Fingerspitzengefühl gefragt |
Sie kostet wenig Zeit und Aufwand und ist überdies eine der aussagekräftigsten Prüfungen in der Apotheke: die Dünnschichtchromatographie. / Foto: Science Photo Library/Trevor Clifford Photography
Ein Stoffgemisch teilt sich je nach Affinität zur stationären Phase und mobilen Phase mit Hilfe der Dünnschichtchromatographie auf. Aufgrund des geringen Materialverbrauchs und der zügigen Entwicklung bei hoher Aussagekraft haben sich kleine Kieselgelplatten mit Fluoreszenzindikator F254 bewährt.
Es kann traditionell vertikal mit einer kleinen Chromatographiekammer (DAC Probe 11) gearbeitet werden. Ein rundes Glasgefäß, idealerweise mit flachem Boden und mit einer passenden Petrischale als Deckel, reicht aber völlig aus. Die Platte, die nur mit der nicht beschichteten Seite an der Wand anliegen darf, läuft unter Verbrauch von bis zu 10 ml Fließmittel zwischen 5 bis 10 Minuten.
Noch schneller und unter Verbrauch von nur 1 bis 2 ml Fließmittel arbeitet die Horizontalkammer. Denn das Fließmittel muss sich nicht entgegen der Schwerkraft über Kapillarkräfte hocharbeiten. Dazu ist jedoch die Anschaffung einer etwas kostspieligen Kammer wie zum Beispiel die CAMG-Kammer sowie die H-Kammer DEGASA zwingend notwendig (DAC Probe 10).
In beiden Fällen wird über die Glassinterplatte, kurz Fritte genannt, das Fließmittel zur Kieselgelschicht zugeführt. Die DC-Glasplatte muss also mit der Schicht nach unten so eingelegt werden, dass die Startlinie oberhalb der Fritte liegt
Nun kann das aufgesaugte Fließmittel die Trennung vornehmen. Es hat sich bewährt, Reste des Fließmittels unter dem Abzug abdampfen zu lassen. Achtung, die Fritte ist sehr zerbrechlich und muss mit Fingerspitzengefühl eingesetzt und vor allem nach Gebrauch sorgfältig mit Ethanol gereinigt werden. Die im Viererset gelieferten Glasplatten müssen vor der Beschriftung beherzt über eine Tischkante erst halbiert, dann geviertelt werden. Ganz wichtig ist dabei, die Sorptionsschicht nicht zu beschädigen.
Angaben/Methode | DAC Probe 11: vertikale Dünnschichtchromatographie auf kleinen Platten | DAC Probe 10: horizontale Dünnschichtchromatographie auf kleinen HPTLC-Platten |
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Stationäre Phase | meist DC-Alufolien (Fertigplatten) | HPTLC-Glasfertigplatten* (Fertigplatten) |
Art und Größe | 5 x 7,5 cm (< 10 x 10 cm) | 5 x 5 cm |
Schichtdicke | 0,2 – 0,25 mm | 0,1 – 0,2 mm |
Mittlere Korngröße | 10 – 12 µm | 2 – 10 µm, (Ø 6 µm + sehr einheitliche Korngrößenverteilung) |
DC-Kammer | normale Kammer | horizontale Kammer |
Fließmittel | circa 10 ml | circa 1-2 ml |
Laufstrecke | circa 6 cm | circa 4 cm |
Menge an Referenz- und Untersuchungslösung | circa 1 bis 20 µl | circa 0,1 bis 0,5 µl |
Entwicklung | vertikal | horizontal |
Laufzeit | 5 bis 10 Minuten | 1 bis 5 Minuten |
Anwendung | qualitativ, halbquantitativ | qualitativ, halbquantitativ |
Vor Gebrauch muss die DC-Platte mit einem weichen Bleistift (Härte 2B) gekennzeichnet werden. Das Ende der Laufstrecke wird eingezeichnet. Nach Möglichkeit sollte das Fließmittel diese Stoplinie nicht überschreiten. Falls dies doch eintritt, so ist die tatsächliche Laufstrecke einzuzeichnen. Abkürzungen am oberen Rand der Platte wie UL (Untersuchungslösung) sowie PL (Prüflösung), eventuell mit Nummerierung, haben sich bewährt. Auf der Startlinie können bis zu sechs Startpunkte als Kreuz gekennzeichnet werden. So lassen sich in einem Arbeitsgang zum Beispiel bis zu sechs Glucocorticoide identifizieren.
Foto: Avoxa, Adobe Stock/gudrun
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In der Mitte des Kreuzes wird die Untersuchungslösung mit Hilfe einer Mikrokapillare je nach Vorschrift mit einem Fassungsvermögen von 1, 2 oder 5 µl so lange aufgetupft, bis unter der UV-Lampe eine deutliche Fluoreszenzlöschung auftritt. Der Fleck nach Abdunsten des Lösungsmittels sollte nicht größer sein als 2 mm. Bei bandenförmiger Auftragung (Drogen und andere Vielstoffgemische) sind schmale Zonen von 2 mm Breite bis zu 10 mm Länge anzustreben. Die Untersuchungs- sowie Vergleichssubstanzen müssen immer komplett gelöst vorliegen.
Dazu wird die vorgeschriebene Menge in ein kurzes Reagenzglas eingewogen und das vorgeschriebene Lösungsmittel ergänzt. Da dieses recht schnell verdampft, ist zügiges Arbeiten ratsam. Praktisch veranlagte Apothekenmitarbeiter lösen aus Zeitgründen eine Spatelspitze Untersuchungssubstanz direkt auf eine Tüpfelplatte. Es kann jedoch zu einer sogenannten »Schwanzbildung« kommen, denn die Konzentration der zu untersuchende Substanz ist zum Teil einfach zu hoch.
Das frisch hergestellte sowie homogene Fließmittelgemisch wird in die DC-Kammer gegeben. Bei der Horizontalkammer erfolgt dies mit Hilfe einer Pipette. Beide Gefäße sind zügig mit der Petrischale beziehungsweise dem Glasdeckel zu verschließen, sodass keine Entmischung aufgrund der unterschiedlichen Dampfdrücke erfolgt. Ist keine Kammersättigung vorgeschrieben, so braucht weder die Kammer mit Filterpapier ausgekleidet noch die Wartezeit von bis zu 15 Minuten beachtet zu werden. Nach der Entwicklung wird die Platte mit einer Tiegelzange unter dem laufenden Abzug von Resten des Laufmittels befreit.
Die trockene, kaum noch nach Fließmittel riechende Platte ist zunächst bei Tageslicht zu betrachten und anschließend unter der UV-Lampe auszuwerten. Dabei wird eine Fluoreszenzminderung im UV-Licht bei 254 nm Wellenlänge mit einem durchgehenden Bleistiftkreis dokumentiert. Fluoresziert die Substanz im UV-Licht bei 365 nm Wellenlänge, so wird eine strahlende Sonne gezeichnet. Bitte eine UV-Schutzbrille tragen! Zügig ist der Rf-Wert (Retentionsfaktor) über folgende Formel errechnet:
Rf -Wert = Entfernung der Substanz vom Start / Entfernung der Fließmittelfront vom Start
Dann wird der Rf-Wert mit den Literaturdaten verglichen.
Anschließend erfolgt nach Vorschrift das Besprühen der Platte unter dem laufenden Abzug. Ein alter Schuhkarton dient als preiswerte Sprühkammer. Bessere Ergebnisse werden zum Teil durch Tauchen der Platte in eine mit Nachweisreagenz befüllte Petrischale erzielt. Auch fällt die Inhalationsgefahr des Aerosols weg.
Getrocknete Pflanzenteile einschließlich der momentanen Modedroge Cannabisblüten sind sehr gut über eine Dünnschichtchromatographie identifizierbar. Aber als alleinige Prüfmethode ist die Chromatografie nicht erlaubt. Zunächst wird in der »Alternativen Identifizierung Cannabisblüten« das Aussehen der Ganzdroge beschrieben und fordert den Abgleich mit einer Vergleichsdroge nachgewiesener Identität. Das makroskopische Aussehen der Blütenstände ist ausführlich im Text beschrieben. Da das NRF aussagekräftige Fotos von der Ganzdroge zur Verfügung stellt, kann auf die Vergleichsdroge sicherlich verzichtet werden.
Als zweite Prüfung fordert die Vorschrift eine Dünnschichtchromatographie, die wahlweise vertikal oder horizontal durchzuführen ist. Als Referenz ist eine aufbereitete Droge mit abweichender Chargenbezeichnung vorgeschrieben. Doch welche Apotheke besitzt diese? Deshalb erlaubt die Vorschrift als zweite Referenz zwei in jeder Apotheke oft vorrätige Chemikalien als sogenannte Laufweitenmarker: Bornylacetat R sowie Menthol R. Im oberen Drittel auf Höhe des Bornylacetats sind die beiden Hauptinhaltsstoffe THC sowie CBD der Cannabisblüten zu finden, wobei THC etwas höher läuft.
Rezepturen herstellen ist alles andere als Routine. Immer wieder stehen PTA vor neuen Herausforderungen oder müssen altes Wissen neu abrufen. Dabei helfen ihnen die RezepturVideos von PTA-Forum.
Mit der Eingangsprüfung von Ausgangsstoffen diesem Thema beschäftigt sich Apothekerin Vanessa in einem der neuen Rezeptur-Helfer-Videos von PTA-Forum. Dabei orientiert sie sich am Flussdiagramm in der BAK-Leitlinie »Prüfung und Lagerung von Ausgangsstoffen«. Für ihren Ausgangsstoff Neomycinsulfat stehen unter anderem eine Dünnschichtchromatografie und ein nasschemischer Nachweis von Sulfat auf dem Plan. Doch zunächst steht die Identitätsprüfung an: Bei Neomycinsulfat handelt es sich um ein weißes bis gelblich-weißes Pulver.
Die DC führt Vanessa nach DAC-Probe 11 durch. Es gibt auch die DAC-Probe 10, die horizontal, mit kleineren Platten und weniger Fließmittel durchgeführt wird. Sie wird in Zukunft in den Alternativen Identifizierungen neben der DAC-Probe 11 stehen. Bis dahin ist für Neomycinsulfat jedoch ausschließlich letztere vorgeschrieben. Vanessa erklärt und zeigt Schritt für Schritt ihr Vorgehen. Gut so, denn einige Schritte sind nicht einfach, so zum Beispiel das Tüpfeln aus den Kapillaren, weil der Auftragepunkt nicht zu groß werden darf.
Natürlich geht die Apothekerin auch auf die Quellen ein, in denen PTA alles Relevante finden und zeigt die in der Rezeptur immer notwendige Genauigkeit so selbstverständlich, dass es leicht fällt, diesem Vorbild in der eigenen Rezeptur zu folgen.
→ weitere Rezeptur-Helfer auf Video