PTA-Forum online Avoxa
instagram facebook
mRNA-Technologie

Impfen, heilen, therapieren

Die neuartigen Vakzinen waren die Retter in der Pandemie und sind nun auch für die Krebstherapie und die Behandlung genetischer Erkrankungen interessant. PTA-Forum erklärt, wie die Hoffnungsträger aus mRNA funktionieren.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 13.11.2025  12:00 Uhr

Sechs Impfstofftechnologien – man spricht auch von Plattformen – stehen heute zur Verfügung und die mRNA-Impfstoffe zählen zu den vielversprechendsten. Sie werden seit den 1960er-Jahren erforscht und der erste Anwendungsversuch war gegen Ebola gerichtet. 2020 feierten sie ihren Durchbruch im Zuge der Coronapandemie.

Inzwischen sind weltweit zahlreiche mRNA-basierte Covid-19-Impfstoffe zugelassen und mit mResvia® steht sogar ein mRNA-Impfstoff gegen RSV zur Verfügung. Die Technologie birgt aber weit mehr Potenzial als nur Schutzimpfungen gegen Viruserkrankungen. So arbeiten Pharmafirmen und Forschungsinstitute an Anwendungen für zwei weitere Bereiche, nämlich an therapeutischen Impfungen in der Onkologie und mRNA-Therapien bei genetischen Defekten.

Die mRNA-Technologie verblüfft dabei weiterhin, weil sie so simpel ist. Der Trick ist, dass die Impfstoffe das körpereigene Proteinsynthesesystem nutzen. Die mRNA enthält als Boten-RNA (Messenger-RNA) den Bauplan für ein ausgewähltes Antigen, zum Beispiel ein Virusoberflächenprotein. Nach intramuskulärer Verabreichung wird die mRNA in Lipidnanopartikeln verpackt in Zellen transportiert.

Dort dient das Genmaterial den Zellen als Bauplan, um das fremde Protein, nämlich das des Virus, zu produzieren. Dieses Protein erkennt das Immunsystem als Antigen und löst die gewünschte Immunantwort aus (Antikörper- und T‑Zell-Antwort). Danach wird die mRNA enzymatisch abgebaut. Entscheidend ist, dass sie in den Zellen weder rückwärts transkribiert noch ins Genom eingebaut werden kann, wie manche Kritiker befürchten.

In der Pipeline

In der Pandemie wurde die mRNA-Technologie weltweit millionenfach erprobt. Die aus dieser Zeit gewonnene Erfahrung hat gezeigt, dass mRNA-Impfstoffe wirksam gegen die Zielviren schützen und gleichzeitig (trotz häufiger lokaler und systemischer Impfreaktionen) ein gutes Sicherheitsprofil haben. Mittlerweile stehen weitere Infektionskrankheiten im Fokus.

mRNA-Impfstoffe erlauben eine schnelle Anpassung an neue Virusstämme und eine parallele Entwicklung vieler Vakzinen. So laufen bereits klinische Studien zu mRNA-Impfstoffen gegen Influenza, Norovirus-Infektion, Pfeiffersches Drüsenfieber und latenter Epstein-Barr-Virus-Infektion. HIV ist ein weiteres wichtiges mögliches Einsatzgebiet.

Eine weitere schwer bekämpfbare Infektionskrankheit, gegen die möglicherweise irgendwann Vakzinen zur Verfügung stehen, ist die Malaria. Und auch Zoonose- und Tropenkrankheiten stehen auf der Liste: Experimente laufen zu Zika, Dengue oder West-Nil-Virus-Infektionen. Geforscht wird auch im Bereich bakterielle Infektionen etwa an Vakzinen gegen Escherichia-coli- und Salmonellen-Infektionen oder Tuberkulose.

Auch an der Darreichungsform wird gearbeitet. Eine sprühgetrocknete und bei Raumtemperatur stabile Impfstoff-Formulierung könnte in Zukunft den nasalen Verabreichungsweg ermöglichen.

Krebs im Fokus

Ein weiteres vielversprechendes Anwendungsfeld, das allerdings noch keine marktreifen Arzneistoffe zutage gebracht hat, sind therapeutische Krebsimpfstoffe. Im Gegensatz zu den oben genannten Schutzimpfungen sollen diese Impfstoffe nicht primär vor einer Infektion schützen, sondern das Immunsystem gezielt auf vorhandene Tumorzellen ansetzen. Das Prinzip beruht dann auf Neoantigenen – also Tumor-spezifischen Oberflächenproteinen.

Krebszellen entstehen bekanntlich durch genetische Veränderungen, die dazu führen, dass sie sich unkontrolliert teilen und vom Immunsystem oft erst spät entdeckt werden. mRNA wird nun gezielt so konstruiert, dass sie dem Körper die Bauanleitung für bestimmte, nur auf Krebszellen vorkommende Merkmale – eben jene Neoantigene – liefert. Das Immunsystem kann diese Merkmale als fremd erkennen und daraufhin lernen, die Tumorzellen gezielt anzugreifen.

Um einen patientenindividuellen mRNA-Impfstoff herzustellen, werden nach Entfernung von Tumorproben im Labor die genetischen Unterschiede zu Normalzellen analysiert. Der mRNA-Impfstoff kodiert dann mehrere dieser Neoantigene. Nach Verabreichung der mRNA stellt der Körper die Neoantigene her und die neu produzierten Tumorproteine gelangen in die Lymphknoten. Dort aktivieren sie T‑Zellen, die lernen, genau diese Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Das Immunsystem wird so gezielt auf die bösartigen Zellen trainiert.

Erste klinische Studien sind vielversprechend. Besonders beim oft tödlich verlaufenden Pankreaskarzinom zeigten Probanden, die auf eine mRNA-Impfung ansprachen, in einer kleinen Studie keine Krankheitsrückfälle. Auch beim Melanom und anderen Tumoren liegen erste erfreuliche Daten vor. Allerdings wirkt die Impfung nicht bei allen Patienten gleich stark und mRNA-Impfstoffe sind bisher auch keine neue Wunderwaffe gegen Krebs. Zunächst einmal müssen größere Phase-3-Studien Wirksamkeit und Dauer der Immunantwort belegen.

Vakzine von der Stange

Selbst wenn die ersten mRNA-Krebsimpfstoffe in wenigen Jahren auf den Markt kommen werden: Herausforderungen bleiben die individualisierte Produktion (zeit- und ressourcenintensiv) und die hohen Kosten. Man stelle sich vor: Einzelne patientenindividuelle Impfkuren könnten weit über 100.000 Euro pro Jahr kosten. Denkbar sind auch vorgefertigte mRNA-Impfstoffe, die auf Neoantigene abzielen, die bei vielen Patienten mit einer bestimmten Krebsart auftreten. Solche Impfstoffe könnten industriell produziert und bei Bedarf unmittelbar eingesetzt werden, also als eine Art »Impfstoff von der Stange«.

Über Schutzimpfungen und Krebstherapie hinaus eröffnet die mRNA-Technologie weitere Anwendungen. So werden zum Beispiel auch mRNA-Arzneien entwickelt, um körpereigene Proteine zu produzieren und so genetische Defekte zu beheben. Bei seltenen Stoffwechsel- oder Hormonkrankheiten ließen sich so dauerhaft fehlende Enzyme oder regulatorische Proteine nachliefern. Experimentelle Therapien gegen Herzinfarkt oder Muskelschwund basieren auf demselben Prinzip. Ein Beispiel ist eine mRNA für Wachstumsfaktoren im Herzmuskel.

Sich selbst verstärken

Die mRNA-Plattform profitiert stark von fortlaufender Forschung. Neue Lipidnanopartikel und Verpackungsformen erhöhen die Stabilität und Wirksamkeit. Forscher arbeiten auch an »selbstverstärkender« mRNA (self-amplifying, saRNA), die im Körper nach Injektion ständig vervielfältigt wird und so mit geringerer Dosis auskommt. Ein entsprechender Covid-Impfstoff (Zapomeran, selbstamplifizierend) wurde 2025 in der EU zugelassen.

Besonders für Krebstherapien ist die sich selbst vervielfältigende mRNA attraktiv, da sie starke CD8⁺-T-Zell-Antworten induzieren kann, die für die Bekämpfung von Tumoren wichtig sind. Auch zirkuläre RNA-Moleküle stehen im Fokus der Entwicklung. Sie sind stabiler als lineare Stränge und könnten die Wirksamkeit von Impfstoffen und Therapeutika weiter verbessern.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa