Eine Katze halten trotz Allergie? Bei milden Beschwerden ist das möglich, ein komplett symptomfreies Zusammenleben ist jedoch meist nicht realistisch. / © Adobe Stock/Pormezz
Felltragende Tiere gehören zu den häufigsten Auslösern von Allergien in Innenräumen. Europaweit ist rund ein Viertel der Allergiker gegen Katzen sensibilisiert. Weitere 5 bis 10 Prozent haben eine Allergie gegen Hunde oder andere beliebte Haustiere wie Meerschweinchen, Hamster oder Mäuse. Auch Allergien gegen Pferde sind keine Seltenheit.
Zusammenfassend spricht man bei Allergien gegen Tiere von einer Tierhaarallergie. Anders als der Name jedoch andeutet, ist es nicht das Fell der Tiere, dass die allergischen Symptome hervorruft. Allergieauslöser sind vielmehr Proteine, die über Körperflüssigkeiten wie Speichel, Schweiß und Urin sowie die Talgdrüsen abgesondert werden. Eine Allergie gegen Vögel ist daher ebenso möglich wie gegen Amphibien, Reptilien oder Insekten, die als Futtertiere verwendet werden.
Bei felltragenden Tieren spielen die Haare vor allem bei der Verbreitung der Allergene eine Rolle. Durch Reinigungsrituale der Tiere werden die Proteine schnell über das gesamte Fell verteilt, wo sie gut an den Haaren haften bleiben. Von hier aus gelangen sie in die Luft, werden eingeatmet, binden an Staubpartikel oder lagern sich auf Oberflächen im Wohnraum ab. Vor allem Katzenallergene können so noch lange allergische Reaktionen hervorrufen und an Orte transportiert werden, an denen noch nie eine Katze gewesen ist.
In der Allergologie gelten Tierhaarallergien als schwer behandelbar. Bei kurzem oder geplantem Tierkontakt ist das Lindern der Symptome zwar mithilfe von Antihistaminika und cortisonhaltigen Nasensprays gut möglich, für Tierhalter, Tierärzte oder Landwirte mit ständigem Tierkontakt aber kaum eine Option. Menschen, die beruflich mit Tieren arbeiten, können eine Allergen-spezifische Immuntherapie in Erwägung ziehen. Als breite Standardtherapie für alle Tierhaarallergiker wird sie derzeit aufgrund häufiger Nebenwirkungen jedoch nicht empfohlen. Tierhaltern wird in erster Linie dazu geraten, ein möglichst allergenfreies Lebensumfeld zu schaffen.
Ob das Haustier dafür den Haushalt verlassen oder ein Hobby wie das Reiten aufgegeben werden muss, ist keine einfache Entscheidung und kann für Betroffene emotional sehr belastend sein. Allergologische Fachgesellschaften empfehlen folgendes Vorgehen: Sind die Symptome mild oder auf Hautreaktionen bei direktem Kontakt beschränkt, kann zunächst ausprobiert werden, ob Maßnahmen zur Reduzierung der Allergenbelastung ausreichen, um die Beschwerden zu kontrollieren (siehe Kasten). Bei einigen Allergikern kann der ständige Kontakt zum Tier auch zu einer vorübergehenden Toleranz führen. Betroffene sind dann (fast) beschwerdefrei. Typischerweise kehren die Symptome jedoch zurück, wenn für einige Zeit kein Kontakt mehr zum Tier besteht. Die Option, das Haustier wechselseitig mit einem anderen Haushalt zu betreuen, wird deshalb von Allergologen nicht empfohlen und kann die Symptome sogar verstärken.
Bei intensiven Beschwerden oder bereits entwickeltem Asthma wird geraten, das Haustier in ein anderes Zuhause ziehen zu lassen. Oft reicht dabei eine Weitergabe an Verwandte oder Freunde nicht aus, da häufige Besuche des Tieres im neuen Zuhause dann meist nicht ausbleiben. Allergische Beschwerden und das erneute Einschleppen von Allergenen sind dadurch vorprogrammiert. Auch von der Anschaffung eines »Ersatztieres« wird abgeraten. Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Tierarten sind häufig, sodass schon bald eine erneute Trennung im Raum stehen kann.
Gerade in Familien mit erhöhtem Allergierisiko ist eine mögliche Allergieentwicklung vor der Anschaffung eines Haustieres oft Thema. Hierbei gilt: Menschen, die ein Haustier halten, haben grundsätzlich ein erhöhtes Risiko, gegen dieses Tier allergisch zu werden. Dasselbe gilt für Menschen, die beruflich mit Tieren arbeiten. Die allergologischen Fachgesellschaften empfehlen derzeit, dass bei bekanntem erhöhten familiären Allergierisiko von der Anschaffung einer Katze abgesehen werden sollte. Die Hundehaltung ist hingegen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht mit einem höheren Allergierisiko verbunden.
Einen Ausweg versprechen sogenannte hypoallergene Tiere, die auch Allergikern immer wieder gerne empfohlen und verkauft werden. Dazu zählen zum Beispiel Hunderassen wie der Labradoodle (Mischling aus Labrador und Pudel) oder Wasserhunde. Bei den Pferden werden Curly-Pferde als hypoallergen gehandelt, bei den Katzen sind es vor allem Rassen ohne Fell. Entgegen den Versprechungen konnten in Studien bisher allerdings keine konsistenten Unterschiede im Allergengehalt vermeintlich hypoallergener Rassen nachgewiesen werden. Wesentlich stärker ins Gewicht fallen individuelle Unterschiede zwischen einzelnen Tieren. Hier kann unabhängig von der Rasse des Tieres nicht nur die produzierte Allergenmenge, sondern auch die Verteilung der Allergene in der Umwelt stark schwanken. Experten vermuten, dass dies auch der Grund ist, weshalb Allergiker mitunter auf einzelne Tiere stark und auf andere kaum reagieren.
Zusätzlich spielt das Geschlecht des Tieres eine Rolle. So ist die Allergenproduktion bei männlichen Tieren im Durchschnitt höher als bei weiblichen. Wird ein männliches Tier kastriert, kann die Allergenproduktion dadurch vermindert werden. Kastrierte Kater produzieren dreimal weniger allergieauslösende Proteine.
Seit 2013 arbeiten Wissenschaftler des Universitätsspitals Zürich in Kooperation mit der Saiba Animal Health AG an einem Katzenimpfstoff (HypoCatTM), der die ausgeschiedene Allergenmenge reduzieren soll. Dafür haben sie das allergieauslösende Protein Fel d 1 so verändert, dass der Katzenorganismus es als Virus einstuft und Antikörper bildet. Diese binden das allergene Protein, neutralisieren es und machen es weniger aggressiv. Angenommen wird, dass Allergiker mit leichter bis mittelstarker Allergie von der Anwendung profitieren können. Bei einer schweren Allergie wird die Impfung der Katze vermutlich nicht ausreichen.
Obwohl die Marktzulassung bereits für 2022 geplant war, ist der Impfstoff bisher nicht erhältlich. Probleme bereitet den Wissenschaftlern vor allem die Auflage der Veterinärbehörde, dass das Tier von dem Impfstoff profitieren muss.
Der Futtermittelhersteller Purina verfolgt einen anderen Ansatz. Er setzte Katzenfutter einen aus Eigelb gewonnen Antikörper als Nahrungsergänzungsmittel zu, der die Bindungsstellen von Fel d 1 im Speichel blockiert. Dafür ist keine Zulassung nötig. Laut Hersteller können Katzenhalter ab der dritten Fütterungswoche mit einer Reduzierung des Allergens im Speichel um 47 Prozent rechnen. Damit bleibt es in seiner Wirkung zwar hinter dem Katzenimpfstoff zurück, dafür ist das Futter aber bereits im Handel erhältlich.