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Gesund und nachhaltig

Fermentiertes liegt im Trend

Was vor Tausenden von Jahren in verschiedenen Hochkulturen begann, wird auch in der modernen Ernährung geschätzt. Fermentiertes ist gesund, schmackhaft und einfach herzustellen. Zudem macht es regionale Lebensmittel ohne Energiezufuhr für Wintermonate haltbar, passt also zweifach gut in eine klimafreundliche Ernährung.
Cornelia Höhn
24.10.2024  08:30 Uhr

Die alte Technik nutzten bereits Babylonier zur Käseherstellung, Ägypter für Sauerteigbrot. Auch Japan blickt auf eine lange Tradition zurück, hier werden Ingwer und Rettich eingelegt sowie verschiedene fermentierte Sojaprodukte verzehrt. Und Kimchi ist seit jeher ein koreanisches Nationalgericht.

Als in späteren Jahrhunderten eine Vielzahl von Seeleuten in Ermangelung frischer Lebensmittel an der Vitamin-C-Mangelkrankheit Skorbut starb, nahm erstmals James Cook große Mengen Sauerkraut mit auf seine Weltumseglung. Bei der Rückkehr nach drei Jahren hatte er kaum Skorbut-Tote zu beklagen. Die Fermentationsbakterien, die aus Weißkohl Sauerkraut machen, produzieren nämlich auch Vitamin C.

Das lateinische Wort fermentum bedeutet Gärung, also enzymatische oder mikrobielle Umwandlung von organischen Stoffen. Den Ausdruck »Fermentation ist das Leben ohne Luft« prägte im 19. Jahrhundert dann Louis Pasteur. An der Luft verdirbt Nahrung durch aerobe Prozesse wie Schimmelbildung, während beim Fermentieren anaerobe Mikroorganismen die Oberhand gewinnen.

Heutzutage unterscheidet man prinzipiell zwei Arten des Fermentierens: Entweder es werden Starterkulturen zugegeben, also Bakterien, Pilze oder Hefen, die den Vorgang anschieben, oder es werden Mikroorganismen genutzt, die sich schon auf der Oberfläche eines Lebensmittels tummeln. Letzteres nennt man auch spontane oder wilde Fermentation.

Fast ein Drittel unserer täglichen Lebensmittel hat einen der beiden Prozesse durchlaufen – zur Haltbarmachung oder zur aromatischen Veredelung, etwa Sauerkraut, Oliven, Joghurt, Kefir, Käse, Sauerteig, Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade, Bier, Wein, Whisky, Miso, Natto, Tempeh, Sojasoße oder Essig.

Nützliche Keime

Verschiedene Arten von Milchsäurebakterien sind die häufigsten Fermentationskeime. Sie verwandeln nicht nur Weißkohl zu Sauerkraut, sondern werden praktisch zur Herstellung aller sauer eingelegten Gemüse gebraucht. Käse, Joghurt und andere Sauermilchprodukte entstehen durch Milchsäuregärung, nachdem Milch mit Milchsäure- und Bifidobakterien angeimpft wurde. Beim Abbau von Lactose mischt zudem Streptococcus thermophilus mit. Hartkäse, aber auch hausgemachter Joghurt wird so für Menschen mit Lactoseintoleranz besser verträglich.

In den Reifeprozess von Lebensmitteln greifen aber auch andere nützliche Keime ein:

  • Schimmelfermente wie Penicillinum lassen Blauschimmelkäse entstehen.
  • Für die Milchkefirherstellung wird eine Kefirknolle genutzt. Mit ihr kommen zusätzlich zu unterschiedlichen Bakterien noch Hefen ins Spiel, die Kohlensäure bilden.
  • Bei der Sauerteigherstellung arbeiten Laktobazillen und Hefen zusammen. Während der langen Reifezeit des Teigs wird Gluten abgebaut, so wird Getreide bekömmlicher.
  • Bei der Wein- und Bierherstellung bedient man sich hingegen der alkoholischen Gärung. Mittels Hefekulturen werden Stärke und Zucker in Ethanol und Kohlensäure umgewandelt.
  • Der Kombuchapilz Scoby macht aus gezuckertem Grün- oder Schwarztee ein fermentiertes koffeinhaltiges Getränk mit einem hohen Restzuckergehalt und bis zu zwei Prozent Alkohol.
  • Um Essig zu erhalten, wird Ethanol mithilfe der Essigsäurebakterien enthaltenden Essigmutter vergoren.

Da beim Pasteurisieren industriell hergestellter Produkte gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe unwirksam werden, raten Experten, täglich auch Fermentiertes aus eigener Herstellung zu essen, um von den positiven Effekten zu profitieren. Die darin enthaltenen Mikroorganismen haben für unseren Gastrointestinaltrakt Fette und Proteine, vor allem aber Kohlenhydrate, schon vorverdaut, sodass er weniger gefordert ist. Eingelegtes Gemüse regt im Magen die Bildung von Magensäure an und hilft dadurch mit, dass Nahrung vor dem Weitertransport in den Dünndarm adäquat auf die dort stattfindende Resorption vorbereitet ist.

Besser hausgemacht

In Ländern, in denen selbst Fermentiertes regelmäßig auf den Teller kommt, stellten Forschende eine sehr gute Darmgesundheit und eine größere mikrobielle Artenvielfalt fest. Bis der Darm sich an die verspeisten Mikroorganismen gewöhnt hat, sind Blähungen häufig, weshalb diese Lebensmittel besser langsam in den Speiseplan eingeführt werden. Empfohlen sind ein bis zwei Esslöffel vor jeder Hauptmahlzeit. Nach der Eingewöhnung unterstützt Fermentiertes eine normale Verdauung, verbessert die Darmpassage und reduziert Blähungen.

Beim Verzehr von sauer eingelegten Gemüsen wird also eine Vielzahl lebender Mikroorganismen mitgegessen, die probiotische Wirkungen entfalten. In der Folge produziert das Dickdarmmikrobiom mehr kurzkettige Fettsäuren wie Essig- und Buttersäure. Die wiederum schützen nicht nur die Darmschleimhaut, sie sorgen auch dafür, dass nützliche Bakterienstämme die Oberhand gewinnen und krankmachende Eindringlinge nur schwer überleben.

Sauer hält gesund 

In Studien zeigten Teilnehmende neben einem artenreichen Mikrobiom auch niedrige Entzündungsparameter. Möglicherweise sinkt damit das Risiko chronischer Erkrankungen wie Rheuma, Diabetes Typ 2 oder Darmkrebs.

Untersuchungen belegen, dass gesundheitsfördernder Stoffe wie die Vitamine A, C und B-Vitamine sowie die Mineralien Kalium, Natrium, Phosphor, Eisen und Zink beim selbst Fermentieren nicht nur erhalten bleiben, sondern auch von den enthaltenen Mikroorganismen selbst produziert und durch deren Vorbereitung besser resorbiert werden können. All das unterstützt ein starkes Immunsystem und leistet nicht nur einen Beitrag zur körperlichen, sondern über die Darm-Hirn-Achse auch zur psychischen Gesundheit.

In mancher Hinsicht allerdings ist fermentiert nicht uneingeschränkt gesund. So entsteht bei der Gärung vermehrt Histamin, was für Histamin-Intolerante problematisch sein kann. Und alkoholische Getränke wie Bier und Wein sollen bekanntermaßen, wenn überhaupt, nur in Maßen getrunken werden.

Gutes braucht Zeit

Bei der Milchsäurefermentation liefert das Gemüse, vor allem in Bio-Qualität, die benötigten Bakterien gleich mit. Feste Sorten sind generell besser geeignet, da es beim Einlegen weicher wird, also beispielweise Kohl, Wurzelgemüse, Kürbis, rote Bete oder Paprika. Für Geschmacksvielfalt sorgen Gewürze wie Kümmel, Pfeffer oder Senf sowie frische Kräuter.

Bei der Wahl des Gärgefäßes gilt es zu berücksichtigen, dass keine Luft den Weg hineinfindet, entstehende Gase aber entweichen können. Empfohlen sind daher Gläser mit Fermentierdeckel, aber auch kostengünstige Einkoch- oder Bügelgläser mit Gummiring.

Bei der Wahl des geeigneten Salzes gehen die Meinungen auseinander, ob es jodiert oder fluoridiert sein darf beziehungsweise inwieweit Rieselhilfen stören. Auf Nummer sicher geht, wer reines Steinsalz verwendet. Während des Herstellungsprozesses verhindert der Luftausschluss gemeinsam mit dem richtigen Quäntchen Salz das Wachstum unerwünschter Keime wie Colibakterien, Schimmelpilze oder Kahmhefen. Entscheidend dafür ist, dass das gesamte Fermentiergut mit Salzlake bedeckt ist – was herausragt, beginnt zu schimmeln.

Die dem Gemüse anhaftenden anaeroben Bakterien finden dagegen optimale Lebensbedingungen, sofern auch die von ihnen bevorzugte Temperatur von 18–24° C angeboten wird. Sie beginnen dann, Kohlenhydrate aus dem Gemüse zu Milchsäure und Kohlendioxid zu verstoffwechseln, erkennbar an kleinen Gasbläschen und einer Trübung des Ferments.

Im Laufe der Herstellung sinkt der pH-Wert mehr und mehr ab, was nicht nur für den typischen Geschmack des Gemüses sorgt. Für pathogene Keime ist, zusätzlich zum Sauerstoffausschluss, diese saure Umgebung sehr unwirtlich, was dem Lebensmittel zu längerer Haltbarkeit verhilft. Sobald sich kein Kohlendioxid mehr bildet und der gewünschte Säuregrad nach mehreren Tagen bis maximal drei Wochen erreicht ist, bricht man den Gärungsprozess ab, indem man die Gläser im Kühlschrank lagert. Bei einem pH kleiner als 3,8 wäre das Gemüse nämlich nicht mehr schmackhaft.

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