Hand-Fuß-Mund-Krankheit ist hochansteckend, aber harmlos |
Der typische Hautausschlag zeigt sich bei der Hand-Fuß-Mund-Krankheit zuerst im und um den Mund herum. / Foto: Getty Images / Aldegonde
Das Kind fühlt sich abgeschlagen, möchte nichts essen und klagt über Halsweh und Fieber? Dann lohnt sich ein Blick in den Mund. Bei der Hand-Fuß-Mund-Krankheit fällt Ärzten die Diagnose selten schwer: »Die klinischen Symptome sind relativ typisch mit Aphthen im Mund und auf der Zunge, einem Ausschlag um den Mund und Bläschen an den Händen und Füßen, insbesondere an den Handinnenflächen und Fußsohlen«, erklärt Privatdozent Dr. Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gegenüber PTA-Forum.
»Die Erkrankung wird durch verschiedene Enteroviren wie Coxsackie-A-Viren verursacht«, erklärt Rodeck. Obwohl sie ganzjährig auftritt, häufen sich Fälle besonders jetzt im Spätsommer und Herbst. Glücklicherweise verläuft die Hand-Fuß-Mund-Krankheit fast immer mild und heilt auch ohne spezifische Therapie binnen sieben bis zehn Tagen aus. Über 80 Prozent der Infektionen verlaufen sogar unbemerkt. Schwere Komplikationen mit einer Gehirnbeteiligung sind sehr selten.
»Trotzdem sollte zur Diagnosesicherung und Abgrenzung zu anderen Erkrankungen wie Pfeiffersches Drüsenfieber, einer Herpesinfektion oder einer Mandelentzündung eine kinderärztliche Vorstellung erfolgen«, empfiehlt Rodeck. Der typische Hautausschlag tritt meist ein bis zwei Tage nach den Allgemeinsymptomen wie Fieber und Appetitmangel auf und zeigt sich zuerst im und um den Mund herum. Die Punkte können sich im weiteren Verlauf zu geschwürartigen Bläschen entwickeln. Am Körper können die Flecken erhaben oder flach sein und sowohl jucken, schmerzen als auch gar keine Beschwerden verursachen.
Bei atypischen Verläufen zeigt sich der Ausschlag auch an anderen Körperstellen wie Ellenbogen, Gesäß oder Genital. Manche Betroffenen verlieren sogar einen oder mehrere Finger- oder Zehennägel, üblicherweise innerhalb von vier bis acht Wochen nach der Infektion. Eltern dürfen nach einem kurzen Schreck aber aufatmen: Nach einiger Zeit wachsen die Nägel wieder vollständig und gesund nach.
Alles in allem sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt und weder kausal möglich noch zwingend erforderlich. Denn es gibt kein spezifisches Heilmittel gegen die Hand-Fuß-Mund-Krankheit. »Einzelne Kinder bedürfen aber einer symptomatischen Behandlung, da sie schwerere Allgemeinsymptome haben«, weiß der Experte. Bei Fieber können Eltern die Temperatur mit einem Wadenwickel senken. Genügt das nicht, empfiehlt Rodeck als fiebersenkendes und schmerzstillendes Medikament primär Ibuprofen. Die genaue Dosierung richtet sich nach dem Gewicht des Kindes. Es sind sowohl Saft als auch Zäpfchen verfügbar.
Oft plagen das Kind besonders die Schmerzen an der Mundschleimhaut. Jeder, der schon einmal eine Aphthe im Mund hatte, weiß, wie qualvoll diese Ulzerationen sein können. Betroffene essen in dieser Zeit am liebsten weiche und weder heiße noch scharfe Speisen wie Kartoffelbrei, Suppe oder Grießbrei. Viele mögen auch einen kühlen Joghurt oder Eis. Saures Obst, Säfte sowie Früchtetees können hingegen brennen; Eltern sollten sie besser nicht anbieten. Schwächelt für einige Tage der Appetit, müssen sie sich in der Regel keine Sorgen machen oder ihren Nachwuchs gar zum Essen zwingen. Dass die Kinder genug trinken, ist hingegen sehr wichtig. Mit einem Strohhalm fällt es manchen leichter.
»Bei schmerzhaften Aphthen oder Bläschen im Mundbereich können lokal schmerzlindernde Medikamente verwendet werden«, so Rodeck. Lokalanästhetika wie Lidocain betäuben die Schmerzen, während Pflanzenextrakte mit Kamille, Melisse oder Thymian die Heilung unterstützen. Kamistad® kombiniert beides, ist jedoch erst ab zwölf Jahren zugelassen. Das Monopräparat Dynexan Mundgel® hat die gleiche Wirkstärke (20 mg/g Gel Lidocain), darf jedoch offiziell bereits bei Säuglingen angewendet werden. Ebenfalls ab Geburt dürfen Eltern zu InfectoGingi® Mundgel greifen. Es enthält mit 10 mg/g Lidocain nur die halbe Dosis, aber zusätzlich Salbeiblätter- und Kamillenblütenextrakt. Denkbar wäre alternativ auch die Verwendung von Zahnungsgelen wie Kamistad Baby® (Macrogollaurylether, Auszug aus Kamillenblüten) oder dem niedrig dosierten Dentinox® Gel N (3,4 mg/g Lidocain, Macrogollaurylether, Tinktur aus Kamillenblüten).
Der Ausschlag an Handinnenflächen und Fußsohlen kann stark jucken. Die Bläschen dürfen jedoch keinesfalls aufgekratzt werden. / Foto: Getty Images / Kipgodi
Eltern dürfen Lidocain-haltige Präparate in der Regel drei- bis viermal täglich in einer erbsengroßen Menge auftragen. Insbesondere bei Kleinkindern und Säuglingen müssen sie sich unbedingt an diese Empfehlung halten und die Tube unzugänglich aufbewahren. Denn bei einer Überdosierung drohen schlimmstenfalls Krampfanfälle, Hirnschäden, Herzprobleme oder sogar tödliche Vergiftungen. Können Kinder zuverlässig ausspucken, kommen auch Gurgellösungen wie Kamillosan® (ab sechs Jahren) oder Salviathymol® (Zulassung ab zwölf Jahren) infrage.
Gegen Juckreiz auf der Haut hilft eine Gerbstoff-haltige Lotion oder kühlende Zinkoxid-Schüttelmixtur (wie Tannosynt®, Anaesthesulf®). Sie stärken zusätzlich die Hautbarriere und wirken entzündungshemmend. Nachts können Fäustlinge oder Baumwollhandschuhe verhindern, dass das Kind sich im Schlaf blutig kratzt. Zusätzlich sollten die Fingernägel kurz gehalten werden. Werden die Bläschen aufgekratzt, droht eine bakterielle Besiedelung. Das austretende Sekret enthält zudem eine sehr hohe Viruskonzentration.
Nach der Ansteckung dauert es üblicherweise drei bis zehn Tage, ehe die Symptome auftreten. Am häufigsten wird die Krankheit laut Robert-Koch-Institut (RKI) durch den Enterovirus Coxsackie-Virus A-16 verursacht. Allerdings existieren zahlreiche Virustypen, und während eines Ausbruchs können sogar verschiedene Stämme gleichzeitig zirkulieren. »Man ist nach einer Infektion immun gegen den auslösenden Virustyp«, schildert Rodeck. »Da aber verschiedene Virustypen die Erkrankung auslösen können, kann die Hand-Fuß-Mund-Krankheit mehrfach bei einem Patienten auftreten.«
Auch Erwachsene sind davor nicht gefeit. Bei ihnen verlaufe die Erkrankung jedoch mit deutlich geringeren Symptomen oder unbemerkt. »Eine Ausnahme sind Erwachsene mit Immunschwäche.« Schwangere müssen im Umgang mit der Infektion in der Regel keine besonderen Risiken fürchten. Erkranken sie kurz vor der Geburt, können sie das Virus aber auf ihr Neugeborenes übertragen. Säuglinge sind besonders in ihren ersten beiden Lebenswochen gefährdet. Zum Glück treten aber schwerwiegende Verläufe bei ihnen nur sehr selten auf.
Klassischerweise erfolgt die Übertragung direkt von Mensch zu Mensch. »Die Erkrankung ist hochinfektiös, sodass ein enger Kontakt mit möglicher Übertragung von infektiösem Material, wie Sekrete aus den Bläschen, Speichel oder Stuhl, zu anderen Kindern vermieden werden sollte«, erklärt Rodeck. Kindergarten oder Schule sind also zunächst tabu. Im Verlauf der Erkrankung sinkt mit der Viruskonzentration auch das Ansteckungsrisiko. Eine Übertragung der Viren durch Tröpfchen spielt nur in der Anfangsphase der Erkrankung eine Rolle. »Meist klingen die klinischen Symptome innerhalb einer Woche bis zehn Tagen ab, sodass dann wieder ein Kindergarten- oder Schulbesuch möglich ist.«
Es ist aber nicht immer möglich, eine Ansteckung zu verhindern. Denn die Viren werden wochenlang über den Stuhl ausgeschieden, und auch asymptomatische Kinder können sie unbemerkt verbreiten und andere infizieren. Zudem bleiben die unbehüllten RNA-Viren lange auf Oberflächen virulent. In Gemeinschaftseinrichtungen tragen gemeinsam benutztes Spielzeug, aber auch Tische und Türklinken daher maßgeblich zur Verbreitung bei. Um eine fäkal-orale Ansteckung zu vermeiden, helfen konsequente Hygienemaßnahmen: Sämtliche Flächen müssen regelmäßig gereinigt und die Hände insbesondere nach dem Windelwechsel oder vor dem Essen gründlich gewaschen werden.