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Auf die Ketten kommt es an

Fett ist nicht gleich Fett

Fett hat nicht den besten Ruf. Tatsächlich ist erwiesen, dass nicht nur Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen oder Arteriosklerose Folgen einer zu hohen Fettzufuhr sind, sondern dass diese auch Krebserkrankungen und Entzündungsprozesse fördert. Doch gleichzeitig sind Nahrungsfette für den menschlichen Organismus unentbehrlich.
Cornelia Höhn
25.07.2024  09:00 Uhr

Bei der Auswahl von Fetten in der Nahrung auf Qualität statt Quantität zu setzen, macht daher den entscheidenden Unterschied für die Gesundheit. Fett sollte ungefähr 30 Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die aufgenommene Menge sollte sich dabei in etwa zu gleichen Teilen auf gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren verteilen.

Wer auf hochwertige Speiseöle, Nüsse, Saaten und fetten Fisch setzt statt vorwiegend auf Pommes, Fettgebäck und Wurst, führt seinem Körper wertvollen Treibstoff zu. Fette liefern mit 9 kcal/g mehr als doppelt so viel Energie wie Kohlenhydrate oder Proteine. Was davon nicht gleich benötigt wird, speichert der Organismus als Energiereserven in seinen Fettdepots. Fettpolster schützen die inneren Organe, unter der Haut wirken sie isolierend und verhindern den Verlust von Körperwärme.

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren fungieren zudem als Bausteine der Zellmembranen und Ausgangsstoffe für die Bildung von Gewebshormonen. Sie sind in eine Vielzahl von physiologischen Prozessen eingebunden, beispielsweise bei der Blutdruckregulation, Nierenfunktion und der Blutgerinnung. In Studien zeigten die mehrfach ungesättigten Fettsäuren entzündungshemmende und immunmodulierende Wirkungen.

Aber Fette haben noch viele weitere Funktionen: Die Resorption der essenziellen Vitamine A, D, E und K ist überhaupt nur zusammen mit Nahrungsfetten möglich. Cholesterol aus Eigelb, Innereien oder Butter ist Ausgangsstoff für die Bildung von Gallensäuren, Vitamin D und Steroidhormonen und wird zusammen mit Phospholipiden ebenfalls für den Aufbau von Zellmembranen benötigt. In der Küche sind Fette wichtige Geschmacks- und Aromaträger.

Lipide nutzbar machen

Bevor Fetthaltiges nach dem Essen diesen vielfältigen Aufgaben im Körper nachkommen kann, muss es verdaut und dem Stoffwechsel zur Verfügung gestellt werden. Nahrungsfette bestehen, neben Cholesterol und Phospholipiden, zu mehr als 95 Prozent aus Triglyceriden, also drei mit Glycerin verbundenen Fettsäuren.

Weil Nahrungsfette in den wässrigen Verdauungssäften unlöslich sind, müssen sie auf dem Weg durch den Gastrointestinaltrakt in wasserlösliche Bruchstücke gespalten werden. Ihre Zerkleinerung beginnt mit dem Enzym Zungengrundlipase in der Mundhöhle und wird von der Magenlipase fortgesetzt. Nach dieser Vorbereitung findet die eigentliche Fettverdauung im Dünndarm statt. Dazu wandert der von der Leber produzierte und in der Gallenblase gespeicherte Gallensaft bei Ankunft des fetthaltigen Nahrungsbreis in den Zwölffingerdarm und teilt dort größere Fetttropfen in kleinere. So können die von der Bauchspeicheldrüse zur Fettspaltung bereitgestellten Pankreaslipasen gut angreifen. Es entstehen wasserlösliche kurz- und mittelkettige Fettsäuren, die mit dem Pfortaderblut direkt in die Leber transportiert werden.

Langkettige Fettsäuren benötigen hingegen zwei Chauffeurdienste, um dorthin zu kommen: Zunächst bilden sie mit Gallensäuren Mizellen, um durch das wässrige Dünndarmmilieu zur Darmschleimhaut zu gelangen. Obendrein werden fettlösliche Vitamine im hydrophoben Innern der Mizellen eingeschlossen und so resorbierbar. Beim Übertritt in das Dünndarmepithel zerfallen die Mizellen, sodass Fettbruchstücke im Innern der Darmzellen wieder zu Triglyceriden umgebaut werden können.

Nun kommt das zweite Transportunternehmen zum Einsatz: An die Lipide werden Eiweiße angekoppelt, sodass Lipoproteine, also Chylomikronen, entstehen. Nach einem Umweg über die Lymphbahnen gelangen diese in den Blutkreislauf und liefern auf ihrer Reise Fettstoffe an verschiedene Körpergewebe, bevor die Reste in der Leber eintreffen. Nahrungsfette und fettlösliche Vitamine können nun ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen. Beispielsweise wandeln Muskeln inklusive des Herzmuskels Fettsäuren gleich in Energie für Bewegung und Herzschlag um.

Chemie der Nahrungsfette

Die drei mit Glycerin verbundenen Fettsäuren können je nach Anzahl der enthaltenen Kohlenstoffatome kurz-, mittel- oder langkettig sein. Während kurzkettige Fettsäuren wie Propion- oder Buttersäure vor allem von den Darmbakterien aus Ballaststoffen hergestellt werden, finden sich in Lebensmitteln eher mittel- und vor allem langkettige Vertreter.

Kennzeichnend für die Eigenschaften eines Nahrungsfettes ist aber vor allem, ob, wie viele und an welcher Position eine Fettsäure Doppelbindungen aufweist. Feste Fette wie Butter oder Schmalz bestehen größtenteils aus gesättigten Fettsäuren ohne Doppelbindungen. Flüssige Fette dagegen enthalten viele ungesättigte Fettsäuren, beispielsweise die einfach ungesättigte Ölsäure im Oliven- oder Rapsöl.

Essenziell für den Organismus sind einige der mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sowohl die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure wie auch die Omega-6-Fettsäure Linolsäure müssen Menschen mit der Nahrung zuführen. Von Letzterer haben die meisten Menschen mehr als genug, sodass die sogenannte Omega-Balance in ein ungesundes Ungleichgewicht von 1 zu 15 geraten ist. Das ist so, weil die heutige Nahrung vor allem in Fertigprodukten oder beim Außerhausverzehr ein Übermaß an proentzündlichen Omega-6-Fettsäuren anbietet. Und auch der enzymatische Abbau der Omega-6-Fettsäuren im menschlichen Körper läuft bevorzugt und effektiver über die gleiche Kaskade ab wie die Verstoffwechselung der Omega-3-Fettsäuren. So werden dauerhaft Entzündungsprozesse durch die Umwandlung von Omega-6-reichen Pflanzenölen in die stark entzündungsfördernde Arachidonsäure befeuert. Das leistet Krankheiten wie Rheuma, Multipler Sklerose, Diabetes und Arteriosklerose Vorschub.

Zu den entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren sollte möglichst ein Verhältnis von 5 zu 1 erreicht werden. Ein guter Weg dorthin ist, im Supermarkt Sonnenblumenöl und Fertigprodukte links liegen zu lassen und den Einkaufswagen mit Omega-3-reichen Lebensmitteln wie Leinöl oder -saat und fettem Seefisch aus Wildfang zu bestücken.

Fettsäuren Merkmale vorwiegende Fettsäureart in folgenden Lebensmitteln
gesättigte Fettsäuren nicht essenziell
keine Doppelbindung
Beispiele: Buttersäure, Laurinsäure
Butter, Kokosöl, Fleisch, Wurst, Käse
einfach ungesättigte Fettsäuren nicht essenziell
eine Doppelbindung
Beispiel: Ölsäure
Olivenöl, Rapsöl, Avocado
mehrfach ungesättigte
Omega-3-Fettsäuren
essenziell
mehrere Doppelbindungen (die erste am drittletzten Kohlenstoffatom)
Beispiele: α-Linolensäure, Docosahexaen-, Eicosapentaensäure
Lein-, Walnuss-, Hanföl, Walnüsse, Lein-, Chiasamen, Mikroalgen, fetter Seefisch aus Wildfang, Butter, Milch, Käse, Rindfleisch von Tieren aus biologischer Weidehaltung
mehrfach ungesättigte
Omega-6-Fettsäuren
essenziell
mehrere Doppelbindungen
(die erste am sechstletzten Kohlenstoffatom)
Beispiel: Linolsäure
Distelöl, Sonnenblumenöl, Maiskeimöl
Mandeln, Haselnüsse
Fettsäuren und ihre Merkmale

Ebenfalls zur Gruppe der ungesättigten Fettsäuren gehören vorwiegend die in der Lebensmittelherstellung, aber auch beim Backen, Braten und Frittieren in der eigenen Küche entstehenden Transfettsäuren. Natürliche ungesättigte Fettsäuren haben an einer Doppelbindung zwei Wasserstoffatome auf derselben Seite, liegen also in der

cis-Konfiguration vor. Bei hohen Temperaturen wechselt ein Wasserstoffatom auf die gegenüberliegende Seite – eine Transfettsäure entsteht.

Werden Transfette häufig verzehrt, verschlechtern sie im Organismus das Verhältnis der Lipoproteine hin zu mehr LDL. Dann steigt das Risiko für Fettstoffwechselstörungen und koronare Herzerkrankungen. Der Frage, ob Transfette auch die Gefahr für Krebs und Diabetes erhöhen, gehen Forschende aktuell nach.

Für die EU gelten seit 2021 in der Lebensmittelindustrie strengere Grenzwerte. Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, Transfette bis 2023 weltweit gänzlich zu verbannen, wurde allerdings verfehlt. Dänemark etwa beschränkt industrielle Transfette schon seit der Jahrtausendwende drastisch. Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind dort stark zurückgegangen. Laut DGE sollten Erwachsene nicht mehr als 2 g Transfette täglich zu sich nehmen. Die Menge ist allerdings schnell erreicht: 100 g Chips enthalten 7 g, ein Croissant 1 g.

Was kommt aufs Brot?

Butter oder Margarine als Aufstrich, das ist keine leichte Entscheidung. Gegenüber Butter punktet Margarine mit der besseren Klimabilanz, bei ihrer Herstellung werden aber flüssige Pflanzenöle gehärtet, um sie streichfest zu machen. Transfette entstehen, Emulgatoren, Aromen, Farb- und Konservierungsstoffe können beigemischt sein.

In Bio-Margarine sind keine chemischen Verfahren zur Fetthärtung erlaubt, daher wird auf feste tropische Fette mit langen Transportwegen wie Kokos- oder Palmfett zurückgegriffen. Bei der Palmöl-Verarbeitung entstehen Schadstoffe, die möglicherweise krebserregend sind. Für den sehr ertragreichen Anbau der Ölpalmen werden zudem Regenwälder gerodet, Menschen und Tiere aus ihren Lebensräumen verdrängt. Das RSPO-Siegel («Roundtable on Sustainable Palm Oil«) steht zwar für nachhaltigen Anbau, ist aber freiwillig.

Die lange diskutierten negativen Auswirkungen der gesättigten Fettsäuren aus dem Naturprodukt Butter auf den menschlichen Cholesterolspiegel konnten in Studien bislang nicht sicher nachgewiesen werden – der überwiegende Cholesterolanteil im Körper wird in der Leber gebildet. In der Butter enthaltene kurz- und mittelkettige Fettsäuren sind leicht verdaulich und Butyrat ist wertvolle Nahrung für das Darmmikrobiom. Stammt die Butter von Kühen aus Weidehaltung, ist ihr Gehalt an Omega-3-Fettsäuren höher als in Sorten, die aus Milch von Kühen in Stallhaltung hergestellt wurde.

Die guten ins Töpfchen

Ein gesundheitsbewusster Fettkonsum ist mit einigen alltagstauglichen Tipps leicht umsetzbar:

  • kaltgepresste, native Öle aus Oliven und Raps für Salate und kalte Gerichte verwenden
  • zu Hause auf Sonnenblumenöl verzichten, da weit verbreitet in Fertigprodukten und Restaurants
  • Lein- und Algenöl sind eine hochwertige Omega-3-Quelle für kalte Speisen; im Kühlschrank lagern
  • täglich Nüsse und Saaten essen
  • zweimal wöchentlich fetten Seefisch aus Wildfang verzehren
  • gesättigte Fettsäuren aus Wurst und fettreichen Milchprodukten reduzieren
  • auf folgende Lebensmittel verzichten, um Transfette zu meiden: Fertigbackwaren wie Krapfen, Croissants, Kekse; Frittiertes wie Chips, Pommes, Chicken Wings; Fast Food und Fertigprodukte: Burger, Pizza, Nuss-Nougat-Creme, Kuvertüre; Produkte mit gehärtetem, teilgehärtetem oder hydrogenisiertem Fett auf der Zutatenliste
  • beim Kochen zu Hause Rauchpunkt beachten und Bratfette nicht mehrmals benutzen: bis 180 °C: natives Olivenöl; bis 200 °C: Butterschmalz, Kokosfett, raffinierte Öle aus Olive, Raps, Erdnuss, Soja; ab 200 °C: High-oleic-Öle
  • fettarme Varianten wählen: Pellkartoffel statt Pommes oder Brathähnchen ohne Haut; Dünsten oder Dampfgaren bevorzugen
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