Herzschwäche ist und bleibt Volkskrankheit |
Herzinsuffizienz kann auch jüngere Menschen treffen, ausgelöst beispielsweise durch eine schwere Herzmuskelentzündung nach einer Erkältung. / Foto: Betty Images/Bob Thomas
Das hebt der »Deutsche Herzbericht – Update 2024« hervor, den die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit den Fachgesellschaften für Kardiologie, Herzchirurgie, Pädiatrische Kardiologie und kardiovaskuläre Rehabilitation vorgestellt hat. Er gilt als »jährliche Standortbestimmung der Herzmedizin«, wie Thomas Voigtländer, Vorstand der Deutschen Herzstiftung, sagte.
Herzschwäche, auch Herzinsuffizienz genannt, stelle die häufigste Herzerkrankung mit einer stationären Krankenhausaufnahme dar, noch vor Koronaren Herzkrankheiten und Herzrhythmusstörungen, wie Voigtländer sagte. Herzinsuffizienzen waren demnach 2022 für 37.570 Sterbefälle in Deutschland verantwortlich.
Herzschwäche und auch der plötzliche Herztod entstehen überwiegend durch andere Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Koronare Herzkrankheit, wenn der Blutfluss zum Herzmuskel behindert wird. Bedingt wird die Herzschwäche durch zu wenig Bewegung und Übergewicht. Weitere Risikofaktoren sind das Alter und genetische Faktoren. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen.
»Etwa 50 Prozent aller an einer Herzschwäche erkrankten Menschen versterben innerhalb eines Zeitraums von sechs Jahren nach der Diagnose«, heißt es in dem Bericht. Nur wenige Patienten können transplantiert werden – unter anderem, weil in Deutschland ein Mangel an Spenderorganen herrscht. Die Deutsche Herzstiftung meint: Herzschwäche bleibt die Herausforderung des Jahrhunderts.
2022 standen dem Herzbericht zufolge 678 Menschen ab 16 Jahren auf der Warteliste, 21 Kinder (bis 15 Jahre) warteten im selben Jahr auf ein Spenderherz. Transplantiert wurden insgesamt 42 Kinder und 316 Menschen ab 16 Jahren, wie Zahlen von Eurotransplant und der Deutschen Stiftung für Organtransplantation zeigten.
98 Organe kamen 2022 aus dem Ausland, wie es weiter hieß. Deutschland ist demnach das einzige Mitgliedsland des Verbundes Eurotransplant für Spenderorgane, das keine Widerspruchslösung hat. Dabei gilt jeder Mensch grundsätzlich als potenzieller Organspender, es sei denn, er hat dem ausdrücklich widersprochen.
Steht die Diagnose einer Herzinsuffizienz fest, sollte ein Patienten schnell behandelt werden. Hierbei hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben, die sich in der aktualisierten Versorgungs-Leitlinie zur chronischen Herzinsuffizienz vom Dezember vergangenen Jahres niederschlagen. Das Kapitel zur medikamentösen Therapie wurde vollständig überarbeitet.
Während bislang eine Stufentherapie auf Basis von RAS-Blockern (Renin-Angiotensin-System-Inhibitoren) und Betablockern üblich war, wird jetzt bei der Herzinsuffizienz (HFrEF) eine Kombination aus vier Wirkstoffen empfohlen, die unabhängig voneinander wirken. Bei der Viererkombination sprechen Kardiologen auch von den »Big Four« oder »Phantastic Four«:
Bei manchen Patienten kann ein operativer Eingriff die medikamentöse Therapie ergänzen. So kommen bei Durchblutungsstörungen Stents oder Bypass-Behandlungen zum Einsatz, eine defekte Herzklappe kann operativ ersetzt werden und bei Herzrhythmusstörungen oder einem dauerhaft zu langsamen Herzschlag kann ein Herzschrittmacher implantiert werden, in schweren Fällen eventuell in Kombination mit einem Defibrillator. Selten ist das Herz so stark geschwächt, dass herkömmliche Therapien nicht reichen und eine Herztransplantation erforderlich wird.
Bewegung kann zwar die Herzfunktion nicht verbessern, die Datenlage zeigt jedoch, dass es den Patienten besser geht, wenn sie sportlich aktiv sind. Besonders für ältere Patienten ist die Teilnahme an einer Herzsportgruppe zu empfehlen. Wer lieber auf eigene Faust aktiv wird, sollte die Intensität des Trainings mit dem Arzt besprechen.
Und was ist mit Sex? Sex ist definiert als leichte bis mittlere körperliche Aktivität über einen kurzen Zeitraum. Der Puls steigt in der Regel nicht über 130 Schläge pro Minute und der systolische Blutdruckwert nicht über 170 mmHg. Sexuell aktiv zu sein belastet das Herz somit nicht stärker als ein schneller Spaziergang, Treppensteigen oder Fahrradfahren. Mediziner bedienen sich deshalb auch oft folgendem Vergleich: Wer zu Fuß bis in den zweiten Stock steigen kann, ohne Schmerzen in der Brust zu verspüren oder nach Luft zu schnappen, kann ruhigen Gewissens sein Sexualleben ausüben. Darüber hinaus lassen sich die Herzaktivität unter Belastung und mögliche Risiken durch sexuelle Aktivität mit einem Belastungs-EKG auf dem Fahrradergometer gut einschätzen.