Ganz nebenbei fit werden? |
Gefährlich kann es werden, wenn die Person auf dem Mini-Laufband stolpert, da sie keinen Handlauf oder einen Notausschalter haben. / Foto: Getty Images/martin-dm
Keine Lust, bei Regen durch den Park zu joggen – und keinen Platz für ein Laufband im Keller? Für diese Menschen scheinen Walking Pads eine gute Anschaffung zu sein. Denn diese kleinen Laufbänder brauchen nicht viel Raum und lassen sich überall schnell aufbauen. Sogar unter dem (Steh-)Schreibtisch sind sie einsatzbereit. Experten raten jedoch, vor dem Kauf genau zu prüfen, ob die Geräte zu den eigenen Bedürfnissen passen.
Sportwissenschaftler Andreas Barz findet: Grundsätzlich ist jede Möglichkeit, mehr Bewegung in den Alltag zu bringen, positiv – »in einer Gesellschaft, in der ein Problem des Bewegungsmangels herrscht«. Sprich: Wer viel sitzt und eher bewegungsfaul ist, für den haben Walking Pads auf jeden Fall Potenzial.
»Wenn es jedoch darum geht, die Fitness zu verbessern – und wenn nicht nur Gesundheit, sondern auch Ausdauer und Leistungsfähigkeit eine Rolle spielen – dann würde ich eher auf andere Trainingsmöglichkeiten zurückgreifen«, sagt der Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) in Saarbrücken.
Denn ein Walking Pad ist eben nur die kleine Schwester des großen Laufbandes. Es bietet weniger Möglichkeiten, zum Beispiel in Sachen Geschwindigkeit. Sie ist bei Walking Pads meist auf etwa 6 km/h begrenzt.
»Für zügiges Gehen reicht es aus, aber um richtig darauf joggen zu können, ist das zu langsam«, sagt Fitnessökonom Barz. Je nach Fitness-Zustand benötigt ein Läufer oder eine Läuferin eine Geschwindigkeit von etwa 10 km/h. 7 oder 8 km/h braucht es schon für lockeres Traben oder Joggen. Bei den 6 km/h eines Walking Pads wäre so mancher Läufer unterfordert. Wer die eigene Fitness steigern will, stößt schnell an Grenzen.
Auch fürs Abnehmen ist ein Walking Pad Barz zufolge nicht wirklich geeignet. Denn der Kalorienverbrauch beim Gehen werde häufig überschätzt. Er sei in der Regel gerade halb so hoch wie beim Joggen auf einem richtigen Laufband.
Der Sportwissenschaftler ist auch bei anderen Kriterien skeptisch: »Kraft, Beweglichkeit und Koordination werden auf einem Walking Pad kaum beziehungsweise gar nicht trainiert«, gibt er zu bedenken. »Und wer aus Genuss laufen möchte, den würde ich eh lieber nach draußen und in den Wald schicken. Dann ist der Entspannungseffekt noch höher.«
Und doch hätten die Mini-Laufbänder eine Daseinsberechtigung. Vor der Anschaffung sollte man eine Frage klären: Welche Ziele verfolge ich überhaupt? Wem es einfach nur darum geht, eine gesündere Alternative zum Sitzen zu finden, für den machen die Walking Pads Sinn. Oder auch für alle, die ganz neu damit anfangen wollen, Bewegung in den Alltag zu bringen.
»Vor allem, wenn ich es an Verhaltensweisen knüpfe, die ich sowieso schon habe. Dann ist es leichter, darauf ein weiteres Verhalten aufzusatteln«, sagt Barz. Beispielsweise, wenn man ohnehin jeden Abend die Lieblingsserien schaut – statt von der Couch macht man das dann sozusagen im Vorbeigehen auf dem Walking Pad.
Die preiswertesten Varianten sind ab etwa 200 Euro zu haben. »Auch bei denen sollte man sich überlegen, ob man das wirklich investiert oder für das Geld nicht lieber einen Fitnesstrainer nimmt, bei dem man unter Anleitung und individuell trainieren kann und viel mehr Möglichkeiten hat, als nur zu laufen oder zu gehen«, sagt Andreas Barz. Von Kauf und Benutzung abraten würde der Personaltrainer trotzdem nicht. »Falls die Alternative ist, auf der Couch zu sitzen und Chips zu essen, ist es auf jeden Fall sinnvoll.«
Die Norm für Laufbänder fordert, dass Geräte einen Handlauf haben müssen, »damit man sich festhalten kann, wenn man ins Stolpern kommt. Oder dass man bei einem Zwischenfall einen Not-Aus-Knopf betätigen kann«, sagt Produktspezialist Florian Staudigl vom Tüv Süd. Walking Pads fehlen diese Sicherheitseinrichtungen jedoch.
Das kann zum Beispiel ein Problem werden, wenn man die Geräte zu Hause am Schreibtisch oder im Büro unter den Arbeitstisch aufbaut. »Solch ein Tisch ist erst einmal nicht darauf ausgelegt, dass man sich an ihm festhält«, gibt Staudigl zu bedenken. Was aber passiert dann, wenn man abgelenkt ist und stolpert? Oder im Wohnzimmer rücklings auf den Glastisch fällt? Wichtig sei daher immer, wo die Walking Pads aufgestellt werden.
Eine Norm, wie ein sicheres Walking Pad aussehen sollte, muss erst noch entwickelt werden. Und so sind Walking Pads – anders als die großen Laufbänder – von Technischen Überwachungsvereinen bislang gar nicht untersucht und somit auch nicht mit einem Prüfsiegel versehen. »Leider erfüllen diese speziellen Laufbänder nicht die Mindestanforderungen der Norm. Somit haben wir bisher Prüfungen zu solchen Systemen abgelehnt«, sagt Fabian Dahlem, Sprecher des Tüv Rheinland.
Fachleute grübelten aktuell in Gremien darüber, wie man diese Walking Pads überhaupt prüfen kann und welche Normen für sie anzuwenden sein müssten, sagt Staudigl. Bis wann auch diese Pads einer Norm unterliegen, sei nicht absehbar. »Ein Fitnessgerät mag schnell designt oder entwickelt sein. Aber wie man es qualitativ gut, gebrauchstauglich und vor allem sicher gestaltet, ist ein anderes Thema.«