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Phytopharmaka

Grün entspannt den Bauch

Mit Bauchschmerzen ist das so eine Sache: Vielfältige Ursachen, von funktionell bis organisch, von psycho- bis soziogen, spiegeln sich in einem breiten Spektrum von Symptomen wider. Vor allem die Phytotherapie hält eine ganze Palette studiengesicherter Möglichkeiten gegen Verdauungsbeschwerden bereit.
Ulrich Enzel Elke Wolf
20.07.2021  09:00 Uhr

Den Knoten lösen

Bei funktionellen Verdauungsstörungen hat sich außerdem reines hoch dosiertes Pfefferminzöl (Buscomint®, Medacalm®) als gut untersuchte pflanzliche Alternative hervorgetan. Die kürzlich aktualisierte Reizdarm-Leitlinie hat es mit einer 1A-Empfehlung versehen.

Eine Reihe von Studien einschließlich mehrerer Metaanalysen zeigte eine gute Wirksamkeit des Phytopharmakons bei der symptomatischen Behandlung von Bauchschmerzen, leichten Krämpfen und Blähungen, vor allem bei Patienten mit Reizdarmsyndrom. Hauptverantwortlich für die Wirkung scheint das Menthol zu sein. Da es in der Lage ist, den Calcium-Einstrom in die Zelle zu unterbinden, resultiert eine entspannende Wirkung auf die verkrampfte Darmmuskulatur. Zudem können die beim Reizdarm oftmals auftretenden Flatulenzen gemindert werden. Gas- und Schaumbildung werden reduziert.

Auch von der Kombination aus 90 mg Pfefferminz- und 50 mg Kümmelöl (Carmenthin®) ist eine spasmolytische Wirkung bekannt. Daneben sind schmerzlindernde, entblähende und beruhigende Effekte dokumentiert, studiengeprüft ab einem Alter von 12 Jahren. Durch die magensaftresistente Verkapselung sowohl der Mono- als auch der Kombipräparate werden die Inhaltsstoffe der ätherischen Öle gezielt in den Darm transportiert. Das verhindert eine Wirkung bereits in der Speiseröhre und im Magen, wo es durch Entspannung des dortigen Schließmuskels zu mentholischem Aufstoßen, Sodbrennen und Reflux kommen könnte. Kümmel als Monopräparat ist in Form von Suppositorien (Carum carvi Kümmel-Zäpfchen) bereits ab dem Säuglingsalter zugelassen.

Und noch eine weitere evidenzbasierte Empfehlung gibt die Leitlinie für ein pflanzliches Präparat. Flohsamenschalen (wie Mucofalk®) können beim Obstipations-Typ des Reizdarms helfen. Letztere können gemäß der Leitlinie auch zum Remissionserhalt bei Colitis ulcerosa zum Einsatz kommen.

Hausmittel als Arzneimittel

Bei einer weiteren häufigen Erkrankung des Magen-Darm-Traktes nicht nur im Kindesalter, der akuten Diarrhö, konnte eine Mischung aus Apfel-Pektin und Kamillenfluidextrakt (Diarrhoesan® akut) vor allem in Anwendungsbeobachtungen seine Wirksamkeit beweisen. Dieses Präparat sollte aber nur zusätzlich zur oralen Rehydratation und diätetischen Maßnahmen eingesetzt werden. Dies vor allem bei Kindern unter engmaschiger Beobachtung des Allgemeinzustandes, wie etwa des Haut- und Schleimhautturgors sowie der Urinproduktion. Denn aus Magen-Darm-Infektionen können sich vor allem im Kindesalter leicht und rasch (lebens)bedrohliche Situationen entwickeln.

Apropos Kamille: Pflanzliche Arzneimittel können auch ihren Beitrag leisten, wenn die Wirkung nicht anhand klinischer Studien belegt ist. Denn die Tatsache, dass es keine oder wenige Studien gibt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es auch nicht wirkt. Für Kamillen-Extrakte sind spasmolytische Effekte im gastrointestinalen Bereich nur im Tierversuch nachgewiesen. Dennoch sind Kamillenextrakte bereits seit Jahrhunderten für den innerlichen und äußerlichen Einsatz in Gebrauch.

Als evidenzbasiert kann man dagegen den Einsatz von Ingwerwurzelstock (wie Zintona®) bei der Indikation Reiseübelkeit bezeichnen. Die Monographie des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA ordnet die gepulverte Droge dem well-established use zu. Die Wirksamkeit von 1 bis 2 Gramm eine halbe bis eine Stunde vor der Reise eingenommen ist bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren belegt. Interessant: Dem Fertigarzneimittel liegt kein Extrakt zugrunde, sondern das Drogenpulver. Gegen andere Übelkeitsformen wie die bei Schwangerschaft oder die durch Chemotherapie zeigte sich der Ingwerwurzelstock dagegen weniger effektiv.

Trockenextrakte aus Mariendistelfrüchten sind indes von der EMA in ihrem Status vor Kurzem herabgestuft worden. Die Experten hatten die Studienlage neu bewertet und als Ergebnis ist aus dem well-established use in der HMPC-Monographie ein traditional use geworden. Die Herabstufung lässt sich vor allem mit dem Indikationsgebiet erklären. Alkoholbedingte Leberschäden sind wahrlich nichts für die Selbstmedikation. Und die in einigen Studien gezeigte Regenerationsfähigkeit von Leberzellen schlägt sich in der Summe nicht in einem Benefit für die Patienten nieder. Nun lautet das Indikationsgebiet etwa im Beipackzettel von Legalon®, mit dem die meisten Studien durchgeführt wurden: Trockenextrakt zur symptomatischen Linderung von Verdauungsstörungen, von Völlegefühl und zur Unterstützung der Leberfunktion.

Keine Evidenzen gibt es auch für den Einsatz bei viralen Hepatitiden. Die altbekannte Indikation »Vergiftung mit Knollenblätterpilzen« ist übrigens noch aktuell. Jedoch handelt es sich dabei nicht mehr um einen Extrakt der Mariendistel, sondern um einen partial-synthetisch veränderten Silymarin-Bestandteil.

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