Frauen anfällig für Herzschwäche |
Katja Egermeier |
08.07.2022 11:30 Uhr |
Geraten Frauen bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind schnell erschöpft, sollten sie ihren Arzt bitten, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen. / Foto: Getty Images/Westend61
Experten unterscheiden in erster Linie zwei Formen der Herzschwäche: die systolische Herzinsuffizienz, bei der das Herz nicht mehr kräftig genug pumpt, und die diastolische Herzschwäche. Bei dieser pumpt das Herz zwar noch kräftig, doch es füllt sich nicht mehr ausreichend mit Blut. Wie Tiefenbacher erklärt, ist es gerade diese Form der Herzschwäche, von der vor allem Frauen betroffen sind. Der Grund: Frauen haben ein etwas steiferes und kleineres Herz als Männer. Es könne sich generell schlechter dehnen und mit Blut füllen, was über eine höhere Pumpleistung ausgeglichen werde, so die Herzstiftungs-Expertin.
Dieser anatomische Unterschied gewinne im Alter an Bedeutung, denn das Herz wird mit zunehmenden Lebenjahren kleiner. Bei Frauen in den Wechseljahren (Menopause) komme es zudem aufgrund der verringerten Östrogenporduktion vermehrt zu einer Bindegewebsbildung im Herzen, wodurch es weiter an Elastizität verliert, so Tiefenbacher.
Doch nicht nur das Alter begünstigt eine weibliche Herzschwäche. Weiterhin kritisch sind Tiefenbacher zufolge die gleichen Faktoren, die auch einen Herzinfarkt begünstigen: »Besonders Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes mellitus wirken sich negativ auf die Elastizität des Herzgewebes aus und stellen für Frauen daher bedeutende Risikofaktoren für eine Herzschwäche dar. Treten sie gemeinsam auf, potenzieren sich ihre Wirkungen«, so die Chefärztin für Kardiologie am Marien-Hospital Wesel. Nicht selten sei eine Herzschwäche auch die Folge eines Herzinfarktes. »Bei dem Infarkt im Herzen stirbt Herzgewebe ab und Vernarbungen entstehen, was die Leistung des Herzens einschränkt.«
Bei einer Herzschwäche werden Organe wie Gehirn, Muskeln und Nieren nicht mehr optimal mit Blut – und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen – versorgt. Das hat Folgen, die am Ende lebensbedrohlich sein können. Die Herzschwäche zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland; mehr als 40.000 Menschen sterben jährlich daran, davon rund ein Drittel mehr Frauen als Männer. Sie ist damit eine häufigere Todesursache als Krebs. Hierzulande sind bis zu vier Millionen Menschen von einer Herzschwäche betroffen. Das Risiko steige mit zunehmendem Alter.
Bei Frauen gibt es noch weitere spezielle Formen der Herzschwäche, wie die sogenannte Peripartale Kardiomyopathie (PPCM), die im letztern Drittel der Schwangerschaft und circa ein halbes Jahr nach der Geburt auftreten kann und lebensbedrohlich ist. Sobald plötzliche Atemnot, Schwäche oder Flüssigkeitsansammlungen im Körper auftreten, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Eine weitere besondere Form der Herzschwäche, die überwiegend bei Frauen nach den Wechseljahren auftritt, ist das Broken-Heart-Syndrom. Es gilt als Folge von massivem emotionalem Stress und ähnelt in seinen Symptomen einem Herzinfarkt: Atemnot, Engegefühl in der Brust, starke Schmerzen. Auch dieser Zustand ist lebensgefährlich und erfordert einen unverzüglichen Notruf.
Da sich eine Herzschwäche schleichend und mit sehr unzspezifischen Symptomen entwickelt, würden diese häufig als Alterserscheinung abgetan, warnt Tiefenbacher. Sie rät Frauen zur Wachsamkeit, wenn alltägliche Aktivitäten wie Treppensteigen, Einkaufen oder Radfahren zunehmend anstrengender würden: »Atemnot, eine nachlassende Leistungsfähigkeit sowie Erschöpfung sind erste Symptome einer Herzschwäche. Auch lassen Wassereinlagerungen, sogenannte Ödeme, häufig die Füße anschwellen.«
Doch Achtung: Treten Symptome wie Müdigkeit, Kurzatmigkeit, körperliche Schwäche, Schlafstörungen, gelegentliche Beschwerden im Rücken und Oberbauch sehr plötzlich auf, könne ein Herzinfarkt vorliegen. Das Tückische dabei: Ein Herzinfarkt äußert sich bei Frauen meist anders als bei Männern. Es fehlt beispielsweise häufig der typische Brustschmerz.
Eine chronische Herzinsuffizienz müsse in jedem Fall behandelt werden. »Jeder, der unter Atemnot leidet, sollte ärztlich abklären lassen, ob eine Herzkrankheit, etwa eine Herzschwäche, die Ursache ist«, rät Professor Tiefenbacher. »Je früher ein krankes Herz erkannt und behandelt wird, umso eher kann man einer Verschlechterung entgegenwirken.« Die ersten Anzeichen wie nachlassende Leistungsfähigkeit, Müdigkeit oder Ödeme an den Knöcheln als Alterserscheinung abzutun, sei fatal, da die Erkrankung unbehandelt fortschreite, heißt es bei der Herzstiftung. Werde eine Herzschwäche dagegen früh erkannt und behandelt, lasse sich der Krankheitsverlauf bremsen und die Lebensqualität lange erhalten.
Das Behandlungskonzept umfasst der Herzstiftung zufolge verschiedene Bausteine – je nach Diagnose und Schwere der Erkrankung. Sie bestehen in erster Linie aus einer medikamentösen Behandlung sowie einer Bewegungstherapie. In manchen Fällen könne auch der Einsatz eines Herzschrittmachers angezeigt sein. Da die Herzschwäche jedoch ist keine eigenständige Erkrankung ist, stehe stets die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
Umd einer Herzinsuffizienz vorzubeugen, rät die Deutsche Herzstiftung zu einem gesunden Lebensstil. Dazu zählen regelmäßige Bewegung, eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse und Obst und wenig Fleisch und Salz, Vermeidung von Übergewicht, Alkohol in Maßen, Nikotinverzicht, Stressreduktion, Entspannung und Gesundheits-Check-ups.