Grünkohl: Vielgestaltige Vitamin-C-Bombe |
Kerstin Pohl |
23.02.2022 16:00 Uhr |
Grünkohl kann man durchaus als Superfood bezeichnen, da er eine sehr hohe Nährstoffdichte aufweist. / Foto: Adobe Stock/azurita
Je nach Region ist der Grünkohl auch unter anderen Namen bekannt wie Braun-, oder Krauskohl, Blätter-, Feder-, Winterkohl oder auch Friesische Palme. Es gibt ihn in verschiedenen Sorten, in unterschiedlichen Blätterfarben und Wuchshöhen. Dabei ist die Holter Palme mit 1,10 Metern der Riese unter den Grünkohlsorten.
Bekannt ist das Gemüse bereits seit dem 3. Jahrhundert vor Christus. Ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammend, ist der Grünkohl heute weltweit bekannt und in Nordwesteuropa, dem Baltikum und Skandinavien zu finden. Auch in den USA ist man mittlerweile auf den Geschmack gekommen. Dort findet er vor allem regen Zuspruch bei Vegetariern und Gesundheitsbewussten.
Kultstatus genießt traditionelles Grünkohlessen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Hier wird der Grünkohl mit Pinkel serviert, einer Grützwurst, die aus Grütze, Speck, Schmalz und mit verschiedenen Gewürzen hergestellt wird.
Früher waren Kohlgerichte sehr deftige Mahlzeiten, die Menschen sättigen mussten, die noch schwer körperlich arbeiteten. Heute, in kalorienbewussteren Zeiten, in denen auch die Arbeit körperlich weniger anstrengend ist, kann man das Wintergemüse beispielsweise auch kalorienärmer, beispielsweise fettarm und mit kleinerer Fleischeinlage zubereiten.
Grünkohl kann man durchaus als Superfood bezeichnen, da er eine sehr hohe Nährstoffdichte aufweist. So enthält er mit 105 mg/100 g doppelt so viel Vitamin C wie Orangen (50 mg/100 g) oder Kiwis (46 mg/100 g).
Außerdem liefert das Wintergemüse mit 4,3 g Eiweiß je 100 g bemerkenswert viel Protein, das zudem auch noch sehr hochwertig ist. Besonders sticht dabei eine Aminosäure hervor: Tryptophan (65 mg/100 g). Dieser Proteinbaustein wird im Organismus zu Serotonin umgebaut, einem Gewebshormon, das ein Glücks- und Gute-Laune-Stoff fürs Gehirn ist und der auch beim Einschlafen hilft.
Foto: Getty Images /JGI/Jamie Grill
86,3 g Wasser
4,3 g Protein
0,9 g Fett, cholesterinfrei
2,5 g Kohlenhydrate
4,2 g Ballaststoffe212 mg Calcium
31 mg Magnesium
490 mg Kalium105 mg Vitamin C
1447 µg Retinol-Äquivalent (Vitamin A)
Der Fettgehalt ist mit 0,9 g/100 g gering, damit auch kalorienarm (37 kcal/100 g) und ebenfalls qualitativ bedeutsam, da hier die Alpha-Linolensäure (ALA) zu finden ist, die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren gehört und entzündungshemmend wirkt.
Außerdem ist das Gemüse mit 212 mg Calcium je 100 g ein sehr guter Lieferant für dieses Mengenelement und gehört damit zu den besonders empfehlenswerten pflanzlichen Calciumquellen. Grünkohl hat zudem den Vorteil, dass die enthaltene Menge an Oxalsäure, die die Calciumaufnahme behindert, mit unter 10 Milligramm sehr gering ist. Nicht zu verachten ist auch der Eisengehalt mit 1,9 mg/100 g.
Neben den Hauptnährstoffen enthält Grünkohl zudem sekundäre Pflanzenstoffe. Diese wirken entzündungshemmend sowie antioxidativ und können so das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte Krebserkrankungen reduzieren und das Immunsystem positiv beeinflussen. In Grünkohl finden sich Carotinoide (Lutein, Beta-Carotin), Flavonoide, Glucosinolate (Senfölglykoside, die den typischen Geruch und Geschmack des Grünkohls ausmachen) und Phenolsäuren.
Doch Vorsicht: Grünkohl enthält größere Mengen Kalium (490 mg/100 g) und ist daher nicht für Patienten mit Nierenerkrankungen geeignet. Da bei ihnen die Ausscheidungsfunktion der Nieren eingeschränkt ist, kann sich Kalium im Körper anreichern und den Elektrolythaushalt aus dem Gleichgewicht bringen. Bei einer Hyperkaliämie sollten kaliumreiche Lebensmittel deshalb generell eingeschränkt werden.
Die Verarbeitung von Grünkohl in der Küche ist sehr vielseitig: frisch oder gekocht, tiefgekühlt oder konserviert im Glas oder in der Konserve. Das Kohlgemüse kann gekocht, gedünstet, gedämpft oder auch gebraten werden und Suppen und Eintöpfen zugegeben werden. Aber auch roh kommt das Gemüse zum Einsatz: kleingeschnittene junge Blätter im Salat oder in Smoothies, beispielsweise gemischt mit Möhrensaft.
Der neueste Trend ist Grünkohl als Snack: getrocknet in Chipsform. Dazu Grünkohl in kleine Stücke schneiden, ordentlich trocknen, mit Salz, Paprika und Pfeffer würzen, im Backofen trocknen bei 130 Grad bis die Chips »rascheln« wie Laub.
Das Gemüse sollte beim Kauf frisch, die Blätter leuchtend grün, knackig und die Ränder weder welk oder noch trocken sein. Bei der Lagerung sollte man beachten, dass der Grünkohl nicht direkt neben Ost liegt, das Ethylen abgibt. Dieses Reifungsgas, das beispielsweise von Äpfeln produziert wird, führt dazu, dass die Blätter entfärben und gelb werden. Im Kühlschrank hält sich das Wintergemüse in einer Plastiktüte verpackt bis zu einer Woche. Wenn man das frische Gemüse einfrieren möchte, sollte es vorher ein bis zwei Minuten blanchiert werden. Im Handel ist Grünkohl auch als Pulver erhältlich und kann dann Smoothies oder Suppen zugegeben werden.
Früher glaubte man zudem, Grünkohl würde besser schmecken, wenn er nach dem ersten Frost geerntet wird, da dadurch die Stärke in Zucker umgewandelt wird. Das trifft aber nicht zu. Durch die längere Reifezeit auf dem Feld wird lediglich mehr Stärke in Zucker umgewandelt, unabhängig davon ob es friert oder nicht, und der herbe Geschmack wird so reduziert. Zudem enthalten die heutigen Züchtungen weniger Bitterstoffe. Gut zu wissen ist daher: Der Geschmack von bereits geerntetem Grünkohl kann auch nicht durch Nachahmen des Frostes durch Lagerung in der Tiefkühltruhe beeinflusst werden. Ausschlaggebend ist vielmehr ausreichendes Tageslicht, das für die Umwandlung von Stärke zu Zucker notwendig ist.
Grünkohl wurde bereits im 3. Jahrhundert vor Christus im Mittelmeerraum angebaut und damals vorwiegend als Heilpflanze genutzt. Auch die alten Griechen wussten um die heilende Wirkung der Pflanze. So setzte Hippokrates eine Brühe aus den Blättern bei Magen- und Darmbeschwerden sowie bei Husten und Heiserkeit ein.
Ein gänzlich anderes Einsatzgebiet für Grünkohl ist der des aktiven Biomonitoring. Hier dient das Gemüse als Indikator für Umweltverschmutzung. Bestimmte Schadstoffe wie PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), organische und anorganische Schadstoffe reichern sich in den Pflanzen an und diese werden sichtbar geschädigt durch die Partikel, die sich auf der Pflanzenoberfläche ablagern.