| Katja Egermeier |
| 03.12.2025 10:00 Uhr |
Die Schadstoffe finden sich besonders häufig in Plastikspielzeug. / © Getty Images/Isabel Pavia
Für Seniorprofessor Dr. Josef Köhrle vom Institut für Experimentelle Endokrinologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin stehen dabei vor allem die sogenannten Endokrinen Disruptoren (EDC) im Fokus. EDC können die Funktion der Hormonsysteme schon in sehr kleinen Mengen nachhaltig beeinflussen. »Diese EDC sind allgegenwärtig in unserer Umwelt, in der Nahrung, im Trinkwasser, in Körperpflegemitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens. Und sie können eben auch in Kinderspielzeug zu finden sein«, warnt Köhrle.
Der Endokrinologe warnt insbesondere vor günstigen Importwaren, die vor allem über große Online-Marktplätze verbreitet werden. Viele dieser Produkte entsprächen nicht den deutlich strengeren EU-Richtlinien: »Wir sehen, dass besonders preiswerte Produkte aus dem Internet wiederholt durch hohe Schadstoffgehalte aufgefallen sind.«
Zu den wichtigsten in Kinderspielzeug nachgewiesenen EDC zählen Phthalate, Bisphenole, Weichmacher, bromierte Flammschutzmittel, Ewigkeitschemikalien (PFAS) oder sogar Pestizidrückstände und Schwermetalle wie Kadmium und Blei. Die Schadstoffe fänden sich vor allem in Kunststoffen, aber auch in Lacken, Beschichtungen oder Textilien wie zum Beispiel Puppenkleidern, Kinderkleidung und -decken sowie Kindergeschirr, erklärt Köhrle.
Kinder sind aus Sicht des Endokrinologen besonders gefährdet, da bei ihnen die Haut- und Schleimhautbarriere noch nicht vollkommen ausgereift ist. Hinzu komme das typische Hand-in-den-Mund-Verhalten von Kindern, das die EDC-Belastung massiv erhöhen könne. Daten zufolge kann durch EDC die Gehirnentwicklung, vor allem aber die Fruchtbarkeit sowie der Kohlenhydrate- und Fettstoffwechsel beeinträchtigt werden.
Köhrle rät daher zum Kauf von hochwertigen, möglichst mit geprüften Siegeln versehenen Produkten. »Sehr aufdringlich riechende Waren, die zum Beispiel nach Formaldehyd oder Plastik riechen, sollten nicht benutzt werden.« Und auch von der Weitergabe von altem, gebrauchtem Spielzeug rät er ausdrücklich ab. Denn der Anteil schädlicher Substanzen darin sei häufig noch viel höher und viele der endokrinen Disruptoren zudem sehr langlebig.
Für Eltern sei es häufig nur schwer erkennbar, ob ein bestimmtes Produkt unbedenklich ist oder nicht. »Sie allein können das Problem nicht lösen.« Dennoch trage jede bewusste Kaufentscheidung und jeder kritische Blick auf vermeintliche Schnäppchen dazu bei, die Belastung für Kinder zu reduzieren.
Von den zuständigen deutschen Behörden fordert der Endokrinologe konsequente politische Maßnahmen und die Umsetzung der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (CSS) aus dem Jahr 2020. Sie bewertet hormonaktive Stoffe gleichermaßen streng wie krebserregende oder erbgutschädigende Substanzen. EDC dürften daher ebenso nicht mehr in den Verkehr gebracht werden – schon gar nicht in Kinderspielzeug, so Köhrle. Die DGE hatte bereits im Sommer dieses Jahres in einem offenen Brief wirksamere politische Maßnahmen gefordert, um die Belastung mit endokrinen Disruptoren zu verringern.