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Auf Symptome achten

Hotspot Lunge

Seit Beginn der Corona-Pandemie stehen Lungenkrankheiten und besonders beatmungsbedürftige Erkrankungen im medialen Focus. Häufig wird derzeit vergessen, dass Pneumonien generell lebensgefährliche Verläufe nehmen können.
Katja Renner
28.08.2020  13:00 Uhr

Im Herbst und Winter ist wieder Erkältungszeit. Schlappheit, Fieber, Husten sind typische Symptome, die jeder kennt. Doch diese Beschwerden können auch Vorboten einer ernsthaften Erkrankung sein. Lungenentzündungen äußern sich auch in diesen Symptomen. In Deutschland erkranken zwischen 350.000 und 500.000 Menschen pro Jahr an einer ambulanten Pneumonie. Laut Helmholtz Zentrum München ist die Lungenentzündung in Westeuropa die häufigste Todesursache unter den Infektionskrankheiten. Weltweit sterben etwas drei bis vier Millionen Menschen daran. Besonders gefährdet sind Menschen mit chronischen Vorerkrankungen, geschwächtem Immunsystem, Senioren und Kleinkinder.

Laut Definition ist eine Lungenentzündung oder Pneumonie eine Entzündung des Lungengewebes, die durch eine bakterielle, virale oder mykotische Infektion hervorgerufen wird. Sehr häufige Erreger sind die Bakterien der Familie Streptococcus pneumoniae. Etwa ein bis zwei Drittel aller Pneumonien bei jüngeren Menschen werden durch Pneumokokken verursacht. Nur etwa 20 Prozent aller Erkrankungen entwickeln sich durch Infektionen mit Viren, Mykoplasmen, Chlamydien oder Legionellen.

Wenn auch eher selten, so kann sich eine Lungenentzündung auch durch den Einfluss von Chemikalien oder schädlichen Agenzien ausbilden. Menschen, die beruflich ständigen Kontakt mit inhalierbaren Schadstoffen haben, zum Beispiel Bäcker und Bergleute, oder die bei der Arbeit mit giftigen Dämpfen konfrontiert werden, tragen ein erhöhtes Risiko, eine akute oder chronische Pneumonie zu entwickeln. Werden ätzende Chemikalien eingeatmet, reagiert das Lungengewebe mit Reizungen oder Schädigungen, die direkte Entzündungsprozesse auslösen. Aber auch Erreger haben leichtes Spiel, wenn bereits eine Vorschädigung der Lunge besteht.

Auch Feinstaubpartikel aus der Luft – zum Beispiel in Regionen mit hoher Belastung – können sich in der Lunge ablagern und dort Entzündungsreize darstellen. Beschwerden mit starker Schleimbildung und Atemnot sind die Folge. Lungenentzündungen können immer wiederkehren und einen nachhaltigen Umbau des Lungengewebes einleiten.

Schnell und flach atmen

Eine bakteriell verursachte Lungenentzündung, zum Beispiel durch eine Pneumokokken-Infektion, beginnt oft in Form von erkältungsartigen Beschwerden oder entwickelt sich, wenn ein Bronchialinfekt verschleppt wird. Plötzlich auftretendes hohes Fieber, zunächst trockener Husten, später mit eitrigem Auswurf, Rasselgeräusche der Lunge und Sauerstoffmangel zeigen eine Lungenentzündung an. Wenn der Auswurf bräunlich gefärbt ist, weist das auf Blutbeimengungen hin. Dies tritt auf, wenn kleine Blutgefäße im Rachen durch das Husten in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Atembeschwerden resultieren aus einem gestörten Gasaustausch der Lunge. Das Ausmaß dieser Beeinträchtigung hängt auch davon ab, wie viele Lungenareale geschädigt sind. So kommen bei der lobulären Pneumonie viele kleinere Entzündungsherde in den Lungenläppchen vor, bei der lobären Pneumonie ist ein gesamter Lungenlappen betroffen.

Eine Pneumokokken-Pneumonie kann plötzlich zu sehr schweren Symptomen wie akuter Luftnot und Sauerstoffmangel führen. Um den Sauerstoffmangel auszugleichen, atmen die Betroffenen sehr rasch und flach. Bei einer atypischen Lungenentzündung bleibt der Husten trocken und die milderen Beschwerden dauern an. Kinder haben teilweise leichtere Beschwerdebilder ohne Fieber. Symptome, die nur bei Kindern auftreten, sind Bauch-, Kopf- und Gliederschmerzen. Typisch sind Appetitlosigkeit und eine hohe Herzfrequenz. Aufgrund der veränderten Symptomatik im Gegensatz zum Erwachsenen besteht die Gefahr, die Erkrankung zu übersehen. Bei Viren als Auslösern der Infektion, kann sich das Beschwerdebild ebenfalls unterscheiden. Fieber und Schüttelfrost treten als erstes auf, oftmals aber schleichend, der Husten folgt erst nach ein paar Tagen. Zur Unterscheidung von einer Erkältung ist der fehlende Schnupfen ein Kriterium, der bei einer Infektion mit Rhinoviren üblich ist.

Genau abklären

Zur Diagnose hört der Arzt die Lunge ab und macht ein Röntgenbild, anhand dessen er im Brustbereich Verschattungen erkennt, die durch die Entzündung entstehen. So erkennt er Veränderungen der Lunge oder eine Herzschwäche. Mithilfe eines Blutbildes lassen sich die erhöhten Entzündungsmarker, zum Beispiel die weißen Blutkörperchen, identifizieren. Um die Diagnose zu stellen, muss der Arzt stets andere Lungenerkrankungen ausschließen. Bei der Bronchitis sind zum Beispiel die Schleimhäute der Bronchien und die Luftröhre von der Entzündung betroffen, während sich die Pneumonie im Lungengewebe auf der Ebene der Lungenbläschen abspielt. Die Lungenentzündung wird zum überwiegenden Teil durch Bakterien hervorgerufen und deshalb mit Antibiotika behandelt. Die Erreger der akuten Bronchitis sind in der Regel Viren, hier helfen keine Antibiotika. Eine sorgfältige Diagnosestellung ist für die Therapieentscheidung sehr wichtig.

Verschiedene Formen

Es gibt verschiedene Arten, Pneumonien einzuteilen, zum einen in primäre und sekundäre Pneumonien. Während die primäre Form die Infektion der gesunden Lunge beschreibt, versteht sich die sekundäre als fortgeleitete Superinfektion aus den Bronchien. Eine andere Klassifikation leitet sich vom Ort der Ansteckung ab. So spricht man bei der ambulant erworbenen Pneumonie (AEP, engl: CAP community acquired pneumonia) von Lungenentzündungen, die außerhalb von Krankenhäusern erworben wurden. Demgegenüber erfolgte die Ansteckung bei der nosokomial erworbenen Pneumonie im Krankenhaus. Die typische Pneumonie hat den üblichen Symptomverlauf und wird unter anderem durch Pneumokokken und Staphylokokken ausgelöst, während die atypische Lungenentzündung mildere Verläufe zeigt und zum Beispiel durch Viren, Chlamydien oder Mykoplasmen hervorgerufen wird.

Die richtige Wahl

Das Ziel des Arztes liegt darin, die Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen und mit der Therapie zu beginnen. Der Arzt sollte die Herkunft des Keims klären, bevor er die antibiotische Therapie festlegt. So liegen bei ambulant erworbenen Pneumonien normalerweise andere Erreger mit einem anderen Resistenzmuster vor als bei im Krankenhaus erworbenen. Bei ambulant erworbenen Pneumonien kommen je nach Schweregrad der Erkrankung Amoxicillin, Amoxicillin plus Clavulansäure oder ein Cephalosporin zum Einsatz. Amoxicillin ist das Mittel der Wahl.

Pneumonien, die durch Chlamydien, Mykoplasmen oder Legionellen hervorgerufen werden, reagieren gut auf Makrolide, zum Beispiel Clarithromycin, Roxithromycin oder Azithromycin. Die Antibiotikagabe dauert abhängig vom Verlauf etwa sieben Tage. Stellt sich nach zwei Wochen Antibiotikatherapie keine Besserung ein, sollte der Wirkstoff gewechselt werden. Zielgerichtet kann der Arzt vorgehen, wenn er das Keimspektrum bestimmt hat. Bei einer viral bedingten Infektion sind die Therapiemöglichkeiten stark eingeschränkt. Teilweise setzen Mediziner dennoch Antibiotika ein, um eine bakterielle Superinfektion zu vermeiden.

Die Corona-Pandemie führt die fehlenden medikamentösen Werkzeuge zur Heilung der durch Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Pneumonien deutlich vor Augen. Generell liegt der Schwerpunkt bei viral bedingten Pneumonien auf der symptomatischen Therapie. Fieber und Kopf- und Gliederschmerzen werden mit NSAR behandelt. Der Husten kann mithilfe von Sekretolytika und Antitussiva gelindert werden. Die PTA kann außerdem Schonung, viel Trinken sowie eine gute Durchlüftung und Befeuchtung der Räume empfehlen. Im Normalfall sollte der Patient binnen zwei bis drei Wochen genesen.

Krankenhaus nötig?

Abhängig vom Zustand des Patienten wägt der Arzt ab, ob eine stationäre Aufnahme nötig ist. Kriterien, die für eine Einweisung ins Krankenhaus sprechen, sind Sauerstoffpflicht, instabile Vorerkrankungen, Komplikationen im Krankheitsverlauf und soziale Faktoren, das heißt, wenn ein Patient zu Hause nicht versorgt werden kann. Problematisch wird die Auswahl des Antibiotikums, wenn resistente Erreger die Erkrankung verursachen. Besonders bei nosokomial erworbenen Pneumonien müssen Mediziner Reserveantibiotika sorgfältig auswählen, so zum Beispiel Ceftarolin und Ceftobirol, Cephalosporine der fünften Generation, die auch bei MRSA und Penicillin-resistenten Pneumokokken wirksam sind. Ein hohes Risiko für Komplikationen stellt die Verbreitung der Erreger über die Blutbahn in weitere Organe dar. So können die Erreger auch Hirnhäute oder das Herz befallen, und es droht eine Sepsis.

Impfung für Kleine und Senioren

Risikopatienten empfiehlt das Robert Koch Institut eine Pneumokokken-Impfung. Zu der Zielgruppe gehören Babys ab zwei Monaten, ältere Menschen über 60 Jahren, Patienten mit chronischen Herz-, Kreislauf- und Lungenerkrankungen und geschwächtem Immunsystem. Bei zwei bis zehn Prozent der Erkrankten verläuft eine Infektion mit Pneumokokken tödlich, bei 15 Prozent bleiben Spätschäden. Gerade Säuglinge und Kleinkinder sind besonders gefährdet.

Drei Totimpfstoffe sind in Deutschland zurzeit zugelassen. Der Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff enthält Antigene der 23 wichtigsten Pneumokokken-Typen und schützt gegen diese Serotypen, die für 80 bis 90 Prozent der schweren Pneumokokken-Erkrankungen verantwortlich sind. Bei Kindern unter zwei Jahren wirkt dieser nicht ausreichend gut. Deshalb werden für Säuglinge Konjugatimpfstoffe verwendet. Sie aktivieren das unreife Immunsystem besser und erzielen einen besseren Schutz. Einer der Impfstoffe enthält Antigene von 13, einer von zehn Pneumokokken-Serotypen. Für eine Grundimmunisierung werden Babys dreimal im Alter von zwei, vier und elf bis 14 Monaten geimpft. Die STIKO rät Hochrisikopatienten eine sequentielle Impfung, bestehend aus einer Impfung mit Konjugatimpfstoff PCV 13, gefolgt von einer Impfung mit dem Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff sechs bis zwölf Monate später. Eine Wiederholungsimpfung nach sechs Jahren ist sinnvoll – allerdings dann ausschließlich mit dem Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff.

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