Freie Nase, mehr Wohlbefinden dank ätherischer Öle |
Bei verstopfter Nase endlich wieder durchatmen können: Das geht mit der Inhalation ätherischer Öle. / Foto: Adobe Stock/Arseniy
Inhalationen sind aus der Therapie von Atemwegserkrankungen nicht wegzudenken. Aufgrund ihrer Flüchtigkeit spielen dabei ätherische Öle wie Kamillen-, Eukalyptus-, Fichtennadel-, Kiefern- oder Minzöl vor allem in der Selbstmedikation eine zentrale Rolle. Dabei finden sie entweder ganz klassisch per Wasserdampfinhalation den Weg in die Nase oder – einfacher in der Handhabung – per Erkältungssalbe, die auf Brust und Rücken aufgetragen wird.
Eines der Präparate, die mit am längsten auf dem Markt sein dürften – seit annähernd 130 Jahren –, ist Wick VapoRub® Erkältungssalbe, hieß es auf einer Presseveranstaltung von Procter & Gamble in Groß-Gerau. Groß-Gerau ist derzeit der größte Wick-Produktionsstandort außerhalb der USA, der 45 Länder auf 5 Kontinenten beliefert. Der Apotheker Lunsford Richardson aus North Carolina/USA entwickelte in den 1890er-Jahren einst die »Vicks Croup and Pneumonia Salve«, um die Atemprobleme seines Sohnes in den Griff zu bekommen. Später wurde sie dann in »Vicks VapoRub« umbenannt. Die Inhaltsstoffe sind bis heute unverändert: eine Fixkombination von Levomenthol, Eukalyptusöl, Campher und Terpentinöl aus dem Harzöl der Kiefernart Pinus massoniana.
»Die Mischung dieser ätherischen Öle ist in der Lage, die unterschiedlichen Symptome eines Infekts der oberen Atemwege zu lindern. Beim Einatmen stimulieren die ätherischen Öle Kälterezeptoren und reduzieren dadurch innerhalb kürzester Zeit das Verstopfte-Nase-Gefühl um bis 72 Prozent. In der Folge verbessern sich Heiserkeit und Halsschmerzen, und die Hustenfrequenz nimmt ab. Letzteres wird vornehmlich dem 1,8-Cineol, dem Hauptwirkstoff des Eukalyptusöls, zugeschrieben. Die Wirkung ist bis zu acht0 Stunden nachweisbar«, stellte Professor Dr. Andrew Smith, Direktor des Zentrums für Arbeits- und Gesundheitspsychologie an der Universität Cardiff, neuere Studienergebnisse vor.
Mittlerweile ist auch bekannt, wie ätherische Öle ihre Wirkung vermitteln. Im Zentrum stehen dabei die sogenannten TRP-Ionenkanäle in der Nasenschleimhaut, berichtete Dr. Laura Sadofsky vom Zentrum für Biomedizin der Hull York Medical School. »Diese Transient Receptor Potential Channels dienen als Sensoren für physische Reize wie Temperatur, Druck und Dehnung. Von ihnen gibt es eine ganze Reihe an Unterfamilien. Wenn sie aktiviert werden, verursachen sie einen Zufluss von Kationen wie Calcium, Natrium oder Magnesium und hemmen die von Rhinoviren induzierte ATP-Freisetzung. Wir konnten zeigen, dass Menthol, Campher oder Eukalyptus eine Vielzahl von TRP-Rezeptoren modulieren, was für die Behandlung von Erkältungskrankheiten genutzt werden kann.«
Menthol wirkt beispielsweise als Agonist am TRPM8- und als Antagonist am TRPA1-Ionenkanal, Rezeptoren auf Schleimhautepithelzellen, die verstärkt in infizierten Atemwegszellen nachgewiesen wurden und in Entzündungs-, Schmerz- und Hustenmechanismen involviert sind. Die Inhalation erzeugt ein Gefühl der Kühle in den oberen Atemwegen und lindert so das Verstopfungsgefühl. Tatsächlich nutzen Menthol und Kälte genau denselben Mechanismus, um die TRP-Kanäle zu aktivieren. Campher, ein Terpenketon aus dem Holz des Kampferlorbeers, moduliert dagegen TRPA1- und TRPV1-Kanäle. 1,8-Cineol nutzt wie Menthol den TRPM8-Kanal und antagonisiert TRPA1. Das trägt zu seiner abschwellenden, bronchienerweiternden und schleimlösenden Wirkkomponente bei – was auch in oralen Darreichungsformen wie Weichgelatinekapseln (wie Soledum® Kapseln, Sinolpan® Kapseln, Gelomyrtol®) genutzt wird.
Erkältete geben immer wieder an, dass sich ihre Symptome während der Nacht verschlechtern. »Das liegt daran, dass unsere Immunantwort mit dem circadianen Rhythmus zusammenhängt«, sagte Smith. »Unsere innere Uhr bestimmt nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus, sondern ist auch für die optimale Funktion unseres Immunsystems entscheidend. So sind bestimmte Immunzellen wie Monozyten oder T-Zellen und entzündungsfördernde Substanzen nachts aktiver. Und das spiegelt sich in der Intensität der Symptome.«
Smith empfahl deshalb die Anwendung der Ätherisch-Öl-Kombination direkt vor dem Schlafengehen. Am besten sollte die Erkältungssalbe auf Rücken und Brust aufgetragen werden, so können die Dämpfe wie in einer Art Wolke eingeatmet werden. Nicht zu vergessen: Öle mit einem Anteil von Menthol oder Campher sind für Kleinkinder unter zwei Jahren wegen der Gefahr eines Glottiskrampfs oder eines reflektorischen Bronchospasmus nicht geeignet. Auch Eukalyptus-, Rosmarin- und Salbeiöl sollten wegen ihres Ketongehaltes (vor allem Thujon) bei Kleinkindern nur zurückhaltend dosiert werden.