Ganz schön raffiniert |
Es muss nicht immer Sonnenblumenöl sein – die Auswahl an Speiseölen hierzulande macht Alternativen einfach. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Speiseöle unterscheiden sich nicht nur in ihrem Geschmack und in der pflanzlichen Basis, auf der sie hergestellt sind, sie zeichnen sich auch durch ein individuelles Fettsäuremuster aus. Dieses entscheidet maßgeblich darüber, zu welchem Zweck das Öl in der Küche eingesetzt werden kann. Anhand der Fettsäuren lässt sich aber auch etwas über den gesundheitlichen Wert des Öls sagen.
Speiseöle gibt es kaltgepresst oder raffiniert. Die Bezeichnung »kaltgepresst« und »nativ« dürfen Öle tragen, die unter besonders schonenden Bedingungen hergestellt werden. Dabei ist nur mechanisches Pressen der Rohware erlaubt, ohne zusätzliche Wärmezufuhr. Bei kaltgepressten Ölen sind Vor- und Nachbehandlungen der Rohware durch zum Beispiel Rösten und Dämpfen möglich, diese müssen aber kenntlich gemacht werden. Die Bezeichnung »nativ« schließt solche zusätzlichen Behandlungen aus. Zur Entfernung der Trübstoffe sind bei kaltgepressten und nativen Ölen Dekantieren, Filtrieren und Zentrifugieren erlaubt. So bleiben der typische Geschmack und Geruch sowie die wertgebenden Inhaltsstoffe wie Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe am besten erhalten.
Bei der Gewinnung raffinierter Öle werden die Früchte, Samen oder Kerne zunächst zerkleinert, erhitzt und mit hohem Druck ausgepresst. Bei dieser Heißpressung entstehen Temperaturen bis zu 170 °C. Aus dem zurückbleibenden Presskuchen wird das noch enthaltene Öl mithilfe eines Lösungsmittels herausgelöst. Bei diesem Extraktionsprozess wird mehr Öl gewonnen als bei der Kaltpressung, allerdings gelangen auch unerwünschte Begleitstoffe ins Öl wie Lösungsmittelrückstände oder Trübstoffe. Um diese zu entfernen, muss extrahiertes Öl anschließend gereinigt werden. Es folgt die sogenannte Raffination, bei der das Öl von Schleim befreit, entsäuert und entfärbt wird. Die anschließende Desodorierung befreit das Öl mithilfe von Wasserdampf von störenden Geschmacks- und Geruchsstoffen. Raffinierte Öle enthalten zudem kaum noch freie Fettsäuren, was sie unter anderem haltbarer macht. Allerdings verlieren sie auch Aromen, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe. Raffinierte Öle eignen sich besonders für Speisen, bei denen das Öl geschmacklich nicht auffallen soll.
Beim Braten in der Pfanne oder beim Frittieren geht es mit bis zu 200 °C heiß her. Wie lange ein Fett der Hitze standhält, hängt von seiner Zusammensetzung ab. Je mehr gesättigte und einfach ungesättigte Fettsäuren enthalten sind, desto höher liegt der Rauchpunkt und desto höher kann ein Fett erhitzt werden. Der Rauchpunkt bezeichnet die Temperatur, bei der sich ein Öl unter Rauchentwicklung zersetzt und gesundheitsschädliche Stoffe entstehen. Mit steigender Anzahl der Doppelbindungen werden die Öle reaktionsfreudiger und reagieren eher mit Sauerstoff. Das ist der Grund, warum Öle mit einem hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren für den Einsatz in der heißen Küche nicht geeignet sind . Das gilt für Lein-, Distel-, Walnuss- oder Kürbiskernöl. Ansonsten eignen sich zum Braten alle raffinierten Pflanzenöle, zum Beispiel Raps-, Sonnenblumen,- Oliven-, Erdnuss- oder Sesamöl. Kokos- und Palmkernfett haben mit vielen gesättigten Fettsäuren ein Fettsäuremuster, das auch Temperaturen bis 210 °C gut aushält.
Höhere Gehalte an freien Fettsäuren in nativen, kaltgepressten Speiseölen sind auch ein Grund dafür, dass sich diese Öle in der Regel nicht so hoch erhitzen lassen wie die entsprechenden raffinierten Vertreter. Bei höheren Temperaturen werden die freien Fettsäuren als flüchtiges Aerosol aus dem Öl ausgetrieben und dann bei einer größeren Konzentration als Rauch sichtbar. Beispielsweise liegen die Rauchpunkte bei kaltgepressten Rapsölen zwischen 160 und 180 °C und bei raffiniertem Rapsöl bei über 210 °C.
Speiseöle bestehen zum größten Teil aus Triglyceriden (auch Neutralfette). Diese bestehen aus einem Molekül Glycerol – ein dreiwertiger Alkohol –, dass mit drei Fettsäuren verbunden ist. Die Fettsäuren bestehen aus einer Kette von Kohlenstoffatomen, die sich durch drei Merkmale unterscheiden. Erstens in der Länge: Die Ketten können aus zwei bis 30 Kohlenstoffatomen bestehen. Entsprechend gibt es kurz-, mittel- oder langkettige Fettsäuren. Zweitens im Sättigungsrad: Gesättigte Fettsäuren enthalten keine Doppelbindungen, ungesättigte Fettsäuren weisen eine oder mehrere Doppelbindungen auf, die dann einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren genannt werden. Und drittens wie die Doppelbindungen angeordnet sind: Bei den Omega-3-Fettsäuren befindet sich die erste Doppelbindung beispielsweise am drittletzten Kohlenstoffatom, bei den Omega-6-Fettsäuren am sechstletzten.
Ob ein Speiseöl oder -fett mehr ungesättigte oder gesättigte Fettsäuren enthält, erkennt man an der Konsistenz. Fette mit überwiegend gesättigten Fettsäuren sind bei Raumtemperatur fest, wie Kokosöl, Butter oder Palmfett. Fette mit vielen ungesättigten Fettsäuren sind dagegen bei Raumtemperatur flüssig. Diese Fette bezeichnet man dann in der Regel als Öl, wie Oliven-, Lein-, oder Sonnenblumenöl.
Bei moderaten Temperaturen eignen sich auch einige kaltgepresste Pflanzenöle zum Braten und Frittieren. Nämlich dann, wenn sie einen hohen Gehalt der einfach ungesättigten Ölsäure haben. Das ist besonders bei Oliven- und Rapsöl der Fall. Aber gleich, welches Öl: Es sollte darauf geachtet werden, dass die Temperatur nicht zu hoch ist. Werden Fette und Öle überhitzt, können gesundheitsschädliche und zum Teil auch krebserregende Zersetzungsprodukte wie Benzol oder Formaldehyd entstehen. Optimal sind beim Braten 130 bis 140 °C und beim Frittieren 160 bis 170 °C. Gegen die Verwendung kaltgepresster Öle in der heißen Küche spricht, dass sich der Hersteller viel Mühe gibt, möglichst wenig Wärme bei der Ölgewinnung auf das Öl einwirken zu lassen. Daher ist es wenig sinnvoll, das Öl später hohen Temperaturen auszusetzen, bei denen sich ein Großteil der wertgebenden Aromastoffe verflüchtigt. Zum Dünsten und Kochen ist es hingegen unkritisch, welches Öl verwendet wird, da 100 °C meist nicht überschritten werden. Auch zum Backen eignen sich neben raffinierten auch native Öle. Denn trotz höherer Backtemperaturen wird das Innere der Speise nur rund 100 °C heiß.
Da beim Braten in der Pfanne oder im Wok auch schnell einmal höhere Temperaturen entstehen, bietet der Markt sehr hitzestabile Brat- und Frittierfette an – sogenannte High-Oleic-Bratöle. Dabei handelt es sich um speziell gezüchtete Sonnenblumen-, Raps- und Distelsorten, die bis zu 90 Prozent Ölsäure enthalten. Sie sind kalt gepresst, vertragen aber Temperaturen bis 210 °C, also Brathitze. High-oleic-Öle werden nach der Pressung zwar mit Wasserdampf behandelt, enthalten im Gegensatz zu extrahierten und raffinierten Ölen aus konventioneller Herstellung aber noch natürliche Farb- und Aromastoffe. Auch die Fettinhaltsstoffe bleiben bei der Behandlung mit Wasserdampf, bei der bis zu 120 °C erreicht werden, weitgehend erhalten.
Native kaltgepresste Öle schmecken nach der Originalfrucht und gelten als besonders aromatisch. Ihr bevorzugtes Einsatzgebiet ist daher die kalte Küche. Je nach Ausgangsprodukt reicht die Geschmacksbandbreite nativer Öle von mild, nussig, fruchtig oder grasig bis würzig. Die verschiedenen Öle lassen sich hervorragend verwenden, um Salaten und Dips, Teigen und Soßen sowie vielen Hauptgerichten eine besondere Note zu geben. Auch für die Zugabe zu fertigen Gerichten oder Suppen sind sie gut geeignet. Hinzu kommt die intensivere Färbung der kaltgepressten Öle. So sind sie durch natürlich vorkommende Carotinoide gelb gefärbt, zum Beispiel Rapsöl, sie können aber auch grün gefärbt sein durch Chlorophyll, wie Traubenkern- oder Hanföl. Mit wenig Öl lassen sich häufig bereits auffällige Akzente setzen. Ein großer Vorteil nativer Öle: Die Gehalte an Fettbegleitstoffen, die positive Wirkungen auf den Stoffwechsel haben, liegen höher ist als in raffinierten Ölen. Zu den wertvollen Inhaltsstoffen zählen beispielsweise Vitamin E und Phytosterole, Carotinoide (beta-Carotin, Lutein) und antioxidative phenolische Substanzen.
Bei nativen kaltgepressten Ölen ist die Qualität der Ausgangsware entscheidend. Denn der Hersteller hat nach der Ölgewinnung keine Möglichkeit mehr, die Qualität des Öles zu verbessern oder Fehler, die während der Lagerung der Saat bis zur Verarbeitung gemacht worden sind, zu korrigieren. Einflüsse, denen die Ölsaat vor der Verarbeitung ausgesetzt wurde, zum Beispiel eine feuchte Lagerung, finden sich später als Geruch oder Geschmack im Öl wieder. Wer zu Bioware greift, muss in der Regel zumindest keine unerwünschten Rückstände wie Pflanzenschutzmittel befürchten.
Trotz der unterschiedlichen Herstellungsverfahren haben kaltgepresste und raffinierte Öle des selben Ausgangsöls ein nahezu identisches Fettsäuremuster. Bei der Desodorierung, einem Teilprozess der Raffination, können allerdings die umstrittenen Trans-Fettsäuren entstehen. Diese durch Hitze veränderten Fettsäuren werden mit verstärkten Entzündungsprozessen sowie mit einem erhöhten Risiko für Diabetes mellitus und Erkrankungen der Herzkranzgefäße in Verbindung gebracht. Allerdings zeigen Studien unterschiedlich ausgeprägte Risiken für den Konsum von Lebensmitteln, die reichlich Trans-Fettsäuren enthalten.
In raffinierten Speiseölen finden sich Gehalte bis 1,5 Prozent Trans-Fettsäuren. Das liegt noch im tolerablen Bereich. Die Aufnahme dieser Fettsäuren über Speiseöle ist daher eher gering. Trotzdem empfiehlt es sich, raffinierte Öle nur sparsam zu verwenden und zum Braten auf die bereits erwähnten High-Oleic-Öle zurückzugreifen.
Trans-Fettsäuren kommen vor allem in Pflanzenfetten vor, die industriell teilgehärtet sind. Damit lässt sich etwa flüssiges Öl in Backfett umwandeln. Dadurch gelangen Transfette in zahlreiche Lebensmittel wie Kekse, Fertiggerichte, Chips, Pommes Frites, Blätterteig und andere Gebäcke. Wenn ein Fett lange und zu hoch erhitzt wird, können ebenfalls die gesundheitsschädlichen Fettsäuren entstehen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt rund 10 bis 15 Gramm pflanzliche Öle am Tag. Welche Speiseöle als gesund gelten, hängt vor allem von den enthaltenen Fettsäuren ab. Öle mit vielen gesättigten Fettsäuren sollten eher selten verwendet werden. Auch wenn gesättigte Fettsäuren nicht so schädlich sind wie jahrzehntelang vermutet, ist es gesünder, sie durch ungesättigte Fettsäuren zu ersetzen. Generell bestehen die meisten pflanzliche Öle zum Großteil aus ungesättigten Fettsäuren. Gesättigte Fettsäuren wie Stearinsäure oder Palmitinsäure kommen vor allem in tierischen Fetten vor. Von den Pflanzenölen sind es hauptsächlich Kokos- und Palmkernöl, die überwiegend gesättigte Fettsäuren enthalten.
Vorteilhaft ist die einfach ungesättigte Ölsäure, von der Oliven- und Rapsöl besonders viel enthalten. Ölsäure soll sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirken, indem sie unter anderem den Blutdruck beeinflussen könnte. Besonders günstig für die Gesundheit ist eine mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure, die alpha-Linolensäure. Sie reguliert die Blutfettwerte, verbessert die Fließeigenschaften des Blutes und wirkt entzündungshemmend. Dagegen bildet der Körper aus der mehrfach ungesättigten Omega-6-Fettsäure Linolsäure Substanzen, die Entzündungen fördern können. Beides sind essenzielle Fettsäuren, das heißt, sie müssen über die Nahrung zugeführt werden. Ein wichtiger Aspekt ist das Verhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren, anzustreben ist ein Verhältnis von 5 zu 1. Zurzeit liegt das Verhältnis in der deutschen Bevölkerung bei 10 zu 1 bis 15 zu 1. Die Omega-6-Fettsäure ist in größeren Mengen in Distel-, Maiskeim- oder Sonnenblumenöl enthalten. Von den hierzulande angebotenen Ölen enthält nur Leinöl mehr Omega 3 als Omega 6 und ist daher bestens geeignet, um das Verhältnis in Richtung Omega 3 zu verschieben. Ideal für den alltäglichen Einsatz ist Rapsöl, mit einem Verhältnis Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren von 2 zu 1 und gleichzeitig einem hohen Gehalt an Ölsäure.