Gut gewickelt, sanft geheilt |
Vor dem Griff zum Schmerzmittel sollte man besonders bei Kindern mit Ohrenschmerzen erst einmal dem altbekannten Zwiebelsäckchen eine Chance geben. / Foto: Adobe Stock/Dagmar Breu
Pfarrer Sebastian Kneipp (1821 bis 1897) und der Wasserheiler Vinzenz Prießnitz (1799 bis 1851) legten mit der Hydrotherapie den Grundstein für das Naturheilverfahren der Wickel-Anwendungen. Mit einfachen Mitteln wie Wasser, Kälte oder Wärme, ein paar Mulltüchern und bei Bedarf wohltuenden Zusätzen wie Heilpflanzen oder Lebensmittel wurden vor Generationen viele Beschwerden behandelt. Neben klassischen Umschlägen versteht man unter dem Oberbegriff Wickel auch Auflagen und Kompressen. Diese bedecken nicht das komplette Körperteil, sondern liegen nur teilweise oder einseitig auf und eignen sich sehr gut für den Hausgebrauch.
Je stärker die Wassertemperatur von der gewöhnlichen Körpertemperatur abweicht, desto stärker wirkt der Reiz. Schwache und mittlere Reize stärken die Lebenskräfte, zu starke Reize hemmen die Körperreaktion und irritieren eher. Dabei wirkt Kälte anregend und entzieht dem Körper Wärme (wie bei akuten Entzündungen, Waden- oder Pulswickel bei Fieber). Wer fröstelt, verträgt keine Kältereize. Wenn man erst während der Wickelung anfängt zu frieren, ist der Reiz zu stark. Dann empfiehlt es sich, abzubrechen und sich beziehungsweise den Kranken etwa mit einer warmen Decke, Tee oder Wärmflasche aufzuwärmen. Wärme hingegen entspannt die betroffene Körperregion und den Organismus. Oberste Devise: Nur ein Wickel, den man als angenehm empfindet, ist nützlich.
Für Kältereize empfiehlt sich als Wickel-Material solches aus Leinen besonders gut, denn er leitet gut die Körperwärme ab. Alte Geschirr- oder Betttücher sind dafür ein guter Fundus. Mull- oder Geschirrtücher aus Baumwolle sind dagegen bessere Wärmeleiter und eignen sich als solche gut für warme Wickel. Damit der Körper die Wirkung des Wickels gut verarbeiten kann, sollte ein Zeitabstand von etwa 30 Minuten zu Mahlzeiten eingehalten werden.
Selbst für Wickel-Unerfahrene eignen sich folgende Anti-Infekt-Rezepte, deren Zutaten in den meisten Küchen vorhanden oder schnell verfügbar sind – am besten mit Bio-Qualität.
Bei akuten Ohrenschmerzen von Kindern lohnt es sich, vor dem Griff zum Schmerzmittel erst einmal dem altbewährten Zwiebelsäckchen eine Chance zu geben. Der austretende Zwiebelsaft wirkt durchblutungsanregend, abschwellend, entzündungs- und schmerzlindernd sowie leicht antibakteriell.
Für das Zwiebelsäckchen wird eine halbe Speisezwiebel in kleine Stücke geschnitten und in ein sauberes Stofftaschentuch gewickelt. Dann zubinden und über heißem Wasserdampf (etwa auf einem umgedrehten Kochtopfdeckel) auf etwa Körpertemperatur erwärmen. Dies dient der besseren Verträglichkeit und Wirkung.
Die erwärmte Auflage wird nun auf das schmerzende Ohr gelegt, darauf kommt ein Tuch oder ein Waschhandschuh. Das Ganze wird dann mit einem Schal, Stirnband oder einer Mütze fixiert. Das Zwiebelsäckchen verbleibt mindestens 20 Minuten, kann aber auch mehrere Stunden auf dem Ohr verbleiben. Zum erneuten Erwärmen kann auch ein kleines, erwärmtes Kirschkern- oder Dinkelkissen dienen, das unter den fixierenden Stoff geschoben wird.
Wenn es im Hals kratzt und jeder Schluck schmerzt, hat sich die Zitrone bewährt. Wem warme Getränke guttun, dem hilft ein warmer Halswickel. Wem es hingegen nach Kaltgetränken zur Beruhigung des Halses dürstet, der empfindet wahrscheinlich eine kühle Auflage als angenehmer.
Für einen warmen Halswickel wird der Saft einer halben Zitrone in etwas heißes Wasser gegeben. Damit wird dann ein dünnes Tuch getränkt, leicht ausgewrungen und dann so um den Hals gelegt, dass die Wirbelsäule frei bleibt. Darüber kommt ein Zwischentuch, das mit einem Schal oder einem Außentuch fixiert wird. Einwirken darf die Auflage, bis sie abgekühlt ist, was etwa fünf bis zehn Minuten dauert.
Für den kühlen Halswickel wird eine Zitrone in dünne Scheiben geschnitten. Vier bis fünf davon nebeneinander auf ein längeres Stück Küchenpapier legen und daraus ein Päckchen falten. Dann um den Hals legen (auch Wirbelsäule aussparen) und mit einem Schal oder Tuch fixieren. Die Auflage verbleibt etwa 30 Minuten und dann gut abtrocknen, damit der Nachkühleffekt nicht zu stark ist.
Viele Hustengeplagte schwören auf warme Kartoffelwickel. Grund dafür sind die hervorragend wärmespeichernden und -leitenden Eigenschaften der Knolle, denn die erhitzte Kartoffel gibt langsam und kontinuierlich Wärme ab. Laut dem Wissen unserer Großmütter entspannen so verkrampfte Bronchien und es wirkt schleimlösend.
Für den Kartoffelwickel werden vier bis sechs mittelgroße Kartoffeln mit Schale weich gekocht. Dann in die Mitte eines Geschirrtuchs legen, zu einer brustgroßen Auflage wickeln und mit den Händen zerdrücken. Wenn der Wickel soweit abgekühlt ist, dass keine Verbrennungsgefahr besteht, dann wird er im Liegen auf die Brust gelegt und verbleibt dort, bis er abgekühlt ist.
Bei entzündeten Stirn- und Nebenhöhlen sind Breiumschläge mit Leinsamen ein wertvoller Tipp aus Omas Küchenregal. Die gequollenen Leinsamen dienen ebenfalls als Wärmespender und enthaltene Öle und Schleimstoffe helfen, die zahlreichen Gänge der Nasennebenhöhlen frei zu putzen. Das nimmt den schmerzhaften Druck in den Stirn- und Kieferhöhlen.
Dafür etwa eineinhalb Tassen ganze Leinsamen mit kochendem Wasser übergießen, rühren und quellen lassen. Dann in große Teefilter füllen und das obere Ende umschlagen. Die beiden Kompressen zwischen zwei Wärmflaschen erwärmen und anschließend auf die schmerzenden Gesichtsregionen legen, solange sie warm sind.
Schmeckt besser als erwartet und hilft bei der Genesung: Zwiebel-Hustensaft. Es sind die scharf riechenden ätherischen Öle, schwefelhaltigen Verbindungen, Flavonoide und Vitamine, welche die Zwiebel zum idealen Hausmittel gegen Erkältungen und Husten machen. Zäher Schleim löst sich, das Abhusten wird erleichtert und die ätherischen Öle wirken antimikrobiell.
Ein solcher Saft ist im Nu hergestellt: Man schäle etwa 750 Gramm (nicht zu scharfe) Zwiebeln, schneide sie grob und gebe sie in ein großes Marmeladenglas. Hinzu kommt eine ordentliche Menge Kandiszucker, der dazu dient, den Zwiebeln den heilungsfördernden Saft zu entziehen. Deckel drauf, kurz durchschütteln und etwa sechs Stunden durchziehen lassen. Dann hat sich genug Saft gebildet, der abgeschöpft oder mit Hilfe eines Filters oder feinen Siebes durch einen Trichter in eine leere, saubere Hustensaftflasche abgefüllt werden kann. Dosierung: mehrmals täglich einen Esslöffel bei Schulkindern und Erwachsenen, bei Kleinkindern ein bis zwei Teelöffel. Im Kühlschrank aufbewahren!
Schwarzer Rettich wird zwar eher selten vorrätig gehalten, aber beim nächsten Einkauf lohnt sich der Griff zur pikanten Knolle. Deren Senföle und andere Pflanzenstoffe wirken entkrampfend, schleimlösend, auswurffördernd und antibakteriell.
Für einen traditionellen Rettich-Sirup benötigt man einen schwarzen Rettich, dessen oberes Drittel abgeschnitten wird. Dann so viel Rettichfleisch aushöhlen, dass etwa ein halber Zentimeter Rand übrig bleibt. In der Mitte ein Loch durch den Boden stechen und den Rettich auf ein Marmeladenglas setzen. Das ausgehöhlte Innere kleinschneiden und mit etwa sechs Esslöffeln Rohrohrzucker, Kandis oder Honig in den Rettich zurückfüllen. Der sich bildende Saft tropft nun langsam in das Glas. Circa sechs Stunden durchziehen lassen, gegebenenfalls noch etwas Zucker nachgeben. Wenn sich kein Saft mehr bildet, wird das Glas verschlossen. Angewendet wird er wie der Zwiebel-Hustensaft.
Foto: Adobe Stock/losangela
Dank seiner antioxidativen und antimikrobiellen Wirkung soll Ingwer das Immunsystem stärken und grippalen Infekten vorbeugen können. Doch ein paar Scheiben Ingwer in heißem Wasser helfen da nur wenig! Selbstgepresster, frischer Ingwerwurzelsaft ist die bessere Wahl, um ausreichend der wirksamen Scharfstoffe (vor allem die Gingerole) aufnehmen zu können.
Zubereitung: 3 Zitronen auspressen und 100 Gramm Bio-Ingwer schälen und grob würfeln. Ingwer, Zitronensaft, 100 ml Agavendicksaft (alternativ Ahornsirup oder Honig) und 200 ml Wasser vermengen und mit einem Pürierstab fein pürieren. Etwas Kurkumapulver verstärkt die entzündungshemmende und immunstärkende Wirkung – inklusive tollem Farbeffekt! Wer die Stückchen nicht mag, kann die Flüssigkeit durch ein Sieb laufen lassen. Alternativ kann der Ingwer auch mit einer Bürste geschrubbt und dann mit der Schale in eine Saftpresse gegeben werden. Den fertigen Ingwer-Shot in eine Flasche füllen oder direkt genießen.
Bei ersten Anzeichen eines grippalen Infektes täglich zwei bis drei kleine Schnapsgläschen oder verdünnt mit heißem Wasser als pikanten Tee genießen. Im Kühlschrank aufbewahren! Wer magenempfindlich auf den konzentrierten Ingwer-Shot reagiert, der reduziert die Menge bis auf eine für ihn magenfreundliche Dosis.