Hustentherapie mit Zusatznutzen |
Wer in die Armbeuge hustet oder niest, schützt seine Mitmenschen am besten vor Ansteckung. / Foto: Getty Images/PixelCatchers
Rund 90 Prozent der grippalen Infekte gehen bekanntlich auf Viren zurück. Das Immunsystem reagiert mit einer Entzündungsreaktion: Die Schleimhäute schwellen an, in der Folge treten Halsschmerzen, Schnupfen und Husten auf, wobei verschiedene Symptome nacheinander einsetzen, gleichzeitig bestehen, ineinander übergehen und auch potenziell eskalieren können. Der Schleim in den Atemwegen verdickt sich meist im Laufe des Infekts, behindert das körpereigene bronchiale Reinigungssystem – die sogenannte mukoziliäre Clearance – und kann dann zum Nährboden für eine bakterielle Superinfektion werden.
Professor Dr. Andreas Michalsen, Inhaber der Stiftungsprofessur für Klinische Naturheilkunde der Berliner Charité, sprach sich auf verschiedenen Presseveranstaltungen der Unternehmen Schwabe und Klosterfrau für den Einsatz rationaler Phytotherapeutika bei Erkältungskrankheiten aus. »Das ist kein Vodoo oder Esoterik, sondern steht auf wissenschaftlichen Beinen, wenn man studiengeprüfte Heilpflanzenextrakte nutzt.« Michalsen rät zu Extrakten etwa aus Efeu, Kapuzinerkresse, Meerrettich, Myrtol, Pelargonium sidoides (Kapland-Pelargonie), Primel, Spitzwegerich, Eukalyputsöl oder Thymian.
Diese Pflanzen beziehungsweise deren Extrakte halten die Schleimproduktion im Fluss, normalisieren die mukoziliäre Clearance und unterstützen das Abhusten und -schnäuzen von Sekret. Sputum, das leichter nach draußen befördert werden kann, entlastet die Hustenrezeptoren und lindert indirekt den Hustenreiz. Bei den pflanzlichen Arzneimitteln gibt es aufgrund ihres multimodalen Wirkansatzes keine klare Trennung zwischen Expektorans und Antitussivum.
Gemäß der Husten-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie ist die systemische Therapie mit Phytopharmaka empfehlenswert, »da einige pflanzliche Präparate Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien für eine Linderung der Intensität und ein schnelleres Abklingen des Hustens gegenüber Placebo haben«. Und: Ihre Datenlage für die Indikation akute Bronchitis, so halten die Leitlinienautoren fest, sei häufig besser als für synthetische Expektoranzien.
Einen etwa zwei Tage schnelleren Heilungsverlauf bringen etwa Spezialextrakte aus Myrtol (Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöle in Gelomyrtol® forte) und 1,8-Cineol (wie Soledum® forte, Sinolpan® forte), die Kombinationen aus Efeu und Thymian (Bronchipret® Saft TE) sowie Primel und Thymian (wie Bronchipret TP Filmtabletten, Bronchicum® Elixier und Tropfen), Efeu-Extrakte (wie Prospan®) sowie solche aus Pelargonium sidoides (wie Umckaloabo®).
Je nach Pflanze beziehungsweise deren Extrakt sind in vitro sekretolytische, sekretomotorische, bronchospasmolytische, antiphlogistische, schleimhautprotektive sowie antivirale und antibakterielle Wirkungen nachgewiesen. In vitro verfügen zum Beispiel die Senfölglykosid-reiche Fixkombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich (Angocin® Anti-Infekt N) über direkte antivirale Effekte. Das könnte der Grund dafür sein, dass dem Senfölglykosid-Präparat ein gewisses vorbeugendes Potenzial vor Infekten in der Erkältungssaison zugeschrieben werden kann. In einer Studie mit mehreren Hundert Personen gab es 40 Prozent weniger Erkältungen in der Verumgruppe.
Auch der Spezialextrakt EPs® 7630 in Umckaloabo hemme unter anderem die Replikation von Influenzaviren vom Typ H1N1 und H3N2, von Rhinoviren und SARS-CoV-2, erläuterte Michalsen. Er aktiviere darüber hinaus das angeborene Immunsystem, also die erste Verteidigungslinie, indem er die antivirale Interleukin- und Interferon-Antwort induziert (signifikante Inhibition der entzündungsrelevanten Zytokine Il-1 und TNF) und Fresszellen aktiviert. Gleichzeitig wirke er aber auch immunregulierend und könne so die Entzündung in den Atemwegen bekämpfen.
Warum der Einsatz von Phytopharmaka mit solchen Eigenschaften daher möglichst früh erfolgen sollte, erläuterte der Pharmazieprofessor Dr. Peter Heisig von der Universität Hamburg. Erkältungen seien im Prinzip »oberflächliche« Infektionen, da in erster Linie die Schleimhäute der Atemwege betroffen sind. Dort haften die Viren an, gelangen in die Zellen und sorgen für ihre Vermehrung. »Das geschieht bei Erkältungsviren unglaublich schnell und man hat innerhalb von Stunden eine hohe Viruslast«, so der auf Mikrobiologie spezialisierte Pharmazeut. Dafür sinkt sie bei solch banalen Infekten in der Regel auch schnell wieder.
Beim Ausschleusen aus den Wirtszellen würden diese oft mit geschädigt. »Das merken wir als lokale Entzündung in Form von Halsschmerzen, Husten und Schnupfen«, so Heisig. Sofort zu Beginn der viralen Attacke reagiert das angeborene, unspezifische Immunsystem mit Komplementsystem und Makrophagen und auch durch eine vermehrte Schleimbildung. Innerhalb von vier bis 96 Stunden kommen induzierbare Komponenten hinzu, die aber auch noch relativ unspezifisch und nicht adaptiv seien, darunter Akute-Phase-Proteine, weitere Makrophagen und Granulozyten – was sich in einer Entzündung äußert.
Erst nach 96 Stunden formiert sich die spezifische, adaptive Immunantwort in Form spezieller Antikörper, T- und B-Zellen. »Diese spezifischen Zellen kommen bei vielen Atemwegsinfekten zu spät, wenn die Infektion ohnehin schon wieder abklingt. Hier spielt das unspezifische Immunsystem eine wichtigere Rolle«, so Heisig. Zwar brauche es eine Entzündung, um die Heilung in Gang zu bringen. »Diese Reaktion und die damit verbundenen unangenehmen Symptome können aber bei Atemwegsinfekten durch antientzündliche Medikamente durchaus ohne großen Verlust der immunologischen Funktion gedämpft werden.«
Um die Prozesse des Immunsystems optimal zu unterstützen, ist ein frühzeitiger Einsatz von pflanzlichen Präparaten wichtig. »Die Anwendung von Phytopharmaka sollte generell immer beim ersten Spüren von Erkältungssymptomen beginnen«, berichtete Michalsen von einer weiteren Studie, die mit 1,8 Cineol, also der Hauptkomponente von Eukalyptusöl, durchgeführt wurde. »Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass beim frühesten Behandlungsstart, also weniger als 12 Stunden nach Symptombeginn, die Gesamtkrankheitslast am geringsten ausfällt. Das heißt, je eher die Therapie mit 1,8-Cineol genommen wird, desto effektiver kann es wirken. Ein früher Behandlungsstart ist mit einem niedrigeren Symptomgipfel und einer früheren Remission assoziiert.«
Ätherische Öle lassen sich auch Inhalieren, entweder in Form eines Kopf-Dampfbads oder als Erkältungssalbe, die auf Brust und Rücken aufgetragen wird. Die Inhalation ätherischer Öle verbessert nicht nur das subjektive Gefühl der erleichterten Atmung, sondern lindert auch Erkältungsbeschwerden wie eine verstopfte Nase und Husten. Die Fix-Kombination der ätherischen Öle Levomenthol, Eukalyptusöl, Campher und Terpentinöl aus dem Harzöl der Kiefernart Pinus massoniana (Wick VapoRub® Erkältungssalbe) ist in der Lage, die unterschiedlichen Symptome eines Infekts der oberen Atemwege zu lindern, hieß es bei einer Pressekonferenz des Unternehmens Procter & Gamble. Beim Einatmen stimulierten die ätherischen Öle Kälterezeptoren und reduzierten dadurch innerhalb kürzester Zeit das Verstopfte-Nase-Gefühl um bis 72 Prozent. In der Folge verbesserten sich Heiserkeit und Halsschmerzen und die Hustenfrequenz nehme ab. Letzteres wird vornehmlich dem 1,8-Cineol, dem Hauptwirkstoff des Eukalyptusöls, zugeschrieben.