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Individuell entscheiden

Hormonersatztherapie ja oder nein?

Eine Hormonersatztherapie kann Frauen, die unter massiven Symptomen der Wechseljahre leiden, wieder deutlich mehr Lebensqualität bringen und zeigt, richtig angewandt, zusätzlich positive Effekte, etwa auf das Herz-Kreislauf-System. Allerdings dürfen Vorteile mögliche Risiken in der Beratung nicht ausblenden. Nur so können Frauen für sich selbst die beste Entscheidung treffen.
AutorKontaktIsabel Weinert
Datum 07.12.2022  14:30 Uhr

In den aktuellen Leitlinien der gynäkologischen Fachgesellschaften Deutschlands und der Schweiz wird im Gegensatz zur vorherigen Leitlinie ein bisschen lockerer formuliert, dass Patientinnen bei einer Hormonersatztherapie (HET, engl.: Hormone Replacement Therapy = HRT) auch durchaus über die positiven Effekte aufzuklären seien und nicht immer nur vor möglichen Nebenwirkungen gewarnt werden sollten, erklärt der Frauenarzt Professor Dr. Kai J. Bühling gegenüber PTA-Forum. Er plädiert zwar auch dafür, positive Effekte einer HRT zu nennen, aber keinesfalls, Frauen die HRT deutlich nahezulegen. »Das ist wirklich eine individuelle Entscheidung, und ich halte es für besonders wichtig, dass die Patientin selber nach individueller Aufklärung zu dem Schluss kommt, entweder die Hormone zu nehmen oder eben nicht«, so Bühling. Denn von den positiven Effekten einer HRT habe eine Frau nichts, wenn sie am Ende zu denjenigen gehöre, die darunter Brustkrebs entwickelten.

Bei der Frage nach einer HRT oder nicht, stehen an erster Stelle die Symptome, die eine Frau hat. Auf der »Menopause rating scale« lässt sich ablesen, wann der Einsatz von Hormonen sinnvoll ist. Denn klar ist, dass nichts besser von Schweißausbrüchen, Konzentrationsstörungen und weiteren Symptomen des Wechsels befreit als eine HRT. Die Gabe von Östrogen und Gestagen beziehungsweise Progesteron hat aber noch darüberhinausgehende positive Effekte für die Frau: Herz-Kreislauf- und Diabetesrisiko verringern sich, Frauen unter HRT haben seltener hohen Blutdruck, die Blutfette bleiben eher normal, mit den Wechseljahren einhergehende Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen können sich bessern. Kontraindikationen sind hormonabhängige Tumoren sowie bereits vorher bestandene oder bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Risiko für Herz und Kreislauf erhöht sich allerdings nur bei oraler, nicht bei transdermaler Gabe, so Bühling.

Bei den ersten Anzeichen

Er rät, mit einer HRT dann zu beginnen, wenn die Beschwerden auftreten, also, wenn die Wechseljahre beginnen. Immer wieder suchen auch Frauen Bühlings Praxis auf, bei denen die Wechseljahre bereits vor fünf bis zehn Jahren begonnen haben. Doch das beste Zeitfenster für eine HRT liege ganz am Anfang, gerade im Hinblick auf die präventiven Effekte der Therapie sowie auf die Risiken.

Hätten Patientinnen zu Beginn ihrer Wechseljahres-Symptome noch einen Eisprung, dann sei es meist besser, diesen durch die Gabe eines Gestagens zu unterdrücken, um Ruhe in das hormonelle Geschehen zu bringen. Das Gestagen verabreicht man dann entweder in einer Tablette mit dem Östrogen oder über die Haut bei Patientinnen mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko.

Als geeignete Therapiedauer nennen Fachgesellschaften drei bis fünf Jahre. Beende man die Hormongabe zu früh, dann beobachte man häufig eine Rückkehr der Beschwerden, so Bühling. Grundsätzlich könne man Patientinnen aber auch deutlich länger mit einer HRT behandeln. Während Fachgesellschaften hierzulande nur empfehlen, die Behandlung nicht über das 60. Lebensjahr hinaus zu führen oder ab diesem Alter zu beginnen, ist die amerikanische US Preventive Services Task Force (USPSTF), also die US-amerikanische Gesellschaft für Prävention, auch in ihren aktuell herausgegebenen Empfehlungen zur Primärprävention chronischer Erkrankungen restriktiver. Bei postmenopausalen Patientinnen solle keine Östrogen-Gestagen-Therapie empfohlen werden sowie ebenfalls keine Östrogentherapie bei postmenopausalen Frauen, deren Gebärmutter entfernt wurde (Hysterektomie). Laut USPSTF überwiegen nach der Menopause die Risiken eines gefährlichen invasiven Mammakarzinoms und das von Thromboembolien die Vorteile einer Therapie. Bezogen auf das Thromboembolierisiko weist Bühling darauf hin, dass es in den USA keine derartige Auswahl an Gels und Sprays gebe, wie das hier der Fall sei, sondern es würden vor allem oral Hormone verabreicht. Gerade die Applikation über die Haut senke jedoch merklich das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse.

Nur Östrogen, kaum Risiko

Bei Frauen, die keine Gebärmutter mehr haben, sei der große Vorteil, dass kein Gestagen verabreicht werden müsse, so Bühling. Das Gestagen bei einer HRT ist verantwortlich für das erhöhte Brustkrebsrisiko. Aus diesem Grunde sei er in diesen Fällen mit der Empfehlung etwas offensiver: »Wäre ich Frau und hätte eine Hysterektomie gehabt, würde ich wahrscheinlich die Östrogene bis zur Urne nehmen, weil ich die positiven Effekte kenne und negative bei dieser Monotherapie kaum beschrieben sind.«

Die prophylaktische Gabe von Hormonen bereits vor Beginn der Wechseljahre, wie sie mitunter in den sozialen Medien diskutiert wird, hält Bühling für unsinnig. Einzige Ausnahme: Eine Frau kommt zu früh, also unter 40 Jahren, in die Wechseljahre (Climax praecox), etwa mit Mitte 30, dann seien Hormongaben sogar empfohlen.

Wie vom eigenen Körper

Betrachtet man die Herkunft der Hormone, lassen sich sogenannte bioidentische Hormone von chemisch-synthetischen unterscheiden. Derzeit erlebten die bioidentischen Hormone wieder einen Run, so Bühling. Vergleiche man das hier eingesetzte natürliche Gestagen Progesteron mit einem chemisch-synthetischen Gestagen, so sei das Brustkrebsrisiko bei Einsatz des Ersteren ein klein wenig geringer. Leidet eine Frau unter Schlafstörungen, kann Progesteron den Schlaf verbessern, denn es macht bei oraler Gabe müde. Frauen müssen dann wissen, dass sie das Progesteron abends einnehmen sollen, um nicht unter Tagesmüdigkeit zu leiden.

Immer wieder beobachtet der Experte, weniger bei Kolleginnen und Kollegen, sondern mehr im außermedizinischen Bereich, die Durchführung sehr vieler kostspieliger Blut- oder Speichelentnahmen bei den Frauen, die eine HRT in Erwägung ziehen. Aus den gemessenen Werten soll dann ermittelt werden, welche Hormone in welcher Konzentration die Patientin braucht. Dabei würden häufig Fehler gemacht, die dann zu falschen Schlüssen führten. Zum einen seien Speichelmessungen sehr ungenau, diese seien eigentlich bereits in den 80er-Jahren abgeschafft worden, zum anderen zeigten Hormonwerte aus dem Blut stets nur eine Momentaufnahme. »Ich bin manchmal wirklich erstaunt, dass Patientinnen sagen, bei ihnen sei ein Progesteronmangel festgestellt worden, der aber auf meine Nachfrage daraus resultiert, dass die Blutentnahme nach der Menstruation stattgefunden hat.« Naturgemäß liegt der Progesteronspiegel bei Frauen in dieser Zyklusphase nahezu bei null. »Das dann zu behandeln, ist schlichtweg falsch«, konstatiert Bühling. Auch Fachgesellschaften empfehlen diese Hormonbestimmungen nicht.

Kein Lifestyle-Mittel

Ebenso kritisch sieht der Experte den mitunter propagierten Ansatz, auch Frauen ohne Gebärmutter ein Gestagen zu geben. Es gebe zwar einige wenige Gründe, die das mitunter nötig machten, allerdings sei es standardmäßig sinnlos, derart zu verfahren, auch nicht, um etwaige Schlafstörungen mit der Hilfe von Progesteron zu beheben. Hier solle man Alternativen einsetzen.

Eine HRT als Lifestylemaßnahme zu propagieren, sei ebenfalls falsch. Es gebe zwar durchaus Frauen, die die Hormone gerne nehmen würden, um sich länger fitter zu fühlen und womöglich frischer auszusehen als altersgleiche Frauen ohne Hormontherapie, doch es handele sich um eine medizinische Behandlung und unter dieser Maßgabe solle sie auch zum Einsatz kommen. 

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