Große Bandbreite an Wirkstoffen |
Sven Siebenand |
28.09.2021 09:00 Uhr |
Ein guter Monat: Im September kamen einige neue Arzneistoffe auf den deutschen Markt. / Foto: Adobe Stock/lisa_16
Vericiguat (Verquvo®, Bayer) erweitert das Therapiespektrum bei Herzinsuffizienz. Diese Krankheit ist mit einer verminderten Synthese von Stickstoffmonoxid (NO) verbunden. Auch die Aktivität des Enzyms lösliche Guanylatcyclase (sGC) ist vermindert. Das führt zu einer Beeinträchtigung der Herz- und Gefäßfunktion. Denn NO bindet im Körper an sGC. Das führt dazu, dass ein weiterer Botenstoff, zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP), gebildet wird. Dieser spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Funktion des Herzens und der Blutgefäße. Vericiguat wirkt als direkter Stimulator von sGC. So kann bei Herzinsuffizienz der cGMP-Spiegel erhöht werden, was zur Entspannung und Vasodilatation der glatten Muskulatur führt.
Vericiguat wird angewendet zur Behandlung der symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit reduzierter Ejektionsfraktion, die vor Kurzem aufgrund einer Verschlimmerung ihrer Symptome eine intravenöse Therapie erhalten haben. Der Wirkstoff wird einmal täglich in Kombination mit anderen Herzinsuffizienz-Mitteln eingenommen. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt einmal täglich 2,5 mg. Die Dosis sollte etwa alle zwei Wochen verdoppelt werden, um bei Verträglichkeit die angestrebte Erhaltungsdosis von einmal täglich 10 mg zu erreichen. Sehr häufig kommt es unter Vericiguat zum Abfall des Blutdrucks.
Zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie infrage kommen, steht mit Bimzelx® von UCB Pharma ein neues Antikörperpräparat zur Verfügung. Bimekizumab bindet mit hoher Affinität an die Interleukine IL-17A und IL-17F und verhindert deren Wechselwirkung mit den entsprechenden Rezeptoren. Diese beiden Zytokine würden sonst den Entzündungsprozess bei der Schuppenflechte vorantreiben.
Der Antikörper wird subkutan injiziert. Über 16 Wochen sind zunächst im Vierwochen-Abstand zwei Injektionen mit jeweils 160 mg (insgesamt 320 mg) zu verabreichen. Danach geschieht dies alle acht Wochen. Sehr häufig kommt es zu Infektionen der oberen Atemwege, häufig sind zum Beispiel orale Candidosen.
Patienten mit chronischer Nierenerkrankung produzieren möglicherweise nicht genug Erythropoetin, das zur Stimulierung der Bildung roter Blutkörperchen benötigt wird. Es kommt dann zur Anämie. Eine neue Therapieoption mit neuem Wirkmechanismus stellt Roxadustat (Evrenzo™, Astellas) dar. Der sogenannte Hypoxie-induzierte Faktor (HIF) ist für die Produktion von Erythropoetin wichtig. Bei Sauerstoffmangel wird vermehrt HIF gebildet, bei ausreichender Versorgung wird HIF durch eine Prolylhydroxylase (PH) inaktiviert. Der HIF-PH-Inhibitor Roxadustat verhindert Letzteres. Dadurch steigert er die Produktion von Erythropoetin, was eine vermehrte Bildung von Erythrozyten zur Folge hat. Roxadustat ist der erste Vertreter der HIF-Prolylhydroxylase-Inhibitoren.
Roxadustat wird dreimal pro Woche an nicht aufeinanderfolgenden Tagen oral eingenommen. Die Anfangsdosis hängt vom Körpergewicht ab. Anschließend wird sie so eingestellt, dass ein Hämoglobinspiegel zwischen 10 und 12 g/dl erreicht und aufrechterhalten wird. Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen zählen Hypertonie, Übelkeit, Durchfall sowie Ödeme.
Bei einer seltenen Lebererkrankung darf der Neuling Odevixibat (Bylvay®, Albireo) ab einem Alter von sechs Monaten zum Einsatz kommen. Bei der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase kann die in der Leber gebildete Gallensäure schlecht sezerniert werden und sie staut sich in dem Organ an. Odevixibat hemmt den sogenannten ilealen Gallensäuretransporter im Dünndarm, über den der Großteil der Gallensäuren zurück in die Leber transportiert wird. Dies verhindert bei den Betroffenen die Ansammlung von Gallensäuren und eine Schädigung des Lebergewebes. Die empfohlene Dosis beträgt 40 µg/kg Körpergewicht. Die Kapseln sollen einmal täglich morgens eingenommen werden. Häufig kommt es zu weichem Stuhl, Durchfall und Bauchschmerzen.
Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist die häufigste Form des Non-Hodgkin-Lymphoms bei Erwachsenen. Eine neue Therapieoption ist Tafasitamab (Minjuvi®, Incyte). Der Antikörper wird in Kombination mit Lenalidomid mit anschließender Tafasitamab-Monotherapie bei Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem diffusem großzelligem DLBCL eingesetzt, wenn diese nicht für eine Stammzelltransplantation geeignet sind. Der Antikörper ist gegen CD19 auf B-Zellen gerichtet. Da dieses Oberflächenantigen von bösartigen B-Zellen stark exprimiert wird, gilt es als guter Angriffspunkt für Therapeutika. Tafasitamab wird infundiert. Es ist einer von fünf neuen Wirkstoffen auf dem Markt. / Foto: Adobe Stock/ glisic_albina