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Vier Merkmale

Hochsensibilität verstehen

Helles Licht, laute Musik, viele Menschen: Für Hochsensible ist das eine echte Herausforderung. Denn sie sind empfindsamer für Reize. Was ist Hochsensibilität genau und wie kann man damit umgehen?
dpa
24.07.2024  16:00 Uhr

»Ich passe nicht in diese Welt, ich bin so anders als die anderen.« So oder so ähnlich empfinden viele Hochsensible. Das sind je nach Studie zehn bis dreißig Prozent aller Menschen. Grelles Licht, schöne Musik, die Stimmung der Mitmenschen: Betroffene nehmen positive und negative Reize intensiver wahr, verarbeiten diese auch tiefer und sind davon nicht selten überfordert und erschöpft.

Ganz wichtig: Hochsensibilität ist keine psychische Störung, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal. Somit gibt es auch keine klaren Kriterien, was Hochsensibilität genau ist. Zurückzuführen ist der Begriff auf die US-amerikanische Psychologin Elaine N. Aron. Sie forscht seit den 1990er Jahren zu dem Thema und hat einen Fragebogen entwickelt, mit dem sich herausfinden lässt, ob jemand hochsensibel ist.

Vier Merkmale von Hochsensiblen

Demnach machen vier Kategorien eine Hochsensibilität aus: die sensorische Empfindlichkeit, die gründliche Informationsverarbeitung, die emotionale Intensität und die Übererregbarkeit. Das klingt erst mal abstrakt. Anna Schmidt erklärt, was es damit konkret auf sich hat. Sie ist Psychologin und berät in ihrer Praxis in Lüneburg schwerpunktmäßig Hochsensible.

  • Erstens meint die sensorische Empfindlichkeit, dass Betroffene Reize wahrnehmen, die andere gar nicht bemerken, zum Beispiel Kleidungsnähte auf der Haut oder das Ticken einer Uhr im Raum.
  • Zweitens bedeutet gründliche Informationsverarbeitung, dass Hochsensible Reize tiefer und komplexer verarbeiten. »Außerdem reflektieren sie sich selbst oft stärker als andere und durchdenken bei Entscheidungen alles sehr genau«, sagt Schmidt.
  • Drittens heißt emotionale Intensität: »Gefühle – positive wie negative – erleben sie stärker als andere und sie reagieren auch emotionaler auf Erlebtes«, so die Psychologin.
  • Viertens sind Hochsensible durch all die Eindrücke, Gefühle und Gedanken leichter überfordert, gestresst und erschöpft – eben übererregt.

Begriff Hochsensibilität steht in der Kritik

Der Begriff der Hochsensibilität ist allerdings umstritten. Kritiker meinen, damit würden Menschen, die nicht hochsensibel sind, als unsensibel abgestempelt. Andere halten Hochsensible einfach für neurotisch, also für emotional labil. Und wieder andere bemängeln, dass die Feststellung von Hochsensibilität ausschließlich auf der Selbsteinschätzung der Betroffenen beruht.

Marcus Bürger hat jedoch keinen Zweifel daran, dass es Hochsensibilität gibt. Er ist Mitarbeiter an der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität und forscht zum Thema. Aber er findet den deutschen Begriff nicht ganz passend. Jemand, der sensibel sei, werde oft als »Sensibelchen« abgestempelt.

Er nutzt lieber die englischen Bezeichnungen »Sensory Processing Sensitivity« (SPS) und »Highly Sensitive Person« (HSP). »›Sensitive‹ bedeutet so viel wie empfindsam, das wird im deutschen Sprachgebrauch als weniger wertend verstanden«, sagt er. Also sensorische Verarbeitungssensitivität statt Hochsensibilität und hoch empfindsame statt hochsensible Person, so könnte man die englischen Begriffe übersetzen.

Viele unterschiedliche Typen

Laut Elaine Aron kommen bei Hochsensiblen alle vier genannten Merkmale zusammen. Andere Forschende nehmen an, dass es unter Betroffenen durchaus sehr unterschiedliche Persönlichkeitsprofile gibt. Zu ihnen gehört Marcus Bürger. »Die Übererregbarkeit muss nicht bei allen eine dominierende Rolle spielen«, gibt er ein Beispiel.

Es wird angenommen, dass Hochsensibilität genetisch bedingt ist. Laut Bürger können aber auch traumatische Erlebnisse eine Hochsensibilität begünstigen. Wie Betroffene mit ihrer Empfindsamkeit zurechtkommen, hängt unter anderem vom Verhalten ihrer Eltern ab. Gab es in der frühen Kindheit Verständnis und Unterstützung? Das stärkt Hochsensible – sie werden ihre Besonderheit eher als Gabe wahrnehmen.

Hochsensibilität als Stressfaktor

»Ein Mangel an Zuwendung und Sicherheit in frühen Entwicklungsphasen führt hingegen zu einer höheren Vulnerabilität«, sagt Marcus Bürger. Diejenigen werden eher dazu neigen, sich durch ihre Hochsensibilität überfordert und erschöpft zu fühlen.

Für viele Betroffene, die sich an Anna Schmidt wenden, bedeutet ihre Hochsensibilität Stress. Ihnen kommt das Leben oft anstrengend und schwer vor. »Viele Betroffene haben einen Hang zum Grübeln, zweifeln an sich selbst und ihre starken Gefühle machen es ihnen oft schwer, sich abzugrenzen«, sagt die Psychologin. »Sie sind oft so sehr auf das Wohl anderer bedacht, dass sie den Draht zu sich selbst verlieren.«

Kein Wunder, dass Hochsensibilität und psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen zusammenzuhängen scheinen. Damit es so weit nicht kommt, ist es wichtig, dass Betroffene ihre Bedürfnisse kennen und berücksichtigen. Laut Anna Schmidt ist zunächst wichtig, sich zu informieren. »Für viele ist es schon sehr hilfreich, einordnen zu können, warum sie so sind, wie sie sind.«

Vorzüge vor Augen halten

Entlastend ist auch die Erkenntnis, nicht der einzige Mensch zu sein, dem es so geht. Sich selbst anzunehmen und Mitgefühl mit sich selbst zu haben, ist ein weiterer Punkt. Hier kann helfen, sich die Vorzüge klarzumachen: Hochsensibilität ermöglicht zum Beispiel besonders genussvolle Momente, tiefe Beziehungen und komplexes Denken.

Hochsensible sollten sich ein Umfeld schaffen, in dem sie gut zurechtkommen. Etwa einen Job suchen, der zum eigenen Energielevel passt. Pausen einplanen, Einflüsse reduzieren. Gut überlegen, wie oft sie sich neuen, herausfordernden Situationen aussetzen. Aber auch das Nein-Sagen lernen und die eigenen Bedürfnisse äußern.

Was außerdem hilft: Viel Zeit in der Natur oder mit Tieren zu verbringen, genug zu schlafen, sich gesund zu ernähren, sich zu bewegen und Sport zu machen. Auch Meditation oder Entspannungsübungen können ein Weg sein, mit der eigenen Hochsensibilität gut zu leben.

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