Fezolinetant und Elinzanetant im Fokus |
Verena Schmidt |
24.09.2024 08:00 Uhr |
Häufiges Problem: Rund 80 Prozent der Frauen leiden im Klimakterium unter Hitzewallungen – und das oft über viele Jahre. / Foto: Getty Images/izusek
Tatsächlich kann die Einführung von Fezolinetant (Veoza™) Anfang des Jahres als echte Sprunginnovation bewertet werden. Denn die hormonfreie Therapie gegen vasomotorische Symptome (VMS) – der Begriff Hitzewallungen dürfte geläufiger sein – ist eine wirksame Alternative zur Hormonersatztherapie (HRT). Frauen, die keine HRT möchten oder bei denen diese Behandlung kontraindiziert ist, können Menopausen-Beschwerden nun wirksam behandeln. Das erweitert die Behandlungsoptionen enorm: Bislang kamen für diese Frauen neben einer kognitiven Verhaltenstherapie nur pflanzliche Arzneimittel wie Extrakte der Traubensilberkerze oder Phytoestrogene wie in Rhapontikrhabarber in Betracht. Auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Fezolinetant für diese Patientinnengruppe immerhin einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen bescheinigt.
Fezolinetant ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse: Es handelt sich um einen Antagonisten am Neurokinin-3-(NK3-)Rezeptor. Indiziert ist er zur Behandlung von moderaten bis schweren VMS in den Wechseljahren. Jeden Tag soll die Frau dazu eine Filmtablette mit je 45 mg täglich etwa um dieselbe Zeit unzerkaut und mit Flüssigkeit einnehmen.
Der neue Wirkstoff greift in die Thermoregulation im Gehirn ein. Wichtig ist hier die Aktivität der sogenannten Kisspeptin-Neurokinin-B-Dynorphin-Neuronen (KNDy-Neuronen). Diese werden durch Neurokinin B (NKB) angeregt, Estrogen hemmt sie dagegen. Wenn der Estrogenspiegel in den Wechseljahren sinkt, fällt diese Hemmung also schwächer aus. Die Folge: Die KNDy-Neuronen sind dann überaktiv und stimulieren das thermoregulatorische Zentrum im Übermaß, rund 80 Prozent der Frauen haben in den Wechseljahren Hitzewallungen. Fezolinetant hemmt den Neurokinin-3-Rezeptor, NKB kann dann hier nicht mehr seine Wirkung entfalten. Das thermoregulatorische Zentrum im Gehirn wird also nicht mehr übermäßig stimuliert.
Häufig beobachtete Nebenwirkungen von Fezolinetant sind Schlaflosigkeit, Durchfall und Abdominalschmerz. Auch ein Anstieg von Leberenzymwerten ist häufig. Der Arzneistoff sollte daher bei Frauen mit moderater oder schwerer Leberfunktionsstörung nicht angewendet werden. Bei Schwangeren und Stillenden soll Fezolinetant nicht zum Einsatz kommen.
Frauen, die an einem Estrogenrezeptor-positiven Mammakarzinom erkrankt sind beziehungsweise waren, erhalten eine antiestrogene Therapie und leiden daher meist unter massiven VMS. Da Fezolinetant nicht hormonell wirkt, wäre es eigentlich auch für diese Patientinnen eine geeignete Option. Allerdings waren Brustkrebspatientinnen nicht in die Zulassungsstudien eingeschlossen, daher wird Fezolinetant aktuell bei Frauen, die wegen einer estrogenabhängigen Krebserkrankung onkologisch behandelt werden, nicht empfohlen.
In Zukunft könnte die Indikation aber auch auf diese Patientinnen ausgeweitet werden. Hersteller Astellas Pharma hat Ende August bekannt gegeben, dass die Phase-III-Studie HIGHLIGHT 1™ gestartet ist. In deren Rahmen wird nun der Einsatz des neuen Arzneistoffs zur Behandlung von moderaten bis schweren VMS bei Frauen mit Brustkrebs unter adjuvanter endokriner Therapie untersucht.
Außerdem könnte es bald noch einen weiteren Vertreter der neuen Wirkstoffklasse geben. Bei Elinzanetant handelt es sich um einen dualen Antagonisten, der wie Fezolinetant den Neurokinin-3-Rezeptor und zusätzlich den Neurokinin-1-Rezeptor hemmt. Letzterer scheint auch eine Rolle bei primärer Insomnie zu spielen. Elinzanetant könnte daher auch bei Schlafstörungen während der Wechseljahre, unter denen bis zu 60 Prozent der Frauen leiden, helfen.
Der Wirkstoff befindet sich aktuell in der Phase der klinischen Prüfung, im August wurden Daten aus zwei Phase-III-Studien (OASIS 1 und 2) im Fachjournal »JAMA« veröffentlicht. In den beiden Studien mit insgesamt rund 800 Frauen im Alter zwischen 40 und 65 Jahren konnten 120 mg Elinzanetant einmal täglich Häufigkeit und Schwere vasomotorischer Beschwerden nach vier und zwölf Wochen signifikant stärker senken als Placebo. Eine Reduktion der VMS um mindestens 50 Prozent hatten in Woche 4 mit Elinzanetant in beiden Studien rund 62 Prozent der Frauen erreicht, mit Placebo nur 29,2 beziehungsweise 32,3 Prozent. Nach zwölf Wochen waren die Beschwerden bei 71,4 und 74,7 Prozent um mindestens die Hälfte reduziert, unter Placebo bei 42,0 beziehungsweise 48,3 Prozent. Zudem gaben die Patientinnen in den Untersuchungen eine signifikante Verbesserung von Schlafstörungen und Lebensqualität an. Als häufigste Nebenwirkungen traten Kopfschmerzen und Müdigkeit auf.
Welche Effekte Elinzanetant bezüglich einer Verbesserung des Schlafes hat, wird aktuell noch genauer in der Phase-IIb-Studie SWITCH-1 untersucht. Hersteller Bayer hat nun erst einmal eine Zulassung in den USA für die Indikation vasomotorische Beschwerden während der Wechseljahre beantragt.