Gezielte Nachtpflege für die Haut |
Barbara Döring |
25.10.2022 09:00 Uhr |
Nachtpflegeprodukte werden am besten schon am frühen Abend angewendet. / Foto: Adobe Stock/focusandblur
Braucht die Haut abends eine spezielle Pflege oder reicht nicht doch die gleiche Creme wie am Morgen? Ein wichtiges Argument, das für unterschiedliche Pflegeroutinen morgens und abends spricht: Die physiologischen Vorgänge der Haut sind von der inneren Uhr gesteuert, sodass sie in der Nacht besonders von pflegenden und regenerierenden Wirkstoffen profitiert. Die chronobiologische Rhythmik sorgt dafür, dass unser größtes Organ tagsüber auf Schutz eingestellt ist, während in der Nacht die Reparaturmechanismen auf Hochtouren laufen. Gegen 20 Uhr beginnt eine Phase, in der die Haut besser durchblutet ist und pflegende und regenerierende Wirkstoffe optimal in die oberen Schichten gelangen. Pflegepräparate für die Nacht enthalten genau solche Helfer, die entweder pflanzlichen Ursprungs sind oder speziell entwickelt wurden.
Ab etwa 23 Uhr schüttet die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) vermehrt Somatropin aus. Das Wachstumshormon, auch bekannt als Human Growth Hormone, reguliert die Reifung und Differenzierung der Hautzellen. Es regt die Zellerneuerung an und sorgt dafür, dass festigende Faserproteine wie Kollagen und Kreatin aufgebaut werden. Ab etwa 60 Jahren beträgt die Produktion von Somatropin übrigens nur noch etwa ein Viertel der Menge, die der Haut in jungen Jahren zur Verfügung steht. Eine gute Nachtpflege ist deshalb für die reife Haut besonders wichtig.
In der Nacht aktiviert der Transkriptionsfaktor Klf9 zudem vermehrt Gene, die für die Teilung und Differenzierung der Keratinozyten in der Epidermis zuständig sind. Die Hauterneuerung und der Verschluss kleiner Wunden werden so beschleunigt. Gleichzeitig schaltet nachts das Immunsystem einen Gang höher, um eingedrungene Krankheitserreger, die zu Entzündungen führen könnten, unschädlich zu machen. Doch schon bevor wir die Nachttischlampe ausschalten, finden am späten Nachmittag die DNA-Reparatur in den Zellen statt. Deshalb kann es sinnvoll sein, die abendliche Pflegeroutine zeitig vor dem Schlafengehen ab 17 Uhr einzuplanen.
Die Kenntnisse der Chronobiologie lassen sich für die optimale Hautpflege nutzen, indem Wirkstoffe, die zur Hautregeneration beitragen, in Nachtpflegeprodukten höher konzentriert werden. Dazu zählen vor allem Reparaturenzyme wie Coenzym Q10 (zum Beispiel Eucerin® Coenzym Q10 Nachtpflege). Das Vitamin-A-Derivat Retinol trägt zum Zellwachstum bei und unterstützt die Abwehrfunktion der Haut (zum Beispiel Neostrata® Retinol Night Serum 0,3 %, Roche-Posay Redermic Retinol Anti-Falten Serum). Es spielt für die Struktur und das Erscheinungsbild der Haut eine große Rolle. Spezifische Peptide regen zudem die Synthese der Strukturproteine Kollagen und Elastin an und verleihen der Haut damit mehr Elastizität. Antioxidative Stoffe wie Vitamin C oder Resveratrol entsorgen schädigende Oxidanzien, die tagsüber entstanden sind (zum Beispiel Vichy Liftacitv Kollagen Specialist Nacht, Caudalie Resveratrol Lift Kräuter-Nachtcreme).
Nachtpflegeprodukte enthalten nicht nur die speziellen regenerierenden Wirkstoffe in höherer Konzentration, auch die Textur ist der Chronobiologie der Haut angepasst. In der Nacht ist die Talgproduktion auf ein Minimum reduziert. Die Pflege ist deshalb reichhaltiger, auch damit Feuchtigkeit und Lipide, die tagsüber verloren gegangen sind, ausgeglichen werden. Zu den pflegenden Grundlagen zählen dabei pflanzliche Öle wie Olivenöl oder Nachtkerzenöl, ungesättigte Fettsäuren, Ceramide, Glycerolmonostearat oder Wachse (wie in Olivenöl Intensivcreme Rosé von Medipharma Cosmetics, Dermasence Hyalusome Nachtpflege, Widmer Rich Night Cream). Dabei sollte die nächtliche Pflege auf die individuellen Bedürfnisse der Haut angepasst und auf die entsprechende Tagespflege abgestimmt sein.
Für normale oder unreine Haut ist eine besonders reichhaltige Creme nicht erforderlich. Leichte Texturen und Inhaltsstoffe wie Hyaluronsäure, die Feuchtigkeit spenden, sind hier ideal (wie Hyaluron Nachtpflege Légère von Medipharma Cosmetics, Avène Cleanance Women glättende Nachtcreme). Für Haut, die zu Allergien neigt oder überempfindlich reagiert, gibt es spezielle Produkte ohne Alkohol und Duftstoffe, die gezielt Irritationen lindern. Eine spezielle mikrobiotische Zubereitung soll helfen, den Verlust günstiger Hautbakterien zu ersetzen. Sie soll das Gleichgewicht des Mikrobioms fördern und so die natürliche Hautbarriere stärken. Thermalwasser wirkt zusätzlich beruhigend (zum Beispiel Roche Posay Toleriane Dermallergo Nacht).
Bei Rosacea ist ebenfalls eine beruhigende Pflege ohne Alkohol und Duftstoffe hilfreich. Spezielle Wirkkomplexe wie SymSitive® für sehr empfindliche Haut erhöhen ihre Toleranzschwelle, indem sie die Hautschutzbarriere stärken. Der Wirkstoff Licochalcone A aus der Süßholzwurzel wirkt antientzündlich und reduziert Rötungen (wie Eucerin® Antirötungen beruhigende Pflege).
Damit die Nachtpflege gut wirken kann, sollte ihr eine sorgfältige Gesichtsreinigung vorausgehen. Sie befreit die Haut von Verunreinigungen und sorgt dafür, dass die regenerierenden Wirkstoffe optimal aufgenommen werden. Für trockene Haut ist eine Reinigungsmilch ideal. Empfindliche Haut wird mit Mizellenwasser sanft gereinigt und gleichzeitig beruhigt. Für Mischhaut sind auch Reinigungsgele geeignet.
Einen zusätzlichen Pflege-Booster bieten Seren, die als Grundlage vor dem Nachtpflegeprodukt aufgetragen werden. Sie enthalten Wirkstoffe für bestimmte Bedürfnisse in besonders hoher Konzentration, zum Beispiel für trockene (Hyaluronsäure), empfindliche (Neurosensine), reife (Retinol, Vitamin C) oder unreine Haut (Salicylsäure) oder gegen Pigmentflecken (Niacinamid). Durch die leichte Textur ziehen Seren schnell ein und können so das individuelle Nachtpflegeprogramm optimal ergänzen.