Gefährliche psychoaktive Substanzen |
Laut einem Bericht des Instituts für Therapieforschung in München sind die Konsumenten von Nitazenen eine eher kleine Gruppe junger, sehr experimentierfreudiger Menschen, die die Substanzen online bestellen. Auch das BKA berichtet von Konsumierenden mit »einschlägigem Erfahrungshorizont«. Nach Daten des Bundesdrogenbeauftragten konsumierten zuletzt etwa 1,3 Prozent der Erwachsenen bis 59 Jahre und 0,1 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren neue psychoaktive Stoffe.
Hinzu komme, dass Nitazene teils auch gefälschten Medikamenten zugesetzt würden, erzählt Neumeier. Die würden von jüngeren Menschen, aber teils auch von Menschen mit hochriskantem Drogenkonsum genommen. »Darüber hinaus hatten wir aus Deutschland die erste Meldung von Heroin, das mit Nitazenen versetzt wurde, aus Bremen.«
Generell können neue psychoaktive Substanzen laut BKA zu Atem- oder Kreislaufstillstand, Vergiftungen der inneren Organe oder neurologischen Schäden führen. Bei den hochpotenten synthetischen Opioiden wie Nitazenen warnen Experten vor der Gefahr einer Überdosierung. »Die wirksame Dosis ist nicht weit entfernt von der tödlichen Dosis«, sagt Bernd Werse vom Institut für Suchtforschung in Frankfurt. Bei einer Überdosis mit Opioiden versagt die Atmung, die Menschen sterben an einem Atemstillstand.
Zudem sei oft nicht klar, was genau in den Packungen ist, mahnen Experten. Auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Stoffen seien ein Risiko. Bei den Todesfällen in Bayern berichtet das Landeskriminalamt von unterschiedlichen Ursachen für den Tod, ohne genauer darauf einzugehen. In vielen Fällen sei davon auszugehen, dass auch andere Betäubungsmittel, Arzneien oder chemische Substanzen eine Rolle spielten.
Auf dem Papier erscheint das Problem derzeit eher überschaubar. Unter den bundesweit 2227 Drogentoten im Jahr 2023 spielten bei 90 Menschen neue psychoaktive Stoffe eine Rolle. Synthetische Cannabinoide waren dabei öfter involviert als synthetische Opioide.
Zum Vergleich: Allein an den Folgen von Tabak- und Nikotinkonsum sterben nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums jährlich etwa 127.000 Menschen.
Aber gerade bei synthetischen Opioiden gibt es nach Einschätzung von Werse Sorgen, dass das Thema größer werden könnte. Derzeit sitze man »wie das Kaninchen vor der Schlange«: Seit in Afghanistan die Taliban wieder an der Macht seien, werde vor einer Heroin-Knappheit gewarnt. Künstlich hergestellte Stoffe könnten als Ersatz dienen. In den USA etwa steckt das synthetische Opioid Fentanyl hinter zehntausenden Todesfällen. »Es gibt die Befürchtung, dass das in ähnlicher Form bei uns ankommen könnte.«