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Fatigue nach Krebs

Gegen die bleierne Müdigkeit

Neben Polyneuropathie oder Herzinsuffizienz zählt Fatigue zu den häufigen Spät- und Langzeitfolgen einer Zytostatika- und Strahlentherapie nach Krebs. Zum Teil kommt das spezifische Erschöpfungssyndrom nicht nur während der Zeit der Diagnose und Behandlung, sondern noch viele Jahre später zum Tragen.
Christiane Berg
19.07.2019  17:00 Uhr

Die »Tumor(therapie)assoziierte Fatigue« (TF) kann von vorübergehender Unpässlichkeit und bleierner Müdigkeit bis hin zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeit führen, wird jedoch in der ärztlichen Praxis oft nur unzureichend identifiziert. Nicht zuletzt aufgrund der mangelnden Abgrenzungsmöglichkeit zu ähnlichen Krankheitsbildern wie zum Beispiel Burnout ist die Diagnose schwierig.

Es ist, so Betroffene, wie das Leben mit einem »kaputten Handy-Akku«, der sich trotz regelmäßigen Anschlusses an die Steckdose immer wieder viel zu schnell entlädt, so dass kaum Energie für die Bewältigung des Alltags bleibt. Die Sozialkontakte leiden, da TF-Patienten dazu neigen, sich zurückzuziehen.

»Betroffene können im Laufe der Zeit an einen Tiefpunkt völliger körperlicher, emotionaler und/oder geistiger Schwäche gelangen. Fehlender Antrieb und Kraftlosigkeit, die in keinem Verhältnis zu vorangegangenen körperlichen oder geistigen Anstrengungen stehen, sind durch Schlaf und Erholungsphasen nicht mehr auszugleichen. Außerdem können Konzentrationsschwäche und Gedächtnisprobleme hinzukommen«, so macht die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), Berlin, deutlich.

Onkologen und Fachärzte sprechen von einer sehr ernst zu nehmenden Befindensstörung mit belastenden körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen, die wahrgenommen und behandelt werden müssen. Der sorgfältigen ärztlichen Anamnese komme große Bedeutung zu. Auch wenn die Erkrankung nur schwer zu therapieren sei: Allein das Wissen, dass ihre Beschwerden »einen Namen« haben, wirke für viele Patienten entlastend. Es diene somit der Krankheitsbewältigung, diese ausführlich über die Entstehung und die Hintergründe des Leidens zu informieren.

Viele Faktoren verantwortlich

Der Tumor(therapie)assoziierten Fatigue können pathophysiologische Veränderungen des Hormon- und/oder Neurotransmitter-Haushaltes beziehungsweise der circadianen Melatonin-Sekretion zugrunde liegen. Vermutet wird zudem eine Dysregulation inflammatorischer Zytokine und/oder hypothalamischer Regelkreise durch den Krebs selbst oder die Zytostatika. Für die häufig stark verminderte körperliche Leistungsfähigkeit werden darüber hinaus Modifikationen in den kortikalen und spinalen Zentren der Sensomotorik verantwortlich gemacht. Auch der muskuläre Erregungs- und Energiestoffwechsel scheint in vielen Fällen gestört.

Während oder kurz nach einer Therapie leiden bis zu 90 Prozent der Krebs-Patienten unter akuten Fatiguebeschwerden, die jedoch nach und nach zurückgehen. Von einer anhaltenden Fatigue sind Schätzungen zufolge bis zu 50 Prozent der Patienten betroffen.

Die Symptomatik der TF kann der des gleichermaßen bekannten Chronic Fatigue Syndroms (CFS) sehr ähneln. Es gibt jedoch oftmals deutliche Unterschiede vor allem im Muster und im Verlauf der Erkrankung. Viele der CFS-Betroffenen berichten nicht nur über Schwäche und Abgeschlagenheit, sondern auch über regelmäßige Kopf-, Glieder-, Hals-, Muskel-, Gelenk- und/oder Drüsenschmerzen.

Nicht zufällig werden als Ursachen des CFS unter anderem Virus-Infektionen und hier zum Beispiel das Pfeiffersche Drüsenfieber oder Lyme-Borreliose diskutiert. Vermutet wird, dass die Erreger chronisch (re)aktive Infektionen auslösen, die auch hier das Zusammenspiel von Neurotransmittern, Hormonen und spezifischen Mediatoren stören. Aber auch Operationen oder seelische und körperliche Traumata werden als CFS-Ursache in Betracht gezogen. Die Behandlung zielt darauf ab, die jeweiligen Symptome ursachenorientiert zu lindern und Überlastung zu vermeiden.

Prioritäten setzen

Zur Therapie der TF werden versuchsweise psychostimulierende Medikamente wie Methylphenidat oder Modafinil, zudem Phytotherapeutika wie Ginseng- und Guarana-Extrakte oder auch Antidepressiva eingesetzt. Sie sollen helfen, den Circulus vitiosus »Müdigkeit, sozialer Rückzug, Depressionen, Isolation, Müdigkeit« zu durchbrechen.

Die Erschöpfung kann durch Schmerzen, Blutarmut, Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Schlafstörungen, Depressionen oder Mangel- und Fehlernährung verstärkt werden. Eine gezielte medikamentöse Behandlung der Begleiterkrankungen und -symptome kann das Ausmaß der Erschöpfung gegebenenfalls verringern.

Neben der sorgfältigen Strukturierung des Alltags mit Zeit und Raum für Pausen empfiehlt die DKG verhaltenstherapeutische Maßnahmen, um körperliche und seelische Ressourcen zu erschließen. Betroffene müssten lernen, mit ihren Kräften hauszuhalten und immer wieder Ruhepausen einlegen. Sinnvoll könne zudem ein strukturiertes Ausdauer- und Krafttraining sein, um wiederum dem Teufelskreis »Konditionsverlust-Erschöpfung-Konditionsverlust« entgegenzuwirken.

Gezielte Bewegung im Alltag ist wichtig, unterstreicht auch die Deutsche Fatigue Gesellschaft (DFaG), Köln. Jedoch sei jeder innere und äußere Druck gemäß der Devise »Du musst« kontraproduktiv, da er noch zusätzlich zu Stress und somit zum energetischen Totalausfall führt.

Auf jeden Fall empfehlenswert sei der gedankliche Austausch in Selbsthilfegruppen. Hier lasse sich Kraft im Miteinander tanken. Besonders wichtig sei es zudem, Offenheit im sozialen Umfeld, also im Umgang mit der Familie, den Kindern, den Freunden und Bekannten walten zu lassen. Diese sollten in alle Überlegungen mit einbezogen werden, um unnötige Konflikte zu vermeiden. Sei oberste Prämisse im Kampf gegen die Tumor(therapie)assoziierte Fatigue »Prioritäten setzen«, so bedeute dieses, jeden Tag neu zu entscheiden, was wirklich wichtig ist.

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