Herztransplantation mit Hindernissen |
Bei der Transplantation wird ein unheilbar krankes Herz durch das eines hirntoten Spenders ersetzt. Dabei muss es recht schnell gehen: Die Zeit, in der das Organ nicht durchblutet wird, sollte so kurz wie möglich sein. / Foto: Getty Images/sturti
Nach Angaben der Stiftung Eurotransplant warten in Deutschland aktuell 690 Menschen auf ein Spenderherz (Stand Februar 2024). Sie alle leiden an einer terminalen Herzinsuffizienz, ihr eigenes Herz steht also davor, zu versagen. Wie lange das Herz der Betroffenen mit medikamentöser und technischer Unterstützung noch in der Lage ist, den Kreislauf aufrechtzuerhalten, ist unterschiedlich. Die meisten Patienten standen Ende 2023 bereits seit mehr als 24 Monaten auf der Warteliste, bei 64 Patienten bestand eine hohe Transplantationsdringlichkeit. Ob sie zeitnah ein Organ erhalten, lässt sich nicht vorhersagen. Neben der Dringlichkeit spielen die Erfolgsaussichten bei der Vergabe eine entscheidende Rolle. So mussten im vergangenen Jahr 17 Patienten als nicht transplantationsfähig eingestuft werden, 72 Menschen auf der Warteliste sind verstorben.
Auch wenn ein Spender gefunden und der Transplantationsprozess gestartet wurde, kann es vorkommen, dass ein Organ nicht transplantiert werden kann. Im Vorfeld einer Organspende wird der Spender zwar auf Infektionen und Tumorerkrankungen untersucht, die den Organempfänger gefährden könnten, und eine Einschätzung zur Spendentauglichkeit der Organe vorgenommen, die endgültige Untersuchung des Organs erfolgt aber erst zum Entnahmezeitpunkt. So wurden laut Eurotransplant im Jahr 2023 im gesamten Eurotransplant-Gebiet 954 Spender für ein Herz gemeldet. Transplantiert wurden 646 Organe, 303 davon in Deutschland.
Seit der ersten Herztransplantation 1967 hat die Medizin enorme Fortschritte gemacht. Während der erste Herzempfänger 18 Tage überlebte, kann man heute davon ausgehen, dass 70 Prozent der transplantierten Herzen nach drei Jahren noch voll funktionsfähig sind. Nach zehn Jahren schlagen noch etwa 60 Prozent der transplantierten Herzen. Viele Patienten können dank Spenderherz und medizinischer Unterstützung inzwischen also Jahrzehnte überleben. Einschränkungen bei der Lebensqualität sind vor allem durch die notwendige Immunsuppression und durch die möglichen Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente zu erwarten.
Die größte Herausforderung der Herztransplantation ist inzwischen der Mangel an Spenderorganen. In Deutschland wird die postmortale Entnahme von Organen durch das Transplantationsgesetz geregelt. Dieses sieht vor, dass neben dem irreversiblen Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms auch eine Einwilligung zur Organspende vorliegen muss. Diese erfolgt im besten Fall durch den Spender selbst und wird schriftlich in Form eines Organspendeausweises oder einer Patientenverfügung dokumentiert. Bei Letzterer können sich mitunter Schwierigkeiten ergeben, wenn lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt werden, die für eine Organspende notwendig sind. Tipps für passende Formulierungen stellt zum Beispiel das Bundesministerium der Justiz in der Broschüre »Patientenverfügung« bereit.
Liegt kein Patientenwille vor, wird die Entscheidung an die Angehörigen übertragen. Diese ist für das medizinische Personal ebenso bindend wie eine Entscheidung durch den Patienten selbst, egal wie sie ausfällt. Allerdings gilt auch: Einer zu Lebzeiten erklärten Spendenbereitschaft können Angehörigen nicht widersprechen, selbst wenn sie im Ernstfall nicht damit einverstanden sind.
Um mögliche Einflussnahmen zu verhindern, sind die Bereiche Organspende, -vermittlung und -transplantation organisatorisch und personell voneinander getrennt. In Deutschland ist die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) als bundesweite Koordinierungsstelle für postmortale Organspenden mit dem Ablauf der Spende betraut. Sie wird kontaktiert, wenn bei einem Patienten der Hirntod eingetreten ist. Die Untersuchungen dazu sind in den Richtlinien der Bundesärztekammer festgelegt und müssen von zwei Ärzten unabhängig voneinander durchgeführt sowie protokolliert werden. Beide Ärzte müssen mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuten schweren Hirnschädigungen haben, mindestens einer von ihnen muss Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein.
Ein DSO-Koordinator überprüft die Untersuchungsprotokolle, kann im Angehörigengespräch unterstützen und ist als Ansprechpartner für das medizinische Personal vor Ort. Liegt eine Einwilligung zur Organspende vor, werden die für die Vermittlung der Organe notwendigen Parameter erhoben und von der DSO an die Stiftung Eurotransplant (ET) mit Sitz in den Niederlanden weitergeleitet. Sind passende Empfänger ermittelt, werden die behandelnden Krankenhäuser kontaktiert und die Patienten auf die Transplantation vorbereitet.
Für Angehörige kann eine Organspende äußerst belastend sein. Dazu kann der Umstand beitragen, der Spende zuzustimmen, ohne den Willen des Verstorbenen zu kennen. Aber auch, dass die intensivmedizinischen Maßnahmen bis zur Organentnahme fortgeführt werden, ist mitunter schwer auszuhalten. Vorgeschrieben ist, dass Angehörige über den Termin zur Organentnahme informiert werden und ausreichend Zeit und Raum bekommen, um sich im gewünschten Rahmen zu verabschieden.
Die Organentnahme selbst erfolgt unter den gleichen Bedingungen wie Operationen zu Heilungszwecken, auch die Operationswunden werden anschließend sorgfältig verschlossen. Angehörige haben das Recht, den Verstorbenen nach dem Eingriff zu sehen und sich ebenso zu verabschieden wie Angehörige anderer Verstorbener.
Grundsätzlich ist per Transplantationsgesetz festgelegt, dass Organspender und -empfänger sowie deren Angehörige anonym bleiben müssen. Seit 2019 wird jedoch die Möglichkeit eingeräumt, dass die Angehörigen eines Spenders durch die DSO über das Ergebnis der Transplantation informiert werden. Auch die Weiterleitung von anonymisierten Dankesschreiben von Organempfängern an die Angehörigen des Spenders ist möglich. Wenn Angehörige antworten möchten, können sie ebenfalls ein Schreiben an die DSO übergeben. Diese leitet es an das Transplantationszentrum des Empfängers weiter, dort wird es schließlich übergeben. Trotz gewahrter Anonymität hilft dieses System vielen Angehörigen im Trauerprozess und lässt seltener Zweifel an der Organspende aufkommen.