Hepatitis von A bis E |
Auf Auslandsreisen sind abgekochtes Wasser oder Wasser aus Flaschen mit versiegeltem Originalverschluss sicher. / Foto: Adobe Stock/ZoneCreative S.r.l.
Viele Patienten haben keine oder nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Fieber oder Gelenk- und Muskelschmerzen. Druckschmerzen im Oberbauch unterhalb des rechten unteren Rippenbogens können auf eine Vergrößerung der Leber hinweisen. Charakteristische Symptome wie eine Gelbfärbung der Haut und Augen (Ikterus) treten bei stärkerer Schädigung des Organs auf. Der Gallenfarbstoff Bilirubin kann nicht mehr ausreichend von der Leber weiterverarbeitet werden und sammelt sich im Blut an. Ein heller Stuhl und dunkler Urin zeigen an, dass der Farbstoff verstärkt über die Nieren eliminiert wird. Gallensäuren können sich in der Haut einlagern und Juckreiz verursachen. Dauert die Erkrankung länger als ein halbes Jahr an, liegt eine chronische Hepatitis vor.
»Eine Leberentzündung kann begleitend bei vielen Erkrankungen auftreten«, sagt Dr. med. Thomas Kaiser, Leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Münster, gegenüber PTA-Forum. Meistens sind sie viral bedingt. Überwiegend haben sich Betroffene mit einem der fünf Hepatitis-Viren infiziert. »Aber auch andere virale Erreger wie Adeno- oder Coronaviren können eine Leberentzündung auslösen. Schwere Hepatitiden durch diese viralen Erreger sind jedoch glücklicherweise selten in Deutschland«, sagt der Experte. Eine akute Virushepatitis ist meldepflichtig.
Das Hepatitis A-Virus (HAV) kommt besonders häufig in Ländern mit niedrigen Hygienestandards vor. Es wird hauptsächlich fäkal-oral übertragen, etwa über kontaminierte Lebensmittel oder verunreinigtes Trink- oder Badewasser. Die Erkrankung ist in der Regel selbst limitierend. Schwere oder sogar tödliche Verläufe sind sehr selten und kommen vor allem bei älteren Menschen und/oder Immungeschwächten vor. Nach einer überstandenen Erkrankung sind Patienten lebenslang immun.
Hepatitis Virus-B (HBV) ist der am häufigsten vorkommende Erreger der Virushepatitis und wird über Blut und andere Körperflüssigkeiten wie Tränen, Urin, Magensaft oder Muttermilch übertragen. Viele Patienten stecken sich beim ungeschützten Geschlechtsverkehr an. Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten und mit Blut in Kontakt kommen, haben ebenso wie Dialysepatienten ein erhöhtes Risiko. Das gleiche gilt für Drogenabhängige, die Spritzbesteck gemeinsam nutzen. Eine Ansteckung ist auch beim Piercing oder Tätowieren möglich, wenn unsauber gearbeitet wird. Ein erhöhtes Risiko haben auch Neugeborene HBV-positiver Mütter. Hepatitis B im akuten Stadium heilt meistens von selbst aus. Bei schweren und chronischen Verläufen oder hoher Viruslast verringern Virostatika die Virusvermehrung und das Risiko einer Leberschädigung. Verläuft die Krankheit in seltenen Fällen chronisch, steigt das Risiko für Leberzirrhose und das hepatozelluläre Karzinom (HCC).
Nach der akuten Krankheitsphase verbleibendes Erbmaterial (cccDNA) des Virus im Kern der Leberzellen ermöglicht noch Jahre später ein Wiederaufflammen der Krankheit. Eine Reaktivierung tritt häufig auf, wenn Patienten wegen einer anderen Erkrankung immunschwächende Medikamente einnehmen müssen.
Auch das Hepatitis C-Virus (HCV) wird über kontaminiertes Blut übertragen. Ansteckungen sind häufig in der Drogenszene, bei homosexuellen Kontakten unter Männern oder wenn infizierte Nadeln beim Tätowieren oder Piercen verwendet werden. Die Hepatitis C kann in den ersten Monaten spontan ausheilen. In vielen Fällen verläuft die Erkrankung jedoch chronisch, wobei über die Jahre irreversible Leberschädigungen wie eine Leberzirrhose entstehen können. Das Risiko nicht nur für Leberzellkrebs, sondern auch für Tumoren in anderen Organen sowie für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle steigt. Mit den modernen, oral einzunehmenden antiviralen Kombinationstherapien, den DAAs (Directly acting antiviral agents), die zwei oder drei verschiedene HCV-Enzyme inhibieren, können die Viren dauerhaft aus dem Körper eliminiert werden.
Das Hepatitis D-Virus (HDV) wird ebenfalls über Blut übertragen, kann aber nur Menschen infizieren, die bereits Hepatitis-B-Viren in sich tragen. Als unvollständiges Virus besitzt es keine eigene Hülle und benötigt das HBs-Antigen (HBsAg) zur Vermehrung. Bei einer Ko-Infektion beider Viren ist der Verlauf meist schwer und die Leber wird schneller und stärker geschädigt als bei einer reinen Hepatitis B-Infektion. Es besteht ein besonders hohes Risiko für Leberzirrhose und Leberzellkarzinome.
Das Hepatitis E-Virus (HEV) kommt in verschiedenen Formen vor, sogenannten Genotypen. In Deutschland ist vor allem Genotyp 3 verbreitet. Hauptquelle für eine Ansteckung ist nicht ausreichend gegartes Fleisch von Schweinen und Wildtieren. Patienten zeigen keine oder nur schwache Symptome und genesen in der Regel ohne Komplikationen. Ein schwerer Verlauf ist bei bereits erkrankter Leber und immungeschwächten Menschen möglich. Für Schwangere kann Genotyp 1 gefährlich werden.
Der beste Schutz vor einer viral bedingten Hepatitis ist eine Impfung. Diese steht gegen Hepatitis A und B und zur Verfügung. Die Hepatitis B-Impfung zählt seit 1995 zu den empfohlenen Impfungen für Säuglinge und Kleinkinder. Auch Menschen mit bestimmten Erkrankungen und Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) eine Impfung. Wer gegen Hepatitis B geimpft ist, ist dadurch gleichzeitig vor Hepatitis D geschützt.
Die Impfung gegen Hepatitis A ist als Reiseimpfung unter anderem bei Aufenthalten in tropischen Ländern, der Mittelmeerregion und Osteuropa wichtig. Auch Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko wie medizinisches Personal oder Hämophilie-Patienten legt die STIKO eine Impfung nahe, ebenso sexuell aktiven Homosexuellen, Bewohnern von Senioren- und Behinderteneinrichtungen und Menschen mit beruflicher Gefährdung, wozu neben Personal im Gesundheitsdienst und in Kindertagesstätten auch Kanalisationsarbeiter zählen. Für chronisch Leberkranke ist eine Impfung ebenfalls ratsam.
Auf Auslandsreisen ist gute Hygiene essenziell. Bei Lebensmitteln gilt der Grundsatz: Cook it, boil it, peel it or forget it (Brat es, koch es, schäl es oder vergiss es). Eine häufige Ansteckungsquelle ist kontaminiertes Trinkwasser. Sicher sind abgekochtes Wasser oder Wasser aus Flaschen mit versiegeltem Originalverschluss. Auf Eiswürfel im Getränk und diverse Speisen wie Meeresfrüchte, Salate oder offen angebotenes Speiseeis verzichten Urlauber besser.
Daheim kann Fleisch ein Überträger sein. Insbesondere Wild- und Schweinefleisch sollten stets gut durchgegart werden. Wenn Familienmitglieder infiziert sind, werden Gegenstände wie Nagelscheren oder Rasierapparate besser nicht gemeinsam benutzt.
Die Ansteckungsgefahr mit Hepatitis B, C und D beim Geschlechtsverkehr lässt sich mit Kondomen senken. Drogenkonsumenten schützen sich, indem sie ihr Spritzbesteck nicht an andere verleihen. Risikogruppen lassen sich am besten regelmäßig auf eine Hepatitis untersuchen. Bei einer Infektion können sie Angehörige und Sexualpartner rechtzeitig informieren und schützen. Außerdem kann der Arzt bei einer frühen Diagnose schnell eine gezielte Behandlung einleiten. Bei Schwangeren ist ein Test auf Hepatitis B Teil der Vorsorge. Im Falle einer Infektion stehen Maßnahmen zur Verfügung, um das Neugeborene vor einer Ansteckung zu schützen.
Ein zunehmendes Gesundheitsproblem ist die Fettleberhepatitis, die nicht nur durch übermäßigen Alkoholkonsum, sondern auch durch Zucker- und Fettstoffwechselstörungen verursacht werden kann. Bei der autoimmun bedingten Hepatitis erkennen Immunzellen die Leberzellen als körperfremd und greifen sie an. Unbehandelt kann die Schädigung bis zur Leberzirrhose fortschreiten. Angeborene Stoffwechselkrankheiten wie die Eisen- und Kupferspeicherkrankheiten können ebenfalls zu einer Entzündung der Leber führen. Leberschädigende Medikamente wie Allopurinol, Amiodaron, Amoxicillin-Clavulansäure, Diclofenac, Methyldopa, Paracetamol, Propylthiouracil, Statine, Sulfonamide, Terbinafin und Valproat und einige pflanzliche Giftstoffe können eine toxische Hepatitis hervorrufen. Bei Menschen mit bereits geschädigter Leber ist besondere Vorsicht geboten bei Arzneimitteln, die über das Organ abgebaut werden. Bei verordneten Medikamenten kann der Arzt oft eine leberfreundlichere Alternative verschreiben.
»Ein generelles Mittel zum Schutz der Leber gibt es nicht«, sagt Kaiser. Eine gesunde Lebensweise, eine ausgewogene, fettarme Ernährung und ausreichend Bewegung sind empfehlenswert. »Alles, was dem Organ schadet, ist hingegen zu meiden«, rät der Oberarzt aus Münster. »Dazu gehört Alkohol, aber auch ein Übermaß an Fruchtzucker.
Seit Anfang April 2022 erkranken vor allem im angloamerikanischen Raum ungewöhnlich viele Kinder an einer schweren Hepatitis unbekannter Ätiologie (non A bis E). Die Krankheit verläuft in einigen Fällen so schwer, dass eine Lebertransplantation notwendig wird. Eine Untervariante des Adenovirus könnte der Erreger sein. Möglicherweise führt das Adenovirus zusammen mit Cofaktoren zu den schweren Hepatitiden. Als Cofaktor wird laut RKI unter anderem diskutiert, dass das Immunsystem der betroffenen Kinder infolge der Abstands- und Hygieneregeln der letzten zwei Jahre untrainiert ist. Weitere mögliche Cofaktoren sind unter anderem eine frühere Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine Coinfektion mit SARS-CoV-2. In Deutschland verzeichnet das RKI bislang keinen Anstieg akuter Hepatitiden unbekannter Ätiologie bei Kindern. Eltern brauchen sich laut Kaiser keine übermäßigen Sorgen zu machen: »Wir kennen das Adenovirus als Erreger schon lange und beobachten häufig Infektionsausbrüche, nur eben kaum Hepatitis-Fälle in diesem Rahmen.« Bemerken Eltern Anzeichen wie eine Gelbfärbung der Augen, ist es wichtig, dass der Kinderarzt das weiter abklärt. Bei einer ernsten Hepatitis können in Deutschland spezialisierte Zentren weiterhelfen.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.