»Hier können Apotheken etwas reißen« |
Die Pandemie hat es gezeigt: Apotheken sind eine gute Anlaufstelle für PoC-Schnelltests. Das Prinzip ist ausbaufähig. / © GettyImages/Lajst
Im europäischen Ausland hat man bereits sehr gute Erfahrungen damit gemacht, und jetzt wird die assistierte telemedizinische Beratung in der Apotheke vor Ort auch hierzulande kommen. »Im kommenden Frühjahr werden die rechtlichen Rahmenbedingungen stehen, damit PoC-Schnelltests in Kombination mit telemedizinischer Hilfe die Patientenversorgung verbessern und die Apotheken für ihre zusätzliche Beratungsleistung entsprechend vergütet werden«, kündigte Ramin Heydarpour von dem Unternehmen Pfizer gestern bei einem Vortrag im InspirationLab der Expopharm in München an.
Wie hat man sich die Praxis vorzustellen? Der Patient kommt etwa aufgrund seiner Beschwerden beim Wasserlassen aufgrund einer mutmaßlichen Harnwegsinfektion in die Apotheke. Dort wird als PoC-(Point-of-Care)-Schnelltest ein Harnstreifentest gemacht. Durch telemedizinische Zuschaltung eines Arztes wird ausgelotet, ob in der Apotheke bereits ein Antibiotikum abgeben werden kann. »Das elektronische Rezept und die Einsicht in die elektronische Patientenakte eröffne da neue Möglichkeiten«, sagte Heydarpour.
Bindehautentzündung, Pharyngitis, Harnwegsinfektionen: Bei diesen drei Indikationen hat man in der Schweiz bereits Daten sammeln können. Der Referent stellte das Kooperationsprojekt »netCare« mit dem Schweizerischen Apothekerverband vor. Ergebnisse: 60 Prozent der Patienten hatten keinen Hausarzt oder konnten diesen nicht erreichen. Die Hälfte der Teilnehmer hätten ohne netCare die Notaufnahme oder einen Arzt aufgesucht. Und 84 Prozent der ausschließlich durch Apotheken behandelten Patienten berichteten von Genesung.
Für ihn stehe unter dem Strich: »Die assistierte Telemedizin etabliert die Apotheke vor Ort als niederschwellige Anlaufstelle für Gesundheitsfragen und Zugangspunkt zur Gesundheitsversorgung. Sie vermittelt effiziente Behandlung eines Patienten je nach Schweregrad und Dringlichkeit. Und vor allem: Sie entlastet Arztpraxen und Notaufnahmen. Die PoC-Schnelltests in Apotheken verbessern den schnellen Zugang zu adäquaten Therapien und lassen sich auch gut in den Apothekenalltag integrieren.«
Ähnlich gute Erfahrungen habe man hierzulande während der Pandemie mit den Covid-19-Testungen in der Apotheke gemacht. Das Unternehmen Pfizer habe diesbezüglich Erhebungen in Apotheken gemacht, stellte Emma Fröhling weitere Daten vor. »Die Mehrheit der Patienten hatte zuvor nichts von der Möglichkeit antiviraler Therapien bei Covid-19 gewusst. Doch der größte Teil konnte durch die Testung in der Apotheke von einer Konsultation ihrer Hausärzte bezüglich einer antiviralen Therapie überzeugt werden beziehungsweise haben sich dadurch mehr Patienten bezüglich einer antiviralen Therapie an den Arzt gewandt.«
Heydarpour sieht die Apotheke »als vertrauten Ankerpunkt in der Vor-Ort-Versorgung, die die kundenindividuellen Bedürfnisse durch langjährige Bekanntschaft kennt. Sie und ihr pharmazeutisches Personal genießen hohes Ansehen und Vertrauen in der Bevölkerung. Apotheken haben die größte Beratungskompetenz aller Akteure. Sie können hier etwas reißen.«
Die Benefits für die Apotheke lägen auf der Hand: verstärkte Kundenbindung, zunehmende Wichtigkeit und Wertschätzung innerhalb des Gesundheitssystems, Erweiterung abrechenbarer Dienstleistungsangebote, Abheben vom Versandhandel, erhöhter Umsatz durch direkt eingelöste E-Rezepte, zusätzlicher Verkauf von OTC-Produkten zur Selbstmedikation.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.