Gibt es das »Wood Wide Web« wirklich? |
Diese Pilzfäden, die die Wurzeln einer Buche umhüllen und so einen Mantel bilden, sind das Ergebnis einer symbiotischen Beziehung zwischen einem Pilz und den Wurzeln einer Buche, von der beide Organismen profitieren. / © Georg August Universität Göttingen/Michela Audisio
Bücher und Dokumentarfilme haben die Vorstellung, dass Bäume über unterirdische Pilznetzwerke – dem so genannten »Wood Wide Web« – miteinander kommunizieren und Nährstoffe austauschen, befeuert. Doch so eng ist der Zusammenhalt in einem Wald wohl in der Realität nicht. Das ergab eine Studie eines Teams der Abteilung für Forstbotanik und Baumphysiologie der Universität Göttingen.
Demnach übertragen junge Bäume zwar Kohlenstoff an eine spezielle Pilzart, die auf und zusammen mit den Baumwurzeln in einer symbiotischen Beziehung wächst – aber nicht an benachbarte Bäume. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem in der Zeitschrift »New Phytologist« veröffentlicht. Die »Ektomykorrhizapilze« bilden komplexe unterirdische Verbindungen mit Baumwurzeln und es wurde vermutet, dass sie auch Bäume miteinander verbinden und einen gegenseitigen Nährstoffaustausch ermöglichen könnten.
Um die Bewegung des Kohlenstoffs zu verfolgen, arbeiteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Isotopen markiertem Kohlenstoff. Dabei versorgten sie eine junge »Spender«-Buche mit CO2, welches sie mit einem schwereren Kohlenstoffisotop (bekannt als Kohlenstoff-13) angereichert hatten, und warteten fünf Tage, um dem Baum Zeit zu geben, Kohlenstoff-13 zu absorbieren und in seine Wurzeln zu übertragen. Dann maßen sie den Kohlenstoff in den Wurzeln, Stämmen und Blättern eines nahe gelegenen potenziellen »Empfänger«-Baums.
Ektomykorrhiza-Wurzeln, also die Wurzeln, die mit den Pilzen symbiotisch verbunden sind, waren für die Forschenden von besonderem Interesse. Mit einem chirurgischen Eingriff trennten sie das Pflanzengewebe vom pilzbesiedelten Gewebe der Wurzelspitzen. Ihre Analyse ergab, dass Kohlenstoff-13, der Marker für den vom Spender stammenden Kohlenstoff, nur im pilzbesiedelten Gewebe und nicht im Rest der Wurzeln des Empfängerbaums vorhanden war. Das Forschungsteam wiederholte das Experiment an Douglasien – mit gleichem Ergebnis.
»Es ist schwer vorstellbar, dass Ektomykorrhizapilze uneigennützig Kohlenstoff von einem Baum auf den anderen übertragen würden«, sagt Dr. Michela Audisio, eine der Studienautorinnen. »Aber für Pilze ist es wahrscheinlich von Vorteil, wenn sie Zugang zu mehreren Kohlenstoffquellen haben.« Das Wood Wide Web könnte also wohl eher ein Pilz- als ein Baumnetzwerk sein.