HIV-Selbsttest – das ist zu beachten |
Juliane Brüggen |
01.12.2023 15:00 Uhr |
Erscheint nur die Kontrolllinie, ist der Test negativ. / Foto: Getty Images/pixinoo
Relevant ist zuallererst das diagnostische Fenster. Der HIV-Selbsttest für Zuhause ist laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erst aussagekräftig, wenn 12 Wochen nach der vermuteten Infektion vergangen sind. Hintergrund ist, dass es sich um Suchtests handelt, die Antikörper gegen das HI-Virus nachweisen und die Konzentration dieser erst nach einigen Wochen hoch genug ist. Für die Messung wird in der Regel ein Tropfen Blut benötigt, es gibt aber auch einen Speicheltest.
Empfindlichere Tests können bei Ärzten oder auch anonym bei Gesundheitsämtern, Aidshilfen und Checkpoints durchgeführt werden. Das umfasst in der Regel klassische Labortests, die Antikörper und Antigene im Blutserum nachweisen. Ein positives Ergebnis können diese Tests schon circa zwei Wochen nach der potenziellen Übertragung liefern, sicher ausgeschlossen werden kann eine Infektion aber erst sechs Wochen nach dem Ereignis. In bestimmten Fällen ist zudem ein HIV-PCR-Test möglich, der das Virus bereits nach 1 bis 2 Wochen im Blut nachweisen kann.
Wie ein anonymer Test abläuft, wird in diesem Video erklärt:
Innerhalb von 72 Stunden nach einer potenziellen Übertragung kann eine HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) eingesetzt werden. Die betroffene Person nimmt dann über 28 bis 30 Tage eine Kombination von HIV-Medikamenten ein, um eine Ansteckung mit dem HI-Virus zu verhindern.
Es gilt: Je früher mit der PEP begonnen wird, desto besser. Optimal ist ein Beginn der Einnahme innerhalb von zwei Stunden nach dem Ereignis.
Wichtig ist, dass der Selbsttest ein CE-Kennzeichen hat, für Laien konzipiert wurde, in Europa zugelassen und in Deutschland auf dem Markt ist sowie eine deutschsprachige Anleitung hat. Eine Auswahl entsprechender Selbsttests listet das das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Website. Dort sind unter anderem genannt: Autotest VIH®, Exacto®, Insti® und OraQuick®. Zu all diesen Tests ist eine Gebrauchsanleitung und ein Video zur richtigen Anwendung hinterlegt.
Die zugelassenen Selbsttests mit CE-Kennzeichen haben eine hohe Sensitivität und Spezifität – richtige Anwendung vorausgesetzt. So ist beispielsweise für den Autotest VIH in der Gebrauchsanweisung eine Sensitivität von 100 Prozent mit einem Konfidenzintervall von 99,1 bis 100 Prozent angegeben und eine Spezifität von 99,8 Prozent mit einem Konfidenzintervall von 99,5 bis 100 Prozent.
Zur Erinnerung: Sensitivität beschreibt, wie hoch in Studien der Anteil an richtigen positiven Befunden eines Testverfahrens war, Spezifität, wie hoch der Anteil an richtigen negativen Befunden.
Die Handhabung unterscheidet sich je nach Anbieter. Das Prinzip ist aber ähnlich: Benötigt wird ein Blutstropfen aus der Fingerbeere, meist mithilfe einer Lanzette und einem Röhrchen oder einer Pipette entnommen. Nach dem Verdünnen mit einer Testlösung wird die Probe in einer Testkassette oder einem Teströhrchen laufen gelassen. Die Wartezeit bis zum Ergebnis beträgt meist 10 bis 15 Minuten.
Der Speicheltest (OraQuick) funktioniert hingegen über einen Mundabstrich, einmal am oberen Zahnfleisch und einmal am unteren Zahnfleisch. Der Mundspatel, der gleichzeitig das Testgerät ist, wird nach dem Abstrich in ein Teströhrchen mit Testlösung gestellt. Die Wartezeit beträgt 20 Minuten.
Ein positives Ergebnis wird – ähnlich wie bei einem Covid-19-Test – bei allen Tests durch das Erscheinen von zwei Linien oder zwei Punkten angezeigt (Kontrolllinie und Testlinie). Bei einem negativen Test erscheint nur die Kontrolllinie. Erscheint keine Kontrolllinie, ist der Test ungültig.
Eine Alternative zu den Selbsttests oder den Vor-Ort-Teststellen sind Einsendetests. Dabei erhält die betreffende Person ein Probenentnahmeset nach Hause, entnimmt die Probe selbst und schickt sie dann per Post an ein Labor. Das Ergebnis wird per SMS mitgeteilt, bei positivem Befund mit der Bitte um Rückruf. Vorteil dieser Methode gegenüber einem Heimtest ist, dass eine professionelle Beratung gegeben ist.
Ist der Selbsttest positiv, sollte immer ein Labortest zur Bestätigung folgen, bei einem Arzt, Gesundheitsamt, Checkpoint oder einer Aidshilfe. Ein positives Ergebnis bedeutet nicht immer, dass tatsächlich eine HIV-Infektion vorliegt. So können Anwendungsfehler oder Kreuzreaktionen ebenfalls dazu geführt haben.
Wichtig zu wissen ist außerdem, dass eine HIV-Infektion mit antiretroviralen Medikamenten gut behandelbar ist. Unter der Therapie ist ein weitgehend normales Leben möglich.
Ist der Selbsttest negativ, ist nicht von einer HIV-Infektion auszugehen. Wichtig ist, dass die Zeitspanne von 12 Wochen eingehalten worden ist. Die Einnahme von Medikamenten zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) oder HIV-PEP kann das Testergebnis beeinflussen und zu einem falsch-negativen Befund führen. Denn diese Medikamente unterdrücken die Virusvermehrung. Personen, die eine PrEP oder PEP erhalten, sollten daher einen empfindlicheren Test durch Fachpersonal durchführen lassen.
Im Gegensatz zur PEP dient die HIV-PrEP zusammen mit einem Kondom zur Vorsorge. Bei dieser nimmt eine HIV-negative Person entweder dauerhaft oder anlassbezogen ein HIV-Medikament (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil) ein, um einer Infektion vorzubeugen.
Die Symptome sind unspezifisch. In einigen Fällen tritt akut – sechs Tage bis sechs Wochen nach der Infektion – ein Mononukleose-ähnliches Krankheitsbild auf, mit Symptomen wie Fieber, geschwollenen Lymphknoten, Exanthem, Durchfall und Schluckbeschwerden. Danach folgt meist eine monate- bis jahrelange weitgehend symptomfreie Phase, bei der es mitunter zu persistierenden Lymphknotenschwellungen kommen kann.
Da das HI-Virus das Immunsystem beeinträchtigt, kommt es unbehandelt schließlich zu einem schweren Immundefekt (AIDS) mit lebensbedrohlichen opportunistischen Infektionen, zum Beispiel Lungenentzündungen oder Pilzinfektionen.