Gleicher Name – andere Herkunft |
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 1995 die Hepatitis-B-Impfung für alle Säuglinge und Kleinkinder als Standardimpfung. / Foto: Fotolia/ Mediteraneo
An einer Virushepatitis sterben jährlich mehr als 1,3 Millionen Menschen. Das sind mehr Todesopfer, als AIDS, Tuberkulose oder Malaria fordern. Die Betroffenen nehmen oft jahrelang die Erkrankung nicht wahr, weil erst Symptome auftreten, wenn das Organ bereits durch Leberzirrhose oder Leberzellkrebs geschädigt ist. Die Dunkelziffer liegt mit Sicherheit um einiges höher, da die meisten Erkrankungen in den Entwicklungsländern auftreten, wo sie häufig gar nicht erfasst werden. Die Mehrheit der dortigen Bevölkerung hat weder die Mittel noch die Möglichkeit, einen Arzt aufzusuchen oder gar in den Genuss einer Impfung oder Therapie zu kommen. In Deutschland unterliegen die Hepatitiden der Meldepflicht.
Das Hepatitis-A-Virus (HAV) fanden Wissenschaftler erstmals im Jahr 1973 im Stuhl eines akut erkrankten Patienten. Sie stellten fest, dass es außergewöhnlich widerstandsfähig ist: Es übersteht jahrelange extreme Temperaturen und die Behandlung mit Säuren, Laugen sowie Lösungs- und Desinfektionsmitteln.
Das unbehüllte RNA-Virus gehört zur Familie der Picornaviren. Sein Genom ist einsträngig und liegt in positiver Polarität zur Leserichtung der späteren m-RNA. Das erleichtert die Transkription und macht das Virus stärker infektiös. Auch Corona- und Noroviren haben eine einsträngige RNA mit positiver Polarität. Das Virus nutzt ausschließlich den Menschen als Wirt. Es ist weltweit verbreitet und unter ungünstigen hygienischen Bedingungen relativ häufig. Während nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland 80 bis 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen infiziert waren, spielt die Erkrankung heutzutage keine größere Rolle mehr. Jeder zweite Fall von derzeit etwa 1000 pro Jahr beruht auf einer Ansteckung in einem Risikogebiet außerhalb Deutschlands.
Nach einer Inkubationszeit von zwei bis sechs Wochen vermehren sich Hepatitis-A-Viren in den Leberzellen. Diese reagieren mit einer akuten Entzündung, die jedoch komplikationslos ausheilt und nicht chronisch wird. Die Virionen gelangen von der Leber in den Darm, wo ihre Ausscheidung erfolgt. Sie finden sich auch im Speichel und Urin erkrankter Personen. Wasser und kontaminierte Lebensmittel, vor allem Meeresfrüchte, sind die häufigste Infektionsquelle, aber auch eine parenterale Übertragung ist möglich. Dieser Infektionsweg spielt vor allem in Ländern mit einem wenig entwickelten Gesundheitssystem eine Rolle.
Eine spezifische antivirale Therapie gibt es bisher nicht. Der beste Schutz vor der Erkrankung ist eine Impfung, für die monovalente Totimpfstoffe (beispielsweise Havrix®, Vaqta®, HAVpur®) oder Kombinationen mit Typhus (wie Viatim®) oder Hepatitis B (Twinrix®) zur Verfügung stehen. Die monovalenten Impfstoffe sind auch für eine Postexpositionsprophylaxe geeignet.
Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist seit 1970 bekannt, aber schon seit mehr als tausend Jahren im Menschen aktiv. Es gehört zur Familie der Hepadnaviren, hat ein teilweise doppelsträngiges DNA-Genom und ist behüllt. An einem Ende der DNA ist die DNA-Polymerase gebunden. Sie hat die Aufgabe, die Transkription zu katalysieren, ist aber auch der Angriffspunkt für die antiviralen Arzneistoffe Lamivudin und Penciclovir. Die Hülle macht das Virion empfindlich gegenüber chemischen und physikalischen Desinfektionsverfahren, ist aber im Vergleich zu anderen Viren sehr widerstandsfähig. Die acht Genotypen des HBV (A bis H) sind unterschiedlich über den Erdball verbreitet. Jeder ruft andere Krankheitsverläufe und Komplikationen hervor, worauf die Therapie und auch die Auswahl des geeigneten Impfstoffes Rücksicht nehmen müssen.
Auf seiner Oberfläche trägt das Virus ein spezielles Strukturprotein, das HBV-Oberflächenantigen (HBsAg). An dieser Stelle erkennt das menschliche Immunsystem das Virus und heftet seine Antikörper an. Diese spezielle Bindung macht sich auch die Diagnostik für den Nachweis der Infektiosität eines Patienten zunutze. HBsAg spielt auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Hepatitis D.
Die Hepatitis B verläuft in der Mehrzahl der Fälle akut und wird nur bei etwa zehn Prozent der Betroffenen chronisch. Diese Menschen stellen dauerhaft eine Infektionsquelle dar. Das Virus zerstört bei ihnen nicht direkt die Leberzellen, doch sorgen ständige Entzündungen infolge der Immunreaktion für die Entstehung von Leberzirrhose oder Leberkrebs.
Die Übertragung des Virus geschieht durch Kontakt mit Blut und Körperflüssigkeiten von Erkrankten. In den Industriestaaten erfolgen die meisten Infektionen durch ungeschützten Geschlechtsverkehr oder gemeinsamen Gebrauch von Spritzen, Kanülen und Kokainröhrchen im Drogenmilieu. Die Gefahr, durch eine Bluttransfusion zu erkranken, ist seit Anfang der 1990er-Jahre kaum noch gegeben, spielt jedoch in den Entwicklungsländern eine Rolle. Die Impfung gegen Hepatitis B ist in Deutschland Bestandteil des Impfkalenders. Meist erfolgt die Immunisierung mit einem rekombinanten Spaltimpfstoff (wie Infanrix Hexa®, Hexyon®) zeitgleich mit der Grundimmunisierung im Säuglingsalter.
Auf die Spur von HCV kamen die Wissenschaftler schon in den 1970er-Jahren, konnten jedoch das Virus selbst nicht nachweisen. Sie kannten nur die von ihm verursachte Krankheit und nannten sie Non-A-Non-B-Hepatitis. Das Hepatitis-C-Virus (HCV) selbst fanden sie im Jahr 1989 mit gentechnischen Methoden. Für seine Entdeckung erhielt das Team von Wissenschaftlern den Nobelpreis für Medizin, wie schon ihre Kollegen zuvor im Jahr 1976 für die Identifikation des HBV. Die Genomsequenz und die Virusproteine ließ sich die Firma Chiron damals patentrechtlich schützen. Nach Übernahme von Chiron liegen die Patentrechte jetzt bei der Firma Novartis.
Das Virus ist ein Vertreter der Familie der behüllten Flaviviren. Aufgrund seiner hohen Mutationsrate kommt es in einer Reihe von Varianten vor, bisher sind 67 Subtypen bekannt. Sein Genom besteht aus RNA mit positiver Polarität. Was die Verbreitung, Übertragungswege und die Spätfolgen betrifft, ähnelt HCV stark dem Hepatitis-B-Virus. Es führt jedoch in bis zu 80 Prozent der Fälle zu chronischen Verläufen. Die sonst typischen Hepatitis-Symptome wie Gelbsucht, heller Stuhl und dunkler Urin bemerken die meisten Patienten bei einer Hepatitis C nicht. Für die Behandlung ist eine Vielzahl von Virustatika zugelassen, deren Auswahl abhängig vom jeweiligen Subtyp des Erregers ist. Auf die bisherige Standardtherapie mit Interferonen verzichten die Ärzte meist, seit ihnen die direkten antiviralen Medikamente (DAA, wie Harvoni®) zur Verfügung stehen. Die Aussichten auf Heilung sind für die Patienten gut. Eine Entdeckung im akuten Stadium der Infektion führt bei 90 Prozent der Betroffenen zur Heilung. In bis zu 99 Prozent der chronischen Fälle können die Viren ebenfalls mit der passenden Therapie eliminiert werden. Eine Impfung gibt es derzeit noch nicht.
Das Hepatitis-D-Virus aus der Familie der Arenaviren verursacht die schwerste Form der chronischen Virushepatitis mit einem besonders hohen Risiko für Leberzirrhose und -krebs. Dabei ist es nicht einmal ein richtiges Virus, sondern nur ein Virusoid. Das ist ein unvollständiges Virus mit einzelsträngiger RNA, welches nur sein Genom und wenige Strukturproteine selbst zu synthetisieren vermag. Seine Hüllproteine kann es nicht selbst herstellen und deshalb ohne fremde Hilfe die Wirtszelle nicht wieder verlassen. Zu diesem Zweck ist HDV gewissermaßen eine Kooperation mit dem HBV eingegangen. Es bedient sich des HBsAg aus seiner Hülle, was natürlich nur funktioniert, wenn der Wirt bereits an Hepatitis B erkrankt ist. Hepatitis D ist deshalb eine Superinfektion, Gesunde können nicht daran erkranken. Die einfachste Prophylaxe gegen eine Hepatitis D ist eine Impfung gegen Hepatitis B.
Viele Virustatika sind bei einer Hepatitis D ineffektiv. Die bisher gängige Therapie ist die Off-Label-Behandlung mit PEG-Interferon, die jedoch schlecht verträglich ist. Hoffnung gibt den Patienten das im Jahr 2020 zugelassene Orphan Drug Bulevirtid (Hepcludex®). Der Wirkstoff ist ein Peptid mit einer Struktur ähnlich einem speziellen Hüllprotein der HBV und blockiert den Rezeptor auf der Membran der Leberzellen. Somit können weder HBV noch HDV neue Leberzellen infizieren, die Hepatitis kommt zum Erliegen.
Das Hepatitis-E-Virus (HEV) kommt weltweit vor mit Schwerpunkten auf der Südhalbkugel. Es ist ein unbehülltes RNA-Virus und gehört zur Familie der Hepeviren. Von seinen zahlreichen Subtypen sind vier für den Menschen pathogen. Im Unterschied zu den anderen Hepatitis-Viren halten sie sich in tierischen Reservoirs auf, vor allem in Haus- und Wildschweinen. Ungegartes Schweinefleisch stellt in den Industrienationen die häufigste Infektionsquelle dar. Immer wieder finden die Behörden auch in Deutschland HEV-Erbgut in rohen Schweinefleischprodukten.
Das Virus verursacht eine akute Leberentzündung, die ähnlich wie die Hepatitis A selbstlimitierend verläuft. Für Schwangere kann es zu einer großen Gefahr werden, denn jede vierte Infizierte verstirbt an einem akuten Leberversagen. Eine überstandene Infektion bietet vermutlich keinen lebenslangen Schutz, da die Antikörper nur wenige Jahre persistieren. Ähnlich wie das HAV verbreitet sich HEV über verunreinigtes Wasser und Lebensmittel. Impfstoffe befinden sich in der Erprobung, einer ist bereits in der Volksrepublik China seit mehreren Jahren zugelassen (Hecolin®). Für schwere Krankheitsfälle ist eine Therapie mit Ribavirin und PEG-Interferon möglich.