Hilfen zur Brandkontrolle bei Sodbrennen |
Was tun, wenn´s brennt? / Foto: Adobe Stock/photoschmidt
Mit Sodbrennen sei das so eine Sache. »Sodbrennen ist ein Symptom und keine Diagnose. Und nicht jeder Sodbrennen-Geplagte hat einen Reflux und umgekehrt. Das Vorhandensein von Sodbrennen spricht also nicht automatisch für einen Reflux als Ursache«, sagte Professor Dr. Joachim Labenz vom Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen bei der zurückliegenden Expopharm in Düsseldorf. Gleichwohl seien Sodbrennen, saures Aufstoßen und ein Brennen hinter dem Brustbein die häufigsten Beschwerden bei Gastroösophagealen Refluxbeschwerden (GERD).
»In jedem Fall besteht nicht – wie von vielen Betroffenen geschildert – ein Zuviel an Säure. Sondern die Säure ist am falschen Ort und löst deshalb die Beschwerden aus«, erklärte der Internist und Gastroenterologe. Grund für das schmerzhafte Zurückfließen von Mageninhalt in die Speiseröhre ist dann oft ein erniedrigter Tonus des unteren Ösophagussphinkters, der sich im Bereich des Übergangs von Speiseröhre zum Magen befindet. Die Entstehung der Refluxkrankheit bezeichnete der Referent als sehr komplex. Verschiedene Lebensstilfaktoren können Sodbrennen begünstigen: Dazu gehören Stress, Rauchen, fettreiche Mahlzeiten und alkoholische oder coffeinhaltige Getränke, aber auch verschiedene Arzneimittel.
Der Rückfluss von Mageninhalt in den Ösophagus kann ohne Läsionen (NERD = nicht erosive Refluxkrankheit) oder mit Entzündungen ablaufen (Refluxösophagitis). Aber auch Probleme außerhalb der Speiseröhre – extraösophageale Symptome – sind möglich. Dann ist vom »stillen Reflux« die Rede. Eine chronische Entzündung im HNO-Bereich zeige sich mit Heiserkeit, Räuspern, rauer Stimme, Kehlkopfentzündung und Fremdkörpergefühl im Hals. »Alle diese Dinge können allein oder in Kombination auftreten, was eine Diagnose mitunter schwierig macht«, sagte Labenz.
Tatsache ist, dass die überwiegende Mehrheit der Betroffenen mit mehr oder weniger regelmäßigem Sodbrennen – mindestens 15 Millionen Betroffene über alle Altersgruppen hinweg sollen es in Deutschland sein – »keine relevanten organischen Schäden an der Speiseröhre aufweisen«. Und: Das Risiko, dass eine Refluxösophagitis tumorös entartet, sei zwar prinzipiell gegeben. Die relative Häufigkeit habe man aber in der Vergangenheit deutlich überschätzt, informierte der Referent. Die Symptomstärke korreliere auch nicht mit dem Ausmaß der Läsionen.
Diese Erkenntnisse berücksichtigt die in diesem Jahr aktualisierte S2k-Leitlinie »Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis« der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, an der Labenz mitgearbeitet hat. Die Therapieoptionen hätten eine andere Gewichtung bekommen. »Erstens bekommen die lebensstilbeeinflussenden Faktoren einen höheren Stellenwert, zweitens sollten bei Refluxbeschwerden nicht automatisch Protonenpumpenhemmer gegeben werden und drittens ist nicht sofort die Diagnostik so hoch zu hängen. Ziel ist die Symptomenkontrolle mithilfe des Apothekenteams«, so fasste der Leitlinienautor die Änderungen zusammen.
So sind bei leichteren Beschwerden Allgemeinmaßnahmen zu empfehlen. Dazu gehören Gewichtsreduktion, Zwerchfelltraining (Bauchatmung) und Rauchstopp. Vom Hochstellen des Kopfendes des Bettes hält Labenz nichts, er empfiehlt vielmehr das Schlafen in Linksseitenlage. »Das hat anatomische Gründe: Der Mageneingang befindet sich auf der rechten Körperseite. Schläft man auf der linken Seite, kann der Mageninhalt nicht so leicht in die Speiseröhre zurückfließen.« Eine spezifische Antireflux-Diät gebe es nicht, doch könnten eine Reduktion des Alkoholkonsums sowie Verzicht auf Kaffee (»maximal zwei Tassen pro Tag«), scharfe und fette Speisen, Zitrusfrüchte und kohlensäurehaltige Getränke individuell helfen.
Um erneuten Beschwerden vorzubeugen, können den Patienten neben jeweils geeigneten Arzneimitteln verschiedene Verhaltensmaßnahmen empfohlen werden. Sie verbessern den ösophagealen pH-Wert.
Bei typischen Refluxbeschwerden ohne Alarmsymptome wie Schluckstörungen, Gewichtsverlust oder Blutungen und ohne positive Familienanamnese für Malignome ist laut Leitlinie ohne weitere Diagnostik ein Protonenpumpeninhibitor (PPI) wie Omeprazol (verschiedene Generika), Esomeprazol (wie Nexium® Control) und Pantoprazol (wie Pantozol® Control) einzusetzen. Als Alternativen kommen Heilerde, Alginate oder Antacida infrage. Labenz: »Nicht nur wegen der Sicherheitsdebatte brauchen wir Alternativen zu PPI. Sie sind laut Leitlinie zurückhaltend einzusetzen und nicht unbedingt zur Dauertherapie und für jeden gedacht.«
Labenz berichtete von Beobachtungsstudien, bei denen eine PPI-Langzeittherapie von mehr als einem Jahr nicht unbedingt zu einem zufriedenstellenden Ergebnis geführt habe. »Die Hälfte der Patienten hatte nach wie vor zweimal pro Woche Beschwerden und jeder Fünfte war mit der Therapie unzufrieden.« Diese Ergebnisse kommen laut des Internisten nicht von ungefähr. »PPI vermögen nur den pH-Wert im Magen zu ändern, aber auf den Reflux, also auf den Sphinktermuskel, haben sie keinen Einfluss.«
Er sei ein großer Anhänger sowohl von Heilerde, die neu in die Leitlinie mitaufgenommen worden sei, als auch von Alginaten. Beide brächten einen neuen Aspekt in die Therapie mit ein. Bei Heilerde (daran denken: Heilerde ist nicht gleich Heilerde, Luvos® Heilerde ist als Arzneimittel zugelassen) überzeugten die hohe Säurebindungskapazität dank ihrer großen Oberfläche und der sofortige Wirkeintritt. Die Gastrinausschüttung wird heruntergefahren, was zusätzlich die Belegzellen hemmt, Salzsäure zu produzieren. Die Heilerde lege sich nach der Einnahme wie ein Schutzfilm über die strapazierte Schleimhaut der Speiseröhre, habe also einen mukosaprotektiven beziehungsweise schleimhautsensitiven Effekt.
Die Mukosaprotektion sei auch der Pluspunkt der Alginate, wie der Mediziner ausführte. Sie greifen nämlich an der sogenannten Säuretasche (Acid Pocket), eine Ansammlung von Magensäure am Übergang vom Magen zur Speiseröhre, an. Alginate, die meist mit einem Antazidum kombiniert sind (wie Gaviscon® Dual, Reluba®), bilden einen Schaum auf der Acid Pocket und eliminieren diese, sagte Labenz. Zusätzlich bewirken sie eine mechanische Refluxblockade, ein auf dem Speisebrei schwimmendes Gel, das gleichzeitig wie ein Schutzfilm in der Speiseröhre wirkt.
Neueren Datums auf dem Markt ist ein Medizinprodukt, in dem neben Calcium- und Magnesiumcarbonat ein Extrakt aus Feigenkaktus (Opuntia ficus-indica (L.) Mill.) enthalten ist (Refluthin®). Dieser enthält Opuntia-Polysaccharide, die mit Wasser eine viskose Gelstruktur ausbilden, die sich als mukoadhäsiver Film auf die Schleimhaut der Speiseröhre legt.
»Sind die Beschwerden nach zwei bis vier Wochen der Anwendung nicht in den Griff zu bekommen, hält die Leitlinie die Ärzte an, über einen Zeitraum von acht Wochen mit einer höheren Standarddosierung PPI Symptomenkontrolle zu erreichen«, so Labenz. Erst dann seien genauere Diagnostikmethoden angesagt. Goldstandard sei die Kombination aus Endoskopie, Impedanz-pH-Metrie (Refluxmessung) und hochauflösender Manometrie (Beurteilung der Motilität der Speiseröhre und der Verschließmuskeln).