Impfschutz vor Krebs bewiesen |
Je jünger Menschen bei der HPV-Impfung sind, desto größer ist der gesundheitliche Nutzen daraus. / Foto: Adobe Stock/Friends Stock
Humane Papillomaviren (HPV) zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Viren weltweit. Fast alle Menschen infizieren sich zumindest einmal, in vielen Fällen bereits bei den ersten sexuellen Kontakten, meist ohne dass die Infektion spürbar würde. Die meisten HPV-Infektionen bleiben nämlich symptomlos und heilen folgenlos aus. Bei etwa 10 Prozent der Betroffenen persistiert die Infektion jedoch und kann in Abhängigkeit vom HPV-Typ Feigwarzen oder Krebsvorstufen verursachen und die Entwicklung von Tumoren begünstigen.
Derzeit sind mehr als 200 HPV-Typen bekannt, von denen einige als Hochrisiko-Typen und krebserzeugend gelten. Dazu gehören in erster Linie die HPV-Typen 16 und 18. Sie sind für etwa 70 Prozent aller Gebärmutterhals-Krebserkrankungen verantwortlich, die HPV-Typen 31, 33, 45, 52 und 58 für circa weitere 20 Prozent. Bei Tumoren an Vulva, Vagina, Penis, Anus oder im Mund-Rachen-Raum spielt der HPV-Typ 16 eine treibende Rolle. Vermutet wird zudem, dass die Typen 18 und 33 beteiligt sein könnten. Feigwarzen werden in 90 Prozent der Fälle durch die Niedrigrisiko-Typen 6 und 11 verursacht.
Nach Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 6500 bis 7300 Frauen und 1600 Männer an Tumoren, die durch eine HPV-Infektion entstanden sind. Die größte Gruppe bildet der Gebärmutterhalskrebs mit jährlich etwa 4600 Neuerkrankungen. 1500 bis 1600 Frauen versterben pro Jahr an der Erkrankung. Dazu kommen etwa 60.000 Frauen pro Jahr, die sich aufgrund einer HPV-bedingten Krebsvorstufe einer Konisation unterziehen müssen. Durch das kegelförmige Ausschneiden des Gebärmutterhalses kann eine Krebserkrankung meist zuverlässig verhindert werden, allerdings geht der Eingriff mit einem erhöhten Frühgeburtsrisiko in jeder nachfolgenden Schwangerschaft einher.
Dass HPV für verschiedene Krebserkrankungen verantwortlich ist, entdeckte der deutsche Virologe Harald zur Hausen bereits in den 1970er Jahren. Die Bestätigung durch Studien erfolgte in den 1990er Jahren. Zur selben Zeit starteten die ersten klinischen Impfstoffstudien. Im September 2006 kam der erste HPV-Impfstoff in Europa auf den Markt. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) hat die Impfung 2007 für Mädchen ins Standardimpfprogramm aufgenommen, Jungen folgten elf Jahre später.
In Deutschland sind die Impfquoten bei Mädchen und Jungen mit etwa 50 Prozent im Vergleich zu anderen Ländern niedrig, obwohl aus wissenschaftlicher Sicht keine Bedenken gegenüber der Impfung mehr bestehen. Es gilt als erwiesen, dass die HPV-Impfung die Bildung von Krebsvorstufen am Gebärmutterhals verhindert. Diese treten etwa drei bis sechs Jahre nach einer Infektion auf und sind für die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs zwingend notwendig.
In den letzten Jahren konnte mit zwei großen Studien aus Schweden und Großbritannien belegt werden, dass die seit 2006 in Europa zugelassene HPV-Impfung auch Gebärmutterhalskrebs verhindern kann. In die schwedische Studie wurden mehr als 1,5 Millionen Mädchen und Frauen zwischen 10 und 30 Jahren eingeschlossen.
Dabei zeigte sich, dass Frauen, die im Alter von 17 Jahren gegen HPV geimpft wurden, ein um 88 Prozent geringeres Risiko für Gebärmutterhalskrebs tragen als nicht geimpfte Frauen. Durch die britische Studie wurde zudem deutlich, dass die Risikoreduktion umso größer ist, je jünger die Mädchen zum Zeitpunkt der Impfung sind. Während die Reduktion in der Gruppe der 12- bis 13-Jährigen bei 87 Prozent lag, waren es in der Gruppe der 14- bis 16-Jährigen 62 Prozent und der Gruppe der 16- bis 18-Jährigen nur mehr 34 Prozent.
Aufgrund der guten Zahlen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO im November 2020 die Eliminierung des Zervixkarzinoms durch den Aufbau einer Bevölkerungsimmunität bis zum Jahr 2030 zum Impfziel erklärt. In Australien, wo Impfquoten von etwa 80 Prozent erreicht werden, gehen Modellrechnungen davon aus, dass die jährliche Inzidenz des Gebärmutterhalskrebses bis 2066 auf weniger als eine auf 100.000 Frauen zurückgehen könnte, wenn die Impfquoten weiterhin hoch bleiben. Die Mortalität könnte Schätzungen zufolge auf weniger als einen Todesfall pro 100.000 Frauen bis 2034 sinken.
Nicht vergessen werden darf jedoch, dass trotz Impfung ein geringes Restrisiko bleibt, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Auch geimpfte Frauen sollten deshalb regelmäßig die empfohlenen Früherkennungsuntersuchungen wahrnehmen.
In Deutschland sind zurzeit zwei HPV-Impfstoffe verfügbar: der zweivalente Impfstoff Cervarix® sowie der neunvalente Impfstoff Gardasil®:
Therapeutische Impfungen werden derzeit in klinischen Studien am Menschen erprobt. Im Tierversuch konnte ein vollständiger Rückgang von HPV-bedingten Tumoren erreicht werden.
Für die anderen HPV-bedingten Tumoren an Vagina, Vulva, Penis, Anus und im Mund-Rachen-Raum sind bisher keine umfangreichen Studien vorhanden. Das liegt in erster Linie an den langen Zeiträumen, über die sich diese Krebserkrankungen entwickeln. Im Fall des Gebärmutterhalskrebses vergehen 10 bis 30 Jahre, bis sich aus Krebsvorstufen ein Tumor entwickelt.
Bei der Entwicklung anderer HPV-vermittelter Tumorarten gehen Experten von vergleichbaren oder noch längeren Zeiträumen aus. Zum jetzigen Zeitpunkt sind in groß angelegten Bevölkerungsstudien noch keine beziehungsweise kaum Effekte für das Auftreten nachweisbar, da bei geimpften Menschen noch keine beziehungsweise höchstens selten Tumoren an entsprechenden Körperstellen zu erwarten sind.
Erste Ergebnisse aus kleineren Studien deuten jedoch daraufhin, dass eine Impfung auch andere HPV-bedingte Tumoren und ihre Vorstufen verhindern kann. Experten gehen davon aus, dass der Schutz ähnlich stark ausfällt wie beim Gebärmutterhalskrebs. Zudem treten durch die Impfung nachweislich seltener Feigwarzen auf. Diese haben zwar keine gesundheitlichen Folgen, werden von vielen Betroffenen aber als unangenehm empfunden und sind mitunter schwer zu behandeln.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die HPV-Impfung derzeit für Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren. Jugendliche, die nicht geimpft worden sind, sollten die Impfung möglichst vor dem 18. Geburtstag nachholen. Der frühe Impfzeitpunkt wird empfohlen, damit die Impfung vor den ersten sexuellen Kontakten abgeschlossen ist. Denn ist es bereits zu einer persistierenden Infektion mit einem im Impfstoff enthaltenen HPV-Typ gekommen, kann ein Schutz gegen diesen mit der Impfung nicht mehr erreicht werden.
Dennoch können sich auch Menschen über 18 Jahren impfen lassen, die Impfstoffe sind nicht mit einer Altersbegrenzung nach oben versehen. Ob eine Impfung sinnvoll ist, kann individuell ganz unterschiedlich sein und hängt unter anderem von der Anzahl der sexuellen Kontakte ab.
Wichtig zu wissen ist: Eine Heilung virusbedingter Zellveränderungen ist mit den derzeit verfügbaren Impfstoffen nicht möglich. Allerdings ist nach einer ausgeheilten Infektion mit einer Erhöhung oder erstmaligen Bildung von Antikörpern zu rechnen. Diese bleibt bei 70 bis 80 Prozent der Männer und bei 20 bis 30 Prozent der Frauen bei der natürlichen Infektion aus. Sollte bereits eine persistierende HPV-Infektion vorliegen, kann ein Schutz gegenüber anderen in der Impfung enthaltenen Typen erreicht werden.