Handekzem-Therapie in Stufen |
Ständiges Arbeiten im feuchten Milieu und mit irritativ wirkenden Substanzen macht das Friseurhandwerk zum Risikofaktor für Handekzeme. / Foto: Getty Images/Abraham Gonzalez Fernandez
Nässende Hauteinrisse, Bläschen und verschorfende Entzündungen an Händen und Handgelenken, die immer wieder aufreißen: Dass solche Läsionen Beruf und Freizeit beeinträchtigen, kann man förmlich fühlen. »Für die Betroffenen sind diese Symptome sehr einschränkend und belastend, denn die Hände sind unsere wichtigsten Werkzeuge. Daher ist es nicht überraschend, dass das Handekzem eine der verbreitetsten Berufskrankheiten ist und es die Statistik der gesetzlichen Unfallversicherung anführt«, erklärt Professorin Dr. Andrea Bauer, Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden, in einer Pressemitteilung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Immerhin jeder Zehnte hat eine solche entzündliche Hautläsion.
Feuchtarbeit ist der maßgebliche Risikofaktor und deshalb häuft sich das Auftreten eines Handekzems besonders an Arbeitsplätzen im Friseurgewerbe, im Gesundheitsbereich, in der Metallindustrie, in Reinigungsbetrieben oder Berufen in der Nahrungsmittelindustrie und der Gastronomie. Ständiges Arbeiten in feuchtem Milieu schädigt die Hautbarriere, erst recht wenn hautreizende und allergieauslösende Substanzen mit im Spiel sind, die leicht in die mazerierte Haut eindringen können.
Der Schweregrad des Handekzems reicht von sehr leichter Ausprägung bis zu schweren chronischen und schmerzhaften Verläufen, die zu langen Krankschreibungen und Verlust des Arbeitsplatzes führen können. »Das chronische Handekzem hat eine hohe gesundheitsökonomische und sozialmedizinische Bedeutung«, erklärt Bauer, die die Überarbeitung der S2k-Leitlinie »Diagnostik, Prävention und Therapie des Handekzems« koordiniert hat. Dauern die Läsionen kürzer als drei Monate an, spricht man von einem akuten Handekzem. Besteht die Erkrankung länger oder tritt sie innerhalb eines Jahres mindestens zweimal auf, sprechen Ärzte von einer chronischen Form.
Die Einschätzung des Schweregrads der Hautläsionen sei entscheidend für die richtige Wahl der Therapie und außerdem für den Prozess der Anerkennung als Berufskrankheit relevant, heißt es in der Pressemittelung. Zur Bewertung der Handekzemschwere nennt Bauer konkret den sogenannten Hand eczema severity index (HECS)-Score und den validierten Photographic guide an. Beide werden in der Leitlinie genau besprochen.
Herzstück der Leitlinie stellt ein Stufenschema der Therapieoptionen dar, die sich an dem Schweregrad der Hautläsionen orientieren (siehe Grafik).
Stufenschema für die Behandlung des Handekzems (nach S2k-Leitlinie, Bauer, A., et al.) / Foto: Grafik: PZ/Jens Ripperger
Zur Prävention und Basistherapie werden Hautpflegemittel mit Feuchthaltefaktoren und Lipiden eingesetzt, obwohl es laut Leitlinie nur wenige Belege für deren therapeutische Wirksamkeit wie die Verringerung des Juckempfindens oder Verlängerung der Zeit bis zum nächsten Schub gibt. Dennoch empfehlen die Autoren ausdrücklich ihren Einsatz, um die Barrierefunktion der Haut zu erhalten oder zu stärken. Es gebe auch keine Belege, die für die Anwendung eines bestimmten Präparates sprechen. Bei der Auswahl sollten jedoch die Präferenzen des Betroffenen und bestehende (Kontakt-)Allergien berücksichtigt werden.
Neben der regelmäßigen Anwendung von Hautpflegemitteln sind topische Glucocorticoide die Therapie der Wahl beim leicht bis schwer ausgeprägten Handekzem. Dabei sind solche mit günstigem therapeutischen Index (TIX) und niedrigem atrophogenen Potenzial wie Prednicarbat, Methylprednisolonaceponat oder Mometasonfuroat zu wählen. Nach den Ausführungen der Leitlinienautoren ist eine einmal tägliche Behandlung ausreichend und möglicherweise sogar einem zweimal täglichen Auftragen überlegen. Es habe sich zudem gezeigt, dass die Wirksamkeit einer systemischen Behandlung mit Alitretinoin durch eine zusätzliche topische Therapie mit Corticoiden gesteigert werden kann. Um den Therapieerfolg zu erhalten, können Glucocorticoide (bevorzugt solche der Klassen II oder III) intermittierend angewendet werden.
Um unerwünschte Wirkungen wie die Hautatrophie zu verringern, ist die abwechselnde oder kombinierte Behandlung mit einem topischen Calcineurin-Inhibitor möglich. Dabei ist zu beachten, dass Tacrolimus und Pimecrolimus für die Behandlung des atopischen Handekzems zugelassen sind, nicht jedoch für andere Ekzeme. Falls die topische Behandlung nicht anspricht oder sich das Hautbild gar verschlechtert, ist an eine allergische Reaktion auf das Steroid oder dessen Vehikel zu denken.
Je nach Symptomen und Stadium der Erkrankung hat sich in der Praxis die Anwendung von »ergänzenden Topika« bewährt. So eignen sich etwa bei Hyperkeratosen Salicylsäure- oder Harnstoff-haltige Externa genauso wie Hydrokolloidverbände. Bei nässenden und/oder superinfizierten Ekzemen unterstützen (fett-)feuchte Umschläge sowie Zubereitungen mit Chlorhexidin, Polyhexanid, Octenidin oder Clioquinol die Lokaltherapie. Zeigt sich das Ekzem eher vesikulär, empfehlen die Autoren Zubereitungen mit synthetischen Gerbstoffen, Lotio alba oder Pasta exsiccans NRF.
Spricht die Therapie nicht durchschlagend an, bietet sich zusätzlich zu den topischen Corticoiden eine Phototherapie (topische PUVA, Schmalband-UVB, UVA1) der Hände an. Wenn auch diese Maßnahme nicht ausreicht, »wird seit Jahren Alitretinoin als orale Therapie bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem chronischen Handekzem eingesetzt«, heißt in der Pressemitteilung. Andere Systemtherapien wie orale Glucocorticoide, Ciclosporin, Azathioprin, Methotrexat oder Acitretin sind Einzelfällen vorbehalten und stellen zum Teil einen Off-Label-Use dar.
Alitretinoin und Acitretin sind Retinoide, die teratogen wirken. Sie sind daher bei Frauen im gebärfähigen Alter streng kontraindiziert, es sei denn, dass eine zuverlässige zweifache Empfängnisverhütung (orale Verhütung plus Barriere-Methode) erfolgt, und zwar laut Fachinformation einen Monat vor, während und für einen Monat nach Ende der Behandlung sowie monatliche Kontrolluntersuchungen einschließlich Schwangerschaftstests. Bei Acitretin (off Label) muss die Verhütung drei Jahre über das Behandlungsende hinaus fortgesetzt werden. Die Frau muss verstehen, dass ihr Medikament teratogen wirkt und dass eine monatliche Überwachung nötig ist.
Die Leitlinie gibt zudem einen Ausblick auf neue Arzneistoffe, die sich gegen Interleukine (IL) oder den Januskinase(JAK)-Signalweg richten. »Die ersten Ergebnisse aus Phase-III-Studien mit Anti-IL-4/IL-13-Antikörpern bei atopischem Hand- und Fußekzem sowie mit topischen JAK-Hemmern in der Indikation chronisches Handekzem sind vielversprechend«, wird Dermatologin Bauer in der Pressemitteilung zitiert.
Der humane monoklonale Antikörper Dupilumab, der den IL-4- und IL-13-Signalweg hemmt, wird aktuell bei atopischer Dermatitis eingesetzt, ist aber (noch) nicht für das Handekzem zugelassen. Ein Phase-III-Studienprogramm laufe, heißt es in der Leitlinie. Internationale Registerdaten zeigen aber ein deutliches Ansprechen. Eine Wirksamkeit von Anti-IL-13-Antikörpern wie Tralokinumab beim atopischen Handekzem und von systemischen JAK-Inhibitoren wie Abrocitinib, Baricitinib oder Upadacitinib beim atopischen und chronischen Handekzem sei aufgrund der Wirkprinzipien ebenfalls zu erwarten, so Bauer. Dies sei aber bisher nicht mit ausreichender Evidenz belegt. In Phase-II-Studien war auch der topische Pan-JAK-Inhibitor Delgocitinib - eine Weiterentwicklung der Januskinasehemmer – beim chronischen Handekzem wirksam und sehr gut verträglich. Auch hier laufe ein Phase-III-Studienprogramm.