milchprodukte und wenig Fleisch, Eier und Fisch. Aber auch eine vegetarische oder vegane Umsetzung ist möglich.
Mit einem klimaoptimierten Ernährungsstil kann der Ausstoß an Treibhausgasen im Bereich Ernährung um mehr als die Hälfte sinken. Kommt die benötigte Energie aus erneuerbaren Quellen, lässt sich die Klimabelastung noch deutlich stärker reduzieren. Es sind keine pauschalen Aussagen zur Klimawirkung verschiedener Lebensmittel möglich. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen weist jedoch darauf hin, dass eine Ernährungsweise mit wesentlich weniger tierischen Produkten den größten Effekt hat. Eine klimafreundliche Ernährung besteht daher bevorzugt aus pflanzlichen Produkten, regionalen und saisonalen Lebensmitteln sowie ökologischen Erzeugnissen. Selbst kleine Änderungen in den Essgewohnheiten können zum Klimaschutz beitragen. Gemäß dem Motto des diesjährigen World Earth Day: »Jeder Bissen zählt«.