Geballte Kraft aus Getreide |
Haferflocken und Haferkleie enthalten einen hohen Anteil an Beta-Glucanen. / Foto: Adobe Stock/Timmary
Betal-Gucane kommen in den Zellwänden von Pflanzen, Bakterien und Pilzen vor. Sie bestehen aus D-Glucose-Einheiten, die über β-glycosidische Bindungen miteinander verknüpft sind und zählen zu den löslichen Ballaststoffen. In der Ernährung kommen sie vor allem im Getreide vor. Dabei gibt es bei den verschiedenen Sorten deutliche Unterschiede im Gehalt. Bei Hafer besteht die Trockensubstanz durchschnittlich zu 4,5 % aus Beta-Glucanen, bei Gerste zu 4,8 %. In den typischen Brotgetreiden Roggen (2,3 %) und Weizen (0,8 %) ist deutlich weniger enthalten. Die Ballaststoffe finden sich zudem in Hefe, Algenarten und Pilzen wie Reishi, Shiitake oder Austernseitling. Eine weitere mögliche Quelle sind Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Dazu gewinnen Hersteller Beta-Glucane aus der Zellwand der Backhefe Saccharomyces cerevisiae oder extrahieren sie aus Haferkleie und dem Korninneren von Gerste.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat es Herstellern von Lebensmitteln und NEM erlaubt, für Beta-Glucane mit zwei gesundheitsbezogenen Aussagen zu werben. Zum einen dürfen sie deklarieren, dass die Ballaststoffe zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterolspiegels im Blut beitragen. Ein hoher Cholesterolwert ist ein Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung. Die Angabe darf für Lebensmittel verwendet werden, die mindestens 1 g Beta-Glucane aus Hafer, Haferkleie, Gerste oder Gerstenkleie beziehungsweise aus Gemischen dieser Getreide je angegebene Portion enthalten. Für die positive Wirkung müssen Verbraucher täglich allerdings 3 g Beta-Glucane konsumieren. Beta-Glucane beeinflussen den Cholesterolspiegel, indem sie die Synthese von Gallensäuren aus Cholesterol anregen, wodurch der Cholesterolspiegel im Blut sinkt.
Beta-Glucane aus Hafer verdicken den Nahrungsbrei und verlängern so seine Verweilzeit im Magen-Darm-Trakt. Dadurch fühlen sich Haferliebhaber länger satt. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Zucker langsamer ins Blut gelangt. Der Blutglucose-Spiegel steigt bei Anwesenheit von Beta-Glucanen weniger schnell an und die Insulinantwort wird verbessert. Mit entsprechenden gesundheitsbezogenen Aussagen dürfen Hersteller für Beta-Glucane aus Hafer und Gerste werben. Die Angabe ist allerdings nur für Lebensmittel zulässig, die mindestens 4 g Beta-Glucane je 30 g verfügbare Kohlenhydrate enthalten. Die Wirkung wird allerdings nur erzielt, wenn Beta-Glucane als Bestandteil einer Mahlzeit verzehrt werden. Ihr Effekt auf den Blutzuckerspiegel ist besonders interessant für Menschen mit Diabetes mellitus.
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte der deutsche Mediziner Carl von Noorden eine Diäthaferkur für Patienten mit Diabetes. Heute bestätigen Studien, was der Arzt beobachtet hatte. So führten zum Beispiel 2016 chinesische Forscher eine randomisierte Kontrollstudie mit 298 übergewichtigen und fettleibigen Patienten mit Typ-2-Diabetes durch und teilten die Teilnehmer in vier Gruppen mit verschiedenen Ernährungskonzepten auf: Eine Gruppe (n = 60) erhielt keine Intervention und eine weitere (n = 79) eine fettarme und ballaststoffreiche Ernährung (»gesunde Ernährung«). Die 50-g-Hafer-Gruppe (n = 80) und die 100-g-Hafer-Gruppe (n = 79) bekamen ebenfalls die »gesunde Ernährung«, wobei ein Teil des Getreides durch 50 g beziehungsweise 100 g Hafer ersetzt wurde. Nach 30 Tagen stellten die Forscher signifikante Auswirkungen des Hafers auf die Kontrolle von Hyperglykämien, die Senkung der Blutfettwerte und die Gewichtsreduzierung fest.