Gesundheit in der Klimakrise |
In heißen Sommern häufen sich Nachrichten zu brennenden Wäldern. Viele denken dabei zunächst an die gewaltigen ökologischen und ökonomischen Schäden. »Aber auch für unsere Gesundheit sind die Brände bedrohlich. Der Rauch belastet die Luft erheblich mit Feinstaub, den wir dann einatmen«, erklärt Umweltmediziner Koppenleitner. Diese Belastung ist nicht zu unterschätzen. Wenn in gewaltigen Mengen pflanzliches Material verbrennt, gelangen Schadstoffe unterschiedlichster Zusammensetzung in die Luft. Da die Rauchfahnen über das Land ziehen, ist die Luft auch noch im kilometerweiten Umkreis verschmutzt. Selbst in Entfernungen, in denen vom Rauch selbst nichts mehr zu sehen oder zu riechen ist, können noch relevante Konzentrationen Feinstaub vorhanden sein. Ältere Menschen, Kinder und Personen mit chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) reagieren darauf empfindlich.
»Feine Rußpartikel, wie sie bei Waldbränden entstehen, führen vor allem bei älteren Menschen häufiger zu Schlaganfällen und Ereignissen wie Herzstillstand, Herzinfarkt und anderen Herzproblemen«, erzählt der Experte. Die winzigen Teilchen werden eingeatmet, gelangen tief in die Lunge und können durch einen noch ungeklärten Mechanismus auch Schäden im Herzen auslösen. Hier gilt es, die Aufnahme von Schadstoffen so gering wie möglich zu halten, indem man das Haus nicht verlässt beziehungsweise Fenster und Türen geschlossen bleiben.
Noch in weiterer Hinsicht bedroht der Klimawandel unsere Gesundheit. Noch denken wir bei Krankheiten wie Chikungunya, Leishmaniose, Malaria oder Dengue-Fieber hauptsächlich an Gesundheitsrisiken in fernen Ländern und machen uns höchstens vor einer Urlaubsreise Gedanken darüber. Als Vektoren für diese und weitere Krankheiterreger können Insekten fungieren. So sind beispielsweise die Anopheles-Stechmücken als Überträger von Malaria-erregenden Plasmodien und die Asiatische Tigermücke als Vektor unter anderem für das Zika-Virus, das Chikungunya-Virus und das Dengue-Virus bekannt.
Durch den weltweiten Reiseverkehr können Überträger und Krankheitserreger hierzulande eingeschleppt werden und sich bei geeigneten Umweltbedingungen verbreiten. Schon kleine Temperaturunterschiede können es einigen Moskito-Arten erleichtern, sich hier anzusiedeln: Die Insekten legen ihre Eier in Gewässern ab, erhöht sich die Wassertemperatur, reifen die Larven schneller, es gibt mehr Nachwuchs.
Bislang sind der Malaria klimatische Grenzen gesetzt. Doch schon kleine Temperaturunterschiede können es einigen Moskito-Arten erleichtern, sich hierzulande anzusiedeln. / Foto: Adobe Stock/ APISIT
Denselben Effekt finden Forscher auf Ebene der Krankheitserreger: Steigt die Temperatur, verkürzt sich die Inkubationszeit, also die Zeit, die es braucht, bis infizierte Mücken Malariaparasiten oder Viren weitertragen können. Beispiel Chikungunya-Viren: Es dauert bei 20 °C sieben Tage, bis sie im Speichel von Mücken der Gattung von Aedes nachweisbar sind. Bei 28 °C ist das bereits nach drei Tagen der Fall. »Aktuell ist davon auszugehen, dass Krankheiten wie Malaria oder das Chikungunya-Fieber bei uns früher oder später wieder gehäuft auftreten werden und nicht nur ein unliebsames Mitbringsel von einer Fernreise sind«, wagt der Experte einen Blick in die Zukunft.
Bislang ist die Gefahr, sich hierzulande mit exotischen Krankheiten zu infizieren, noch gering. So sind beispielsweise die sechs bei uns heimischen Arten der Anopheles-Mücke noch nicht als Überträger von Krankheiten in Erscheinung getreten. Das könnte sich aber schnell ändern. Ein Reiserückkehrer, in dessen Blut nach dem Tropenurlaub der Malariaerreger zirkuliert, könnte von einer hierzulande heimischen Anopheles-Mücke gestochen werden, die die Plasmodien aufnimmt und weitergibt.
Mit Zugvögeln könnte auch das Westnil-Fieber zu uns nach Deutschland kommen und durch verschiedene Mückenarten auf den Menschen übergehen. Steigt die Außentemperatur von 14 auf 18 °C, dauert es nur 22 statt 36 Tage, bis Mücken die Viren übertragen können, bei 30 °C sind es gar nur noch fünf Tage. In Südost-Europa hat sich das West-Nil-Virus bereits angesiedelt.
Ist der Klimawandel schuld an der Coronavirus-Pandemie? Das lässt sich zumindest aus einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Cambridge, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Hawai’i-Manoa schließen. Nach Ansicht der Forscher könnten Klimaveränderungen ein Grund sein, warum der wahrscheinliche Ursprungsort von SARS-CoV-2 in Südchina zu einem »Hotspot« für Coronaviren wurde.
Wandelnde Umweltbedingungen ließen verstärkt Waldgebiete in dieser Gegend entstehen, die sich als geeignetes Habitat für Fledermäuse, die Überträger der Corona-Viren, erwiesen. In der südchinesischen Yunnan-Provinz und benachbarten Gebieten in Myanmar und Laos breiteten sich wohl auch deshalb im letzten Jahrhundert etwa 40 neue Fledermausarten aus. Mit den Tieren kamen auch rund 100 neue Arten von Coronaviren in die Region. Durch die räumliche Nähe könnten Viren zwischen verschiedenen Arten ausgetauscht worden sein und sich weiterentwickelt haben. Über Gürteltiere als Zwischenwirte, die auf dem Markt in Wuhan verkauft wurden, könnte das Virus auf den Menschen übergegangen sein.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.