PTA-Forum online Avoxa
instagram facebook
Morbus Parkinson

Frühere Diagnose, bessere Prognose

Für einige neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson ist eine Ablagerung des unlöslichen, falsch gefalteten Proteins α-Synuclein in den Gehirnzellen charakteristisch. Kürzlich gelang Forschern erstmals ein frühzeitiger Nachweis des Proteins im Liquor und im Blut. 
AutorKontaktBarbara Erbe
Datum 23.08.2023  08:30 Uhr

Das kleine, lösliche Protein α-Synuclein (auch α-Synuklein, SNCA) reguliert unter anderem die Dopamin-Ausschüttung. Es ist aber auch ein Transportprotein, weil es Membrankanäle bilden kann. Bei Menschen mit einer Parkinsonerkrankung kommt es zu einer Fehlfaltung dieses Proteins, es lagert sich daraufhin mit anderen α-Synuclein-Molekülen zusammen und verklumpt. Der Prozess der Fehlfaltung und Verklumpung ist für die Nervenzellen schädlich, führt zu Fehlfunktionen und schlussendlich zu ihrem Absterben.

Bisher kommen Betroffene für die Diagnose in der Regel erst dann zu einem Arzt, wenn sie die klassischen motorischen Symptome wie Bewegungsverlangsamung, Steifigkeit und Ruhezittern bemerken. Zu diesem Zeitpunkt läuft der Erkrankungsprozess im Gehirn aber schon viele Jahre. »Wir sind also eigentlich zu spät mit der Diagnose, weil schon viele Nervenzellen untergegangen sind«, erklärt Privatdozentin Dr. Kathrin Brockmann, Oberärztin und Leiterin der Parkinson-Ambulanz am Universitätsklinikum Tübingen und Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG).

Zwar gibt es noch keine ursächliche Therapie für Parkinson-Patienten. Aber eine frühzeitige Diagnose wäre hilfreich, um das Fortschreiten der Krankheit zumindest verlangsamen zu können. Weltweit wird daher an zuverlässigen Diagnosetests geforscht, um α-Synuclein bei den Betroffenen nachzuweisen.

Einer im Mai im Fachmagazin »The Lancet Neurology« veröffentlichten Studie zufolge lässt sich nun das fehlgefaltete Protein α-Synuclein schon vor Ausbruch der motorischen Symptome bei Menschen mit Parkinson in deren Nervenwasser nachweisen. »Diese Möglichkeit, die auf einer Reihe von internationalen Untersuchungen der letzten Jahre aufbaut, ist ein Meilenstein für die Parkinson-Forschung und trägt ganz wesentlich zur Etablierung von Biomarkern und zur Entwicklung neuer Therapien bei«, betont Brockmann im Gespräch mit PTA-Forum.

Frühe Symptome

Eine wichtige Erkenntnis der Parkinsonforschung der vergangenen Jahre ist, dass die zum Nervenzellsterben und den klinischen Symptomen führenden Veränderungen schon Jahre bis Jahrzehnte im Körper der Betroffenen sind und sich langsam ausbreiten, bevor die typischen motorischen Symptome eine Diagnosestellung erlauben. Denn weil die Diagnose einer Parkinsonerkrankung bislang rein klinisch gestellt wird, haben Betroffene oftmals schon bis zu 20 Jahre zuvor uncharakteristische Frühsymptome (Prodromi), etwa Verstopfung oder eine verminderte Geruchswahrnehmung. Auch eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung kommt vor, eine Traum-Schlaf-Störung, in der insbesondere negative Trauminhalte und Alpträume zu starken Abwehrreaktionen und damit Bewegungen führen. Diese können für die Betroffenen selbst oder den Bettpartner gefährlich werden.

»Wüssten die Personen schon zu diesem Zeitpunkt von ihrer Gefährdung, könnten sie mit Lebensstilveränderungen wie mehr körperlicher Aktivität, vollwertiger Ernährung (Vitamin- und polyphenolhaltig) und besserer Schlafhygiene, aber auch mit symptomreduzierenden Medikamenten gegensteuern und den Krankheitsverlauf verlangsamen«, betont auch Professor Dr. Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Der nun mögliche Nachweis im Liquor stellt damit einen beträchtlichen Fortschritt in der Diagnostik dar. Noch praktikabler als eine Nervenwasserpunktion, die als invasive Untersuchung oft gescheut wird, wäre jedoch ein Bluttest auf Parkinson. Dr. Annika Kluge aus der Kieler Arbeitsgruppe von Berg sowie Dr. Eva Schäffer gelang es in Zusammenarbeit mit einem Team der Biochemie, in Patientenblut sogenannte α-Synuclein-Seeds in neuronalen Vesikeln nachzuweisen. Neuronale Vesikel sind von Nervenzellen abgeschnürte kleinste Bläschen, die vom Gehirn ins Blut abgegeben werden. Aus diesen wurde fehlgefaltetes α-Synuclein isoliert und vervielfältigt – ein vielversprechender Ansatz, der im Sommer vergangenen Jahres veröffentlicht wurde. Aktuell berichtet nun auch die Zeitschrift »Nature Medicine« vom Nachweis der α-Synuclein-Seeds in Patientenblut durch eine Forschungsgruppe aus Japan und Luxemburg – sowohl bei symptomatischer als auch bei prodromaler Parkinson-Erkrankung.


»Viele Wege können zum Ziel führen. Wann der erste Bluttest im klinischen Alltag zur Verfügung steht, ist im Moment noch schwer einzuschätzen«, so Berg, die auch stellvertretende Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ist. »Vor dem routinemäßigen Einsatz in der Klinik müssen alle Testverfahren zunächst an großen Kohorten evaluiert und validiert werden, um die Sicherheit im Hinblick auf die Diagnosestellung nachzuweisen.«

Angesichts der Verbreitung von Morbus Parkinson wäre ein frühzeitiges Screening, beispielsweise bei über 50-jährigen Personen mit REM-Schlaf-Verhaltensstörung, eine große Hilfe bei der Eindämmung der Krankheit. »Heute schon haben weltweit 6,2 Millionen Menschen Morbus Parkinson«, betont Berg. »Im Jahr 2040 wird mit 14 Millionen Betroffenen gerechnet.« Ein früher Test würde nicht nur die Diagnosestellung, sondern auch die Planung von Parkinson-Studien und schlussendlich die Behandlung der Patienten deutlich verbessern.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa