Früherkennung von Blasen- und Nierenkrebs |
Ein Nierenzellkarzinom wird in vielen Fällen zufällig etwa bei einer Ultraschalluntersuchung entdeckt. Ein gezieltes Screening zur Früherkennung ist Experten zufolge aber nicht sinnvoll. / © Adobe Stock/Peakstock
Um die 31.000 Personen erkranken nach Angaben des Krebsinformationsdienstes Jahr für Jahr neu an Blasenkrebs oder einer Vorstufe davon, rund 14.000 an Nierenkrebs. Für beide Krebsarten steigt das Risiko mit dem Lebensalter: An Blasenkrebs erkranken Männer im Durchschnitt mit 75 Jahren, Frauen mit 77. Bei Nierenkrebs liegt das durchschnittliche Erkrankungsalter für Männer bei 69, für Frauen bei 71 Jahren – Männer sind dabei fast doppelt so häufig betroffen wie Frauen.
Ein Nierenzellkarzinom entdeckten die Ärzte in mehr als der Hälfte der Fälle per Zufall, erklärt der Berliner Urologe Professor Dr. Frank Koenig im Gespräch mit PTA-Forum. »Meist geschieht das im Rahmen einer bildgebenden Untersuchung wegen einer anderen Frage, etwa einer Ultraschalluntersuchung.« Wirklich typische Symptome und Warnzeichen treten nicht auf. Eindeutige Beschwerden machen erst fortgeschrittene, größere Tumoren der Niere: Schmerzen in der Nierengegend, die bis in den Rücken ausstrahlen können, oder Blut im Urin. Auch lassen sich große Tumoren unter Umständen tasten.
Anders als bei Nierenkrebs treten bei Blasenkrebs schon früher bestimmte Warnzeichen auf: blutiger Urin bei schmerzlosem Wasserlassen, vermehrter Harndrang mit Druck auf der Blase oder auch das sogenannte »Blasengefühl« – man spürt plötzlich, dass man eine Blase hat. Die Prognose und die Aussicht auf Heilung bei Blasenkrebs hängen vor allem davon ab, ob und wenn ja, wie tief der Tumor in die Blasenwand eingewachsen ist. Blasenkrebs kommt bei Männern häufiger vor als bei Frauen, bei Frauen verläuft die Krankheit aber im Durchschnitt ungünstiger als bei Männern.
Sowohl beim Nieren- als auch beim Blasenkrebs verbessert eine frühzeitige Diagnose die Heilungschancen wesentlich. Gezielte Früherkennungsuntersuchungen, die sich für alle Gesunden eignen würden, gibt es laut Krebsinformationsdienst bislang dennoch nicht. Diese Einschätzung teilt der Medizinische Dienst Bund, der kürzlich drei Verfahren zur Früherkennung von Nieren- oder Blasenkrebs in seinem Gesundheitsportal IGeL-Monitor als »tendenziell negativ« bewertet hat.
Die Negativbewertungen bezögen sich dabei ausschließlich auf die Untersuchung von Erwachsenen, die keine Symptome für eine Krebserkrankung der Blase oder Nieren aufweisen und die nicht familiär oder beruflich vorbelastet sind, betont Monika Becker, Fachberaterin im Bereich Evidenzbasierte Medizin beim Medizinischen Dienst Bund und eine der Mitautorinnen der Bewertung, gegenüber PTA-Forum. »Die gleichen Untersuchungen sind in anderen Situationen sinnvoll und werden genutzt.« Früherkennungsuntersuchungen ohne Beschwerden oder Verdacht auf eine Krebserkrankung seien aber zu Recht »Individuelle Gesundheitsleistungen« (IGeL), die Patienten selbst bezahlen müssen.
Nützlich wären die genannten Früherkennungsuntersuchungen nur, wenn sie die jeweilige Krebserkrankung zuverlässig und so früh erkennen würden, dass die Betroffenen dadurch eine höhere Lebensqualität haben oder seltener an der Krebserkrankung sterben, führt Becker aus. »Aber es gibt bislang keine Studien, aus denen sich ein solcher Nutzen ableiten ließe.«
Die tendenziell negative Bewertung begründet sie damit, dass die Untersuchungen zwar keine direkten Schäden – wie etwa eine Verletzung durch das Ultraschallgerät – verursachten. »Sie können aber indirekte Schäden verursachen, etwa durch Fehlalarme und Überdiagnosen, also Diagnosen von Erkrankungen, die sich ohne Untersuchung nicht bemerkbar gemacht und die auch keine Probleme verursacht hätten.« Folgt auf eine Überdiagnose eine Übertherapie, kann das mit Nebenwirkungen und psychischer Belastung einhergehen.
Als Beispiel nennt Becker den Fall, dass bei einer Ultraschalluntersuchung der Harnblase ein Tumor entdeckt wird, der niemals auffällig geworden wäre. »Dann werden Folgeuntersuchungen wie beispielsweise eine Blasenspiegelung mit Gewebeentnahme gemacht. Dabei kann sich herausstellen, dass der Tumor harmlos ist und man nichts weiter unternehmen muss. Wenn es sich um einen bösartigen Tumor handelt, folgt eine Behandlung.«
Aufgrund der unzureichenden Studienlage sei unklar, ob solch eine Behandlung erfolgreicher ist, als wenn sie nach einer frühzeitigen Diagnose aufgrund von Beschwerden begonnen hätte. Schließlich könne es auch passieren, dass durch die Früherkennungsuntersuchung behandlungsbedürftige Befunde übersehen würden und die Untersuchten sich in falscher Sicherheit wiegen.
Beim Nierenkrebs kommt dazu, dass er vergleichsweise selten ist. »Aufgrund dieser Seltenheit ist mit einem höheren Ausmaß an Fehlalarmen zu rechnen, wenn alle Gesunden diese Früherkennung erhalten würden«, betont Becker. Anders sieht es für Menschen aus, bei denen die Ärzte von einem hohen Risiko ausgehen, etwa bei Personen mit chronischen Nierenschäden oder bei Verdacht auf ein erbliches Risiko.
Risikofaktoren für Nierenkrebs sind – nach Auswertung der Statistiken – Rauchen, Übergewicht und Bluthochdruck, auch erbliche Faktoren spielen eine Rolle. Auch eine chronische Nierenschädigung steigert das Risiko. Darüber hinaus kann der berufliche Umgang mit der Chemikalie Trichlorethen etwa in der Metall- oder Chemieindustrie das Risiko für ein Nierenzellkarzinom erhöhen. Körperliche Aktivität wiederum scheint das Risiko zu senken, darauf weisen einige Studienergebnisse hin.
Auch beim Blasenkrebs gibt es zahlreiche Giftstoffe und krebserregende Substanzen, die als Risikofaktoren gelten, beispielsweise Beta-Naphthylamin oder Benzidin in der Farb- und Lackindustrie. Manche Berufsgruppen können durch den vermehrten Kontakt mit diesen Substanzen Krebs bekommen, beispielsweise Maler und Lackierer. Dann ist Blasenkrebs als Berufskrankheit anerkannt.
Der Hauptrisikofaktor ist aber auch für Blasenkrebs das Rauchen: Aktives Rauchen sowie Passivrauchen ist laut Krebsinformationsdienst für ungefähr die Hälfte aller Blasenkrebserkrankungen verantwortlich. Als weitere Risikofaktoren gelten Medikamente, beispielsweise bestimmte Chemotherapeutika (Cyclophosphamid und Ifosfamid) oder das Diabetes-Medikament Pioglitazon.
Darüber hinaus vergrößern chronisch-entzündliche Schädigungen der Blasenschleimhaut, etwa durch Harnwegsinfekte, Steinleiden oder Dauerkatheter das Risiko, Blasenkrebs zu bekommen, ebenso wie eine Strahlentherapie des Beckens, beispielsweise bei Prostatakrebs. Schließlich spielt auch bei Blasenkrebs die Genetik eine Rolle. Verwandte von Menschen mit Blasenkrebs, beispielsweise Kinder oder Geschwister, haben ein höheres Risiko, ebenfalls an Blasenkrebs zu erkranken.
Da Rauchen bei beiden Krebsarten der Hauptrisikofaktor ist, ist die beste Prävention, nicht zu rauchen – möglichst auch nicht passiv. Weitere Möglichkeiten, mit denen jede und jeder einzelne das persönliche Risiko minimieren kann, sind – wie bei vielen anderen Krankheiten auch – eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse, regelmäßige Bewegung und Sport, Normalgewicht halten beziehungsweise Übergewicht abbauen, ausreichend Wasser trinken, um die Harnwege gut durchzuspülen und die Blase regelmäßig zu entleeren. Und natürlich: Warnsignale wie Blut im Urin, Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen oder häufiger Harndrang ärztlich abklären lassen.